Du kommst von einem Portrait-Fotoshooting nach Hause und betrachtest die Bilder zum ersten Mal auf dem großen Bildschirm – und dann der Schock: Viele der Fotos sind nicht mehr ganz so toll, aufgrund einiger Kleinigkeiten. Wahrscheinlich hast du diesen Fehler bereits bei vorherigen Shootings gemacht. Ich kenne das und es gibt tatsächlich eine Menge Fettnäpfchen und Fotografie-Fehler, in die man als Fotograf tappen kann – vor allem im Eifer des Gefechts. Im folgenden Artikel möchte ich einige dieser Leichtsinnsfehler auflisten und einfache Tricks geben, um ihnen entgegenzuwirken. Los geht’s!
1. Der Hintergrund zerstört das Model
Oft ist man vor Ort so begeistert bzw. so eingespannt mit der Interaktion und dem Posing mit dem Model, dass man erst zuhause bemerkt, dass dem Model wieder einmal ein Baum aus dem Kopf wächst oder eine starke Linie es ungewollt an einer ungünstigen Stelle schneidet.
Behalte den Hintergrund immer im Blick. Schenke ihm genauso viel Aufmerksamkeit wie dem Model. Versuche das Model mit der Kulisse in Einklang zu bringen, um eine harmonische Bildgestaltung zu erreichen. Setze dazu gesehene Formen vor Ort geschickt mit der Person in Verbindung und vermeide Ablenkungen.
2. Mischlicht – Freund und Feind zugleich
Oft lauert Indoor die Gefahr: Mischlicht. Gerade Räume, die viel Fensterfläche besitzen, aber zusätzlich mit Kunstlicht wie Deckenlampen ausgeleuchtet werden, neigen dazu. Hier trifft meist warmes Kunstlicht auf das dadurch kalt erscheinende Fensterlicht. Unsere Kamera können wir jedoch über den Weißabgleich nur auf eine der beiden Situationen einstellen.
Was kann man dagegen tun? Reduziere die Situation auf eine Lichtquelle, indem du das Licht ausschaltest. So bleibt nur noch eine Lichtquelle übrig, auf die du deinen Weißabgleich einstellen kannst. Die Gefahr besteht dann allerdings darin, dass die Kulisse zu dunkel wird. In diesem Fall kannst du einen Blitz hinzuziehen oder die Situation geschickt überblitzen. Weitere Möglichkeiten bieten sich in der Nachbearbeitung an, vor allem wenn du in RAW fotografierst und den Weißabgleich nachträglich anpassen kannst.
3. Augenringe bei Portraits mit natürlichem Licht
Oft sind Augenringe im unbearbeiteten RAW-Bild auf der Kamera nicht sichtbar, aber beim Bearbeiten mit Zugabe von Kontrast werden sie sichtbar oder die Augenhöhlen wirken dunkler. Grund dafür ist, dass das Licht von oben kommt.
Um dieses Problem zu lösen, solltest du dem Model mitteilen, das Kinn etwas zu heben. Gegebenenfalls musst auch du eine erhöhte Position einnehmen, damit das Model nach oben schauen kann. Dadurch kommt das Licht wieder frontaler auf das Gesicht und Augenringe werden verschwinden und die Augenhöhlen gut ausgeleuchtet.
4. Schärfe sitzt nicht richtig auf dem Auge
Der Klassiker beim Sichten der Fotos auf dem Rechner: “Die sind ja gar nicht scharf!” Kontrolliere die Schärfe immer in gezoomter 100% Ansicht auf der Kamera, um gegebenenfalls noch nachkorrigieren zu können.
Weitere Gründe für Unschärfe können sein: Verwacklung beim Focus & Recompose, zu offene Blende, zu lange Verschlusszeit wegen Verwacklung beim Freihand-Fotografieren, nicht kalibriertes Objektiv. Achte darauf, die Kamera nicht zu lange auf halb gedrücktem Auslöser zu halten. Positioniere gegebenenfalls einen Fokuspunkt deckungsgleich über dem Auge und drücke direkt durch.
5. Zu wenig Licht – zu hohes Rauschen
Auf dem Display sieht alles in Ordnung aus, aber zuhause merkst du sofort, dass das Foto extrem rauscht. Vor Ort kannst du versuchen, die volle Lichtstärke deines Objektivs auszuschöpfen und dich beim Fokussieren besonders zu bemühen. Alternativ kannst du auch auf eine ruhige Hand setzen und deine Verschlusszeit etwas verlängern, um den ISO-Wert weiter abzusenken und das Rauschen zu reduzieren. Sei jedoch vorsichtig, da eine längere Belichtungszeit Personen in Bewegung unscharf erscheinen lässt.
6. Gestellte Model-Posen
Vor Ort sieht es in der Euphorie noch toll aus, wenn das Model selbstbewusst durch den Wald springt. Aber zuhause fragst du dich dann, warum du das nicht vor Ort besser geregelt hast, um natürlichere Ergebnisse zu erzielen. Weniger Posing ist meistens mehr. Konzentriere dich stattdessen auf einfachere Posen und setze sie mit dem richtigen Blickwinkel und Bildaufbau gekonnt in Szene.
7. Gegenstände in den Taschen
Führe bei deinen Shootings Taschenkontrollen durch, um zu vermeiden, dass das Model versehentlich Gegenstände in den Taschen hat. Oft werden Handys oder Geldbeutel in der Hosentasche mitgeführt, was sich dann durch unschöne Auswölbungen am Bein bemerkbar macht. Entferne unerwünschte Gegenstände aus den Taschen, um den Betrachter in deine gewünschte Bildszenerie eintauchen zu lassen.
8. Fettige bzw. glänzende Haut
An heißen Tagen kann es schnell passieren, dass sowohl du als auch dein Model anfangen zu schwitzen. Bei dir ist das nicht schlimm, da du nicht auf dem Bild bist, aber beim Model kann das zu ungewollten Reflexionen durch glänzende Haut führen, die unprofessionell und hässlich aussehen können. Bitte dein Model oder einen Make-up-Assistenten, die glänzenden Stellen zu entfernen oder sich wieder frisch zu machen. Alternativ können auch Kosmetik-Tücher verwendet werden, um die fettigen und glänzenden Hautstellen zu mattieren. Falls dir das erst im Nachhinein auffällt, kannst du die glänzenden Stellen in der Nachbearbeitung retuschieren.
9. Keine Genehmigung zur Veröffentlichung
Stelle sicher, dass du vom Model und vom Ort die Genehmigung zur Veröffentlichung hast. Lass dir von Modellen einen Vertrag ausfüllen, in dem ihr gegenseitig bestätigt, dass die Fotos benutzt werden dürfen. Kläre auch mit dem Ortseigentümer ab, ob das Fotografierte im Hintergrund veröffentlicht werden darf.
10. Unproportionale Körperpartien
Ein Weitwinkelobjektiv kann dazu führen, dass Proportionen verzerrt werden, vor allem bei falschem oder unbewusstem Einsatz. Vermeide es, mit einem Weitwinkelobjektiv zu nah an das Model heranzugehen, da dies die Proportionen enorm verzerrt. Vermeide auch die Positionierung des Models am Bildrand, da dies zu weiteren Verzerrungen führen kann.
11. Ausgebrannte Stellen im Bild
Achte darauf, dass bei der RAW-Konvertierung keine ausgebrannten Stellen im Bild entstehen. Belichte bewusst etwas unter, um sicherzustellen, dass selbst die hellsten Lichter im Bild nicht komplett weiß sind.
12. Lens Flares falsch gesetzt
Beim Einsatz von Lens Flares ist es wichtig, diese bewusst in die Bildkomposition einzubeziehen und nicht versehentlich zu platzieren. Achte auch darauf, dass das Bild bei ungünstigen Lichteinstrahlungswinkeln nicht zu flau wird.
Fazit: Viele kleine Fettnäpfchen machen auch fortgeschrittenen Fotografen zu schaffen
Auch erfahrene Fotografen machen noch Fehler, die sich oft erst zuhause am Computer bemerkbar machen. Es ist wichtig, sich dieser Fehler bewusst zu werden und sie nach und nach zu vermeiden, um Zeit in der Nachbearbeitung zu sparen.