15.000 Tote für die WM – ist das wahr?

15.000 Tote für die WM – ist das wahr?

Die FIFA-Weltmeisterschaft in Katar wirft immer wieder Fragen auf, insbesondere in Bezug auf die Arbeitsbedingungen der Migranten, die an den Baustellen für das Turnier arbeiten. Eine weit verbreitete Behauptung lautet, dass 15.000 Arbeiter für die WM in Katar gestorben sind. Doch wie sieht es mit der Richtigkeit dieser Zahl aus? Ein Faktencheck der Deutschen Welle bringt Licht ins Dunkel.

Keine direkte Verbindung zur WM

Die Zahl 15.021, die durch einen Bericht von Amnesty International von 2021 bekannt wurde, bezieht sich auf die offiziellen Statistiken der katarischen Behörden von 2010 bis 2019. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 15.799 Todesfälle von Nicht-Kataris in Katar erfasst. Es ist wichtig anzumerken, dass diese Zahl nicht nur geringqualifizierte Baustellenarbeiter einschließt, sondern auch Lehrer, Ärzte, Ingenieure und Geschäftsleute, die aus verschiedenen Ländern stammen. Auch der britische Guardian bezifferte die Zahl der Todesfälle auf 6.500 in einem Artikel von Anfang 2021.

Es ist jedoch irreführend anzunehmen, dass all diese Todesfälle direkt mit den WM-Baustellen oder dem Fußballturnier in Verbindung stehen. Vielmehr handelt es sich um allgemeine Sterbefälle von Ausländern in Katar.

Todesraten in erwartbarer Größenordnung?

Das katarische Informationsministerium widerspricht den genannten Zahlen nicht. Es betonte jedoch, dass diese in einer “erwartbaren Größenordnung bei einer Bevölkerung dieser Größe und Demographie” lägen. Die Sterberaten der Arbeitsmigranten in Katar sind laut Statistiken der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Vergleich zu den Herkunftsländern erheblich niedriger. Die Befunde aus epidemiologischer Sicht sind jedoch insofern begrenzt aussagekräftig, als dass die ausländische Community in Katar nicht mit der gesamten Landesbevölkerung vergleichbar ist.

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Gesunde Arbeitsmigranten in Katar

Arbeitsmigranten, die nach Katar kommen, um an den WM-Baustellen zu arbeiten, müssen eine Reihe von Gesundheitsnachweisen erbringen, darunter negative Tests auf Infektionskrankheiten wie HIV/Aids, Hepatitis B und C, Syphilis und Tuberkulose. Diese Krankheiten sind in einigen Herkunftsländern statistisch relevante Todesursachen.

Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass die genannten Zahlen nicht die Arbeitsmigranten einbeziehen, die nach ihrer Rückkehr aus Katar verstorben sind. Ein signifikanter Anstieg von Nierenversagen mit Todesfolge wurde beispielsweise bei Männern zwischen 20 und 50 Jahren in Nepal verzeichnet, die kurz zuvor von ihrer Arbeit im Nahen Osten, einschließlich Katar, zurückgekehrt waren. Es wird vermutet, dass die schwere Arbeit in der Wüste, gepaart mit mangelnder Trinkwasserversorgung, eine schlüssige Erklärung dafür bietet.

WM-Baustellen und Todesfälle

Die FIFA und das katarische WM-Komitee geben an, dass nur drei Menschen direkt im Zusammenhang mit ihrer Arbeit auf den Baustellen der WM-Stadien ums Leben gekommen sind. Jedoch gestehen sie ein, dass 37 weitere WM-Arbeiter gestorben sind, jedoch ohne direkte Verbindung zur Arbeit.

Diese Zahl mag korrekt sein, aber sie lässt außer Acht, dass es ohne die WM wahrscheinlich keine Baustellen gegeben hätte, auf denen weitere Todesfälle auftraten. Denn die WM hat in Katar einen Bauboom ausgelöst, bei dem nicht nur Stadien, sondern auch U-Bahnnetze, Autobahnen, Hotels und weitere Infrastrukturprojekte entstanden sind. Auf den Turnier-Baustellen selbst waren laut FIFA in den Hochphasen gerade einmal etwas mehr als 30.000 Arbeitskräfte im Einsatz.

Es gibt Zweifel daran, dass die 37 Nicht-Unfall-Todesfälle von WM-Arbeitern nichts mit ihrer Arbeit zu tun haben. In einem Jahresbericht des katarischen WM-Komitees ist dokumentiert, dass drei Stadionarbeiter angeblich an Herzversagen oder Atemstillstand durch “natürliche Ursachen” gestorben sind. Epidemiologisch betrachtet sind dies jedoch keine natürlichen Todesursachen, insbesondere nicht bei Menschen im Alter von 18 bis 60 Jahren.

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Tausende Todesfälle ungeklärter Ursache

Dieser Bericht wirft auch ein Licht auf die Todesursachen bei Arbeitsmigranten in Katar. Katarische Ärzte gaben bei rund 70 Prozent der Todesfälle von Arbeitsmigranten einen plötzlichen Herz- oder Atemstillstand aus “natürlichen Ursachen” an. Es wird vermutet, dass Hitzeerschöpfung, unbehandelte Krankheiten oder andere Gründe zu vielen der plötzlichen und unerklärten Todesfälle beitragen. Die Dokumentation von Unfällen und Todesursachen wurde von verschiedenen Organisationen kritisiert. Es bleibt unklar, warum die katarischen Behörden keine aussagekräftigere Dokumentation der Todesfälle veröffentlichen.

Es ist wichtig anzumerken, dass die Deutsche Welle für diesen Artikel mit verschiedenen Experten und Organisationen zusammengearbeitet hat, um diese Fakten zu überprüfen. Leider blieben zahlreiche Anfragen an die Behörden von Katar, Bangladesch, Indien, Nepal, Pakistan und Sri Lanka unbeantwortet.

So lässt sich zusammenfassen, dass die Behauptung, 15.000 Arbeiter seien für die WM in Katar gestorben, nicht den Tatsachen entspricht. Die genannten Zahlen schließen allgemeine Sterbefälle von Ausländern in Katar ein und beziehen sich nicht ausschließlich auf die WM-Baustellen oder das Fußballturnier. Es bleiben jedoch weiterhin Fragen zur Sicherheit und Gesundheit der Arbeitsmigranten sowie zur Dokumentation der Todesfälle offen.