In Brandenburg ist der Markt für Baugrundstücke seit etwa 1998 stagniert. Besonders in den Gebieten außerhalb des engeren Verflechtungsraumes Berlin-Brandenburg ist sogar ein Rückgang zu verzeichnen. Das hat zur Folge, dass die Erschließung neuer Baugebiete für Bauträger immer unattraktiver wird, da hohe Vorlaufkosten durch ungenutzte Erschließungsanlagen entstehen.
Deshalb weichen potenzielle Bauherren vermehrt in bereits erschlossene Gebiete im Innenbereich aus. Dort finden sie vollerschlossene Grundstücke zu günstigeren Konditionen. Diese Verdichtung des Innenbereichs ist auch im Interesse der Kommunen, da dadurch vorhandene Erschließungsanlagen intensiver genutzt werden. Aus diesem Grund gewinnt das Abstandsflächenrecht bei der städtebaulichen Planung zunehmend an Bedeutung.
Abstandsflächen dienen vor allem dem Schutz der Nachbarn. Sie sollen ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung der Aufenthaltsräume sicherstellen und den sozialen Frieden wahren. Das Abstandsflächenrecht wird daher auch als der notwendige “Sozialabstand” bezeichnet.
Im folgenden Artikel möchten wir das Brandenburgische Abstandsflächenrecht vorstellen und anhand von Beispielen erläutern.
Allgemeine Regelungen
Gemäß der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO §6 (1) Satz 1) müssen vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen freigehalten werden. Das bedeutet, dass Abstandsflächen von allen Seiten des Gebäudes zu den jeweiligen Grundstücksgrenzen und zu anderen Gebäuden eingehalten werden müssen. Diese Flächen müssen auf dem Baugrundstück selbst liegen und dürfen in der Regel nicht von Abstandsflächen anderer Gebäude überdeckt werden.
Der Abstand eines Gebäudes zu den Grenzen von nichtöffentlichen Grundstücken wird als “Bauwich” bezeichnet.
Des Weiteren besagen die Bestimmungen (BbgBO §6 (1) Satz 2), dass dies auch für andere Anlagen gilt, von denen ähnliche Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen, wie zum Beispiel Hochbassins, Siloanlagen, Mauern, Wälle, Plakattafeln, Werbeaufsteller und Warenautomaten.
Das Brandenburgische Abstandsflächenrecht sieht auch Ausnahmen vor. So ist zum Beispiel keine Abstandsfläche erforderlich, wenn die Außenwände an Grundstücksgrenzen errichtet werden müssen oder dürfen, wie es in bestimmten Fällen durch planungsrechtliche Vorschriften vorgeschrieben ist.
Gemäß der Bauordnung (BbgBO §6 (3) Satz 1) dürfen die Abstandsflächen sich nicht überdecken. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie zum Beispiel Außenwände, die in einem Winkel von mehr als 75 Grad zueinander stehen. Auch Außenwände zu einem fremder Sicht entzogenen Gartenhof bei Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 sowie Gebäude und andere bauliche Anlagen, die in den Abstandsflächen zulässig sind, dürfen sich überdecken.
Abstandsflächenberechnung
Die Tiefe der Abstandsflächen berechnet sich gemäß der Bauordnung (BbgBO §6 (4) Satz 1+2) nach der Wandhöhe und wird senkrecht zur Wand gemessen. Die Wandhöhe ist das Maß von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand. Die Tiefe der Abstandsflächen beträgt 0,4 H, mindestens jedoch 3 Meter.
Bei gestaffelten Wänden, Dächern oder Dachaufbauten sowie vor die Außenwand vortretenden Bauteilen oder Vorbauten wird die Wandhöhe für den jeweiligen Abschnitt oder das jeweilige Bauteil gesondert ermittelt. Hierbei ist das Ergebnis H.
Die Abstandsflächen werden für jeden Wandabschnitt und jedes Bauteil gesondert ermittelt. Bei gestaffelten Wänden ist die größte ermittelte Abstandsflächentiefe maßgebend.
Die Tiefe der Abstandsfläche
Gemäß der Bauordnung (BbgBO §6 (5) Satz 1) beträgt die Tiefe der Abstandsflächen 0,4 H, mindestens jedoch 3 Meter. In Gewerbe- und Industriegebieten genügt eine Tiefe von 0,2 H, mindestens jedoch 3 Meter.
Für privilegierte Gebäude der Gebäudeklassen 1 und 2 mit nicht mehr als drei oberirdischen Geschossen genügt als Tiefe der Abstandsfläche 3 Meter.
Abstandsflächen untergeordneter Bauteile
Untergeordnete Bauteile erzeugen keine eigenen Abstandsflächen, wenn sie die Maximalmaße nicht überschreiten. Dachüberstände und Gesimse sind hiervon ausgenommen.
Für alle anderen Bauteile gilt, dass sie einen Mindestabstand von 2 Metern zur gegenüberliegenden Nachbargrenze einhalten müssen. Wintergärten, Balkone und sonstige Vorbauten dürfen nicht mehr als 1/3 der Breite der Außenwand einnehmen.
Abstandsflächen bei Maßnahmen zur Energieeinsparung
Maßnahmen zur Wärmedämmung und Solaranlagen an rechtmäßig errichteten Bestandsgebäuden können von den Abstandsflächenregelungen privilegiert sein.
Privilegierte Gebäude ohne eigene Abstandsflächen
Garagen und Gebäude ohne Aufenthaltsräume und Feuerstätten erzeugen keine Abstandsflächen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sie dürfen in beliebigen Abstand zu anderen Gebäuden und auch in deren Abstandsflächen errichtet werden.
Änderung von Gebäuden
Für Änderungen an bestehenden Gebäuden gelten besondere Regelungen zur Einhaltung der Abstandsflächen.
Abstandsflächen von Windkraftanlagen
Auch bei Windkraftanlagen müssen Abstandsflächen eingehalten werden, insbesondere zur Vermeidung von Auswirkungen auf andere Gebäude.
Der Brandabstand
Die Abstandsregelungen, die die Ausbreitung von Feuer und Rauch auf andere Gebäude verhindern sollen, werden als Brandabstand bezeichnet.
Zulassung von Abweichungen
Abweichungen von den Bestimmungen des Bauordnungsrechts können auf Antrag zugelassen werden. Es gelten bestimmte Voraussetzungen und Kriterien für die Zulassung.
Abstandsflächen bei Grundstücksteilungen
Bei der Teilung von Grundstücken müssen die Abstandsflächenvorschriften eingehalten werden.
Das Fenster- und Lichtrecht des Nachbarrechts
Das Fenster- und Lichtrecht des Nachbarrechts regelt den Grenzabstand von Fenstern und zum Betreten bestimmten Bauteilen, um Belästigungen einzuschränken und ausreichend Licht zu gewährleisten.
Dies war ein Überblick über das Abstandsflächenrecht in Brandenburg.