Abtreibung in Deutschland – Das musst du wissen!

Abtreibung in Deutschland – Das musst du wissen!

Abtreibung ist ein sensibles Thema, das viele Fragen aufwirft. In Deutschland ist der Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich strafbar, da das Grundgesetz das menschliche Leben schützt. Doch unter bestimmten Bedingungen ist eine Abtreibung erlaubt. Hier erfährst du, was du darüber wissen musst.

Wann ist eine Abtreibung erlaubt?

Im Jahr 2020 wurden in Deutschland fast 100.000 Schwangerschaften abgebrochen. Dabei kamen auf 100 Lebend- und Totgeburten etwa 13 registrierte Abtreibungen. Damit der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland straffrei bleibt, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  1. Der Abbruch muss innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis erfolgen.
  2. Mindestens drei Tage vor dem Abbruch muss die Schwangere eine Schwangerschaftskonfliktberatung wahrnehmen.
  3. Der Abbruch muss von einem Arzt oder einer Ärztin durchgeführt werden.

Im Jahr 2020 erfolgten 96 Prozent der Abtreibungen nach dieser Beratungsregelung. Straffrei bleibt der Abbruch auch nach einer Vergewaltigung oder wenn die psychische oder physische Gesundheit der Mutter gefährdet ist. In diesem Fall spricht man von einer medizinischen oder kriminologischen Indikation. Das traf auf vier Prozent aller Abtreibungen im Jahr 2020 zu.

Geht eine Abtreibung auch nach der 12. Woche?

In Ausnahmefällen kann eine Abtreibung auch nach der 12. Woche durchgeführt werden, wenn ein medizinischer Grund vorliegt. Eine Behinderung oder Krankheit des ungeborenen Kindes kann jedoch rechtlich gesehen niemals der Grund für einen Abbruch sein. Der Grund für eine spätere Abtreibung ist immer die Gefahr für die Schwangere. Abbrüche nach der 22. Woche sind extrem selten, da der Fötus ab diesem Zeitpunkt bereits lebensfähig sein könnte. Sie machen nur 0,6 Prozent aller Abtreibungen aus.

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Welche Methoden gibt es?

Es gibt zwei grundsätzliche Möglichkeiten, eine Schwangerschaft abzubrechen: medikamentös oder operativ.

Medikamentöse Methode: Diese Methode kann bis zur neunten Schwangerschaftswoche angewendet werden. Sie erfolgt in zwei Schritten. Zunächst wird ein Medikament eingenommen, das die Gebärmutterschleimhaut und die Fruchtblase mit dem Embryo löst. Es kann zu einer Blutung kommen, ähnlich wie bei der Periode. Drei bis vier Tage später wird ein zweites Medikament eingenommen, das Wehen auslöst und innerhalb von etwa drei Stunden zu einer stärkeren Abbruchblutung führt. Dabei werden die Gebärmutterschleimhaut und die Fruchtblase mit dem Embryo ausgestoßen. Nach der Behandlung können noch zwei bis vier Wochen lang Blutungen auftreten.

Operative Methode: Nach der neunten Schwangerschaftswoche ist nur noch ein operativer Eingriff möglich. Die Absaugung, auch Vakuumaspiration genannt, ist dabei die häufigste Methode. Der Eingriff wird in der Regel ambulant durchgeführt, entweder unter örtlicher Betäubung oder in Vollnarkose. Dabei wird ein Röhrchen in die Gebärmutterhöhle eingeführt und der Embryo samt Gebärmutterschleimhaut abgesaugt. Der Eingriff dauert etwa 10 bis 15 Minuten und kann mit wehenartigen Schmerzen verbunden sein. In den nächsten zwei Wochen können Blutungen auftreten. Nach beiden Abbruchsformen gilt: Eine Woche lang nicht baden, keine Tampons oder Menstruationstassen verwenden und kein Geschlechtsverkehr.

Welche Risiken gibt es?

Sowohl die medikamentöse als auch die operative Methode gelten als sicher. Wie bei jedem medizinischen Eingriff können jedoch Nebenwirkungen auftreten. Bei der medikamentösen Methode ähneln die Symptome denen der Regelblutung. Bei der operativen Methode kann es in seltenen Fällen zu Verletzungen der Gebärmutter, hohem Blutverlust, Narkoseproblemen oder Entzündungen kommen, die beispielsweise durch verbleibendes Restgewebe in der Gebärmutter verursacht werden können. Ein Anzeichen dafür kann Fieber sein. Solange keine Komplikationen auftreten, steht einem späteren Kinderwunsch nach einer Abtreibung nichts im Wege. Es gibt jedoch wissenschaftliche Hinweise darauf, dass vor allem operative Abbrüche das Risiko einer Frühgeburt erhöhen könnten.

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Was macht eine Abtreibung mit der Psyche?

Es gibt zahlreiche Studien zu den möglichen Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen. Manche Studien legen nahe, dass es einen Zusammenhang zwischen Abtreibungen und psychischen Problemen gibt, insbesondere bei Frauen, die bereits unter belastenden Lebensumständen wie Gewalt, Armut oder psychischen Vorerkrankungen leiden. Es gibt jedoch auch Studien, die zeigen, dass eine Abtreibung allein das Risiko, psychisch krank zu werden, nicht erhöht. Eine Studie der University of California ergab, dass 95 Prozent der Frauen, die eine Schwangerschaft abgebrochen hatten, ihre Entscheidung nicht bereuten, obwohl ihnen die Entscheidung zunächst schwerfiel. Bei psychischen Belastungen nach einem Schwangerschaftsabbruch ist es ratsam, therapeutische Unterstützung zu suchen.

Folgen einer ungewollten Schwangerschaft

Auch ungewollte Schwangerschaften können Folgen haben. Laut amerikanischen Studien haben Frauen, die ein ungewolltes Kind zur Welt bringen, in den Jahren nach der Schwangerschaft im Durchschnitt einen etwas schlechteren Gesundheitszustand als Frauen, die eine Abtreibung durchführen. Die Bindung zwischen Mutter und ungewolltem Kind ist im Vergleich zu gewollten Geschwistern häufig schwächer, und die gesamte Familie ist häufiger von Armut betroffen.

Wer führt eine Abtreibung durch?

Die Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen, dass immer weniger Ärzte und Ärztinnen Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Die Statistik erfasst die Anzahl der Kliniken und Arztpraxen, die Abbrüche melden, und nicht die Anzahl aller Stellen, die Abbrüche durchführen. Im Jahr 2003 gab es in Deutschland 2.050 solcher “Meldestellen”, im ersten Quartal 2021 waren es nur noch 1.110. Ärzte und Ärztinnen dürfen auf ihren Webseiten nicht “werben” und auch nicht über ihre Methoden aufklären. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2019 dürfen sie jedoch angeben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Für weiterführende Informationen verweisen sie dann an Behörden, Beratungsstellen und Ärztekammern. Es gibt jedoch auch eine öffentliche Liste, in die sich alle Ärzte und Ärztinnen in Deutschland eintragen können, die Abbrüche durchführen, sodass man eine entsprechende Praxis in der Nähe finden kann.

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Wer bezahlt eine Abtreibung?

Grundsätzlich sind Abtreibungen in Deutschland selbst zu bezahlen. Die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch liegen je nach Methode und Praxis zwischen 200 und 700 Euro. Eine medikamentöse Abtreibung ist günstiger als ein operativer Eingriff. Menschen mit geringem Einkommen und bei Abbrüchen aus medizinischen oder kriminologischen Gründen, wie beispielsweise nach einer Vergewaltigung, werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen. Die Behandlungskosten während der Schwangerschaft und die Nachbehandlung möglicher Komplikationen werden generell bezahlt.

Wie macht man Abbruch

Quelle: SWR, Getty Images SWR SWR/Getty images