Die Wahrheit über Bioresonanz- und Zell-Check-Messungen
von Thomas Eckert
Bist du auch schon mal auf die Werbung für “Bioscan”, “medX-Vitalscan”, “Zell-Check”, “SO/Check” oder “Oligoscan” gestoßen? Diese Geräte werden als wahre Wundermittel beworben. Die Hersteller behaupten, sie könnten das energetische Feld der menschlichen Zellen messen und dadurch den Gesundheitszustand und den Bedarf an Mikronährstoffen bestimmen.
Mehr Schein als Sein: Die zweifelhaften Bioresonanz-Messwerte
Bei der Bioscan-Analyse halten die Patienten für kurze Zeit einen oder zwei Stabsonden in der Hand, die mit einem kleinen Kasten an den Computer angeschlossen sind. Während der Messung wird ein Programm gestartet, das vorgibt, nach und nach verschiedene Organe und Körperfunktionen zu überprüfen. Geschlecht, Geburtsdatum, Größe und Gewicht des Patienten werden in das Computerprogramm eingegeben.
Am Ende der Messung erstellt das Programm ein Protokoll, das mehr als 200 Einzelwerte enthält. Die “Befundberichte” enthalten beispielsweise Informationen über die Herz-Kreislauf-Funktionen, die Knochenmineraldichte, das Immunsystem, den Blutzuckerspiegel und den Gehalt an Vitaminen und Spurenelementen.
Fragwürdige Messergebnisse: Eine Frau mit männlichen Sexualhormonen?
Unter der Aufsicht des Ernährungsmediziners Dr. Matthias Riedl wurden verschiedene Personen mit dem Bioscan-Gerät getestet. Dabei stellte sich heraus, dass die Ergebnisse offensichtlich auf den eingegebenen Daten von Geschlecht, Geburtsdatum, Größe und Gewicht basierten und nicht auf medizinischen Parametern. So hielt beispielsweise eine Frau den Sensorstab für einen männlichen Patienten, und dennoch zeigten die Messprotokolle Werte für die Prostata und männliche Sexualhormone an.
Fehlberatung in einer Apotheke
In einem Test in zwei Apotheken erhielt der Proband nach einer Bioscan-Analyse konkrete Therapieempfehlungen basierend auf den vermeintlichen Messwerten. Dazu gehörte beispielsweise die Einnahme von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln.
In einer Apotheke wurde aufgrund eines angeblichen Eisenmangels die dauerhafte Einnahme eines Eisenpräparats empfohlen. Eine Blutanalyse zeigte jedoch, dass kein Eisenmangel vorlag.
Haftstrafen und hohe Geldstrafen wegen Betrugs
In einem Prozess vor dem Amtsgericht Reutlingen stellten mehrere Gutachter und Zeugen fest, dass das Bioscan-Gerät keine zuverlässigen Messungen durchführen kann. Daher wurden die beiden Geschäftsführer des Herstellers Ende Mai 2022 wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Verstößen gegen das Heilmittelwerbegesetz zu Haftstrafen von drei bzw. zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt. Beide wurden direkt im Gerichtssaal verhaftet und in verschiedene Haftanstalten gebracht.
Darüber hinaus müssen sie die Bruttoumsätze aus dem Verkauf der Geräte seit 2015 zurückzahlen – insgesamt mehr als vier Millionen Euro. Die Vertriebsleiterin kam mit einer Geldstrafe davon. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Verteidigung beim Landgericht Tübingen Berufung eingelegt hat. Inzwischen wurde einer Haftbeschwerde stattgegeben, und beide Männer sind wieder auf freiem Fuß.
Zell-Check: Wissenschaftlich nicht belegt
Die Zell-Check-Geräte arbeiten angeblich mit einer Technologie namens Spektralphotometrie. Dabei werden die Handflächen an vier Punkten mit dem Gerät abgetastet und kurz darauf erfolgt eine Auswertung auf dem Computermonitor. Experten aus dem Bereich der physikalischen Chemie sind jedoch der Meinung, dass diese Behauptungen wissenschaftlich nicht haltbar sind, da die meisten der angeblich gemessenen Substanzen in dem angegebenen Spektralbereich kein Licht absorbieren. Daher können die Messwerte nicht mit den Methoden der Spektralphotometrie bestimmt werden.
Vertriebsfirma gibt zu: “Keine direkte Messung”
Die Vermarktungsfirma des Zell-Check, die Projekt Gesundheit Consulting GmbH, räumt in einem Anwaltsschreiben ein, dass die Zell-Check-Analyse keine direkte Messung darstellt. Die im Analyse-Protokoll genannten Werte entsprechen nicht den tatsächlichen Vitaminwerten im Körper.
Ein Geschäft für Ärzte, Apotheken und Hersteller
Offensichtlich dienen Bioscan- und Zell-Check-Messungen in erster Linie dazu, vermeintliche Nährstoffdefizite aufzuzeigen, um den Patienten Nahrungsergänzungsmittel und andere Präparate zu verkaufen. Experten sind sich einig: Solche Geräte haben in Apotheken und Arztpraxen nichts zu suchen.