Die Wahl unserer Worte ist eine Art Fenster in unsere menschliche Natur. Jede Sprechweise und jede Akzentuierung – sie alle offenbaren etwas über unsere Persönlichkeit. Besonders deutlich wird dies, wenn ein Akzent oder ein Dialekt wahrgenommen wird. In diesen Fällen können schnell Stereotypen und Vorurteile entstehen, die auf dem sogenannten Akzent Bias beruhen.
Sieben Wörter für eine Einschätzung der sozialen Herkunft
Es ist erstaunlich, wie schnell wir anhand weniger Wörter die soziale Herkunft einer Person einschätzen können. Laut einer Forschungsgruppe um Michael Kraus genügen bereits sieben Wörter, um erstaunlich genaue Rückschlüsse auf die soziale Herkunft einer Person zu ziehen. Aufgrund dieser Einschätzung entstehen automatisch Assoziationen, die auf früheren Erfahrungen und Stereotypen basieren. Diese können unsere Wahrnehmung und unser Verhalten gegenüber der Person beeinflussen. Insbesondere beim Phänomen des “Grammatik-Tinnitus”, bei dem Personen mit ausländischem Akzent fälschlicherweise Grammatikfehler unterstellt werden, obwohl sie grammatikalisch korrekt sprechen, wird dies deutlich.
Der Accent Bias zeigt sich besonders stark in Bewerbungssituationen und Karriereverläufen. Studien haben gezeigt, dass Dialekte und Akzente, die mit negativen Vorurteilen verbunden sind, zu niedrigeren Gehältern und geringeren Aufstiegschancen führen können. Dabei spielen die tatsächlichen Qualifikationen und Fähigkeiten der Person oft keine Rolle. Dialekte und Akzente beeinflussen unbewusst die Wahrnehmung von Kompetenz und Intellektualität. Umgekehrt können bestimmte Akzente und Dialekte positive Assoziationen wecken und zu einer ungerechtfertigten positiven Wahrnehmung führen. In beiden Fällen werden Entscheidungen getroffen, die wenig mit den tatsächlichen Eigenschaften einer Person zu tun haben.
Doch warum entstehen diese Assoziationen und wie können wir verhindern, dass sie unsere Entscheidungen beeinflussen?
Hintergründe des Accent Bias
Ein Akzent oder Dialekt weckt oft Assoziationen, die auf individuellen Erfahrungen und Vorurteilen beruhen. Ein Beispiel dafür ist der französische Akzent, der häufig als wohlklingend und gebildet empfunden wird. Im Gegensatz dazu wird das sogenannte “Kiezdeutsch”, das vor allem in urbanen multiethnischen Kontexten verwendet wird, oft mit negativen Assoziationen in Verbindung gebracht. Diese Unterschiede basieren jedoch nicht auf dem Klangbild der Sprache, sondern auf Erfahrungen und Vorurteilen, die mit dem jeweiligen Klang verbunden sind. Daher führt Kiezdeutsch bei älteren und in ländlichen Gebieten lebenden Personen zu negativen Assoziationen, während jüngere Personen in multiethnischen Kontexten dies anders wahrnehmen.
Ein wichtiger Faktor ist auch der eigene kulturelle und soziale Hintergrund. In der Sozialpsychologie ist bekannt, dass wir Mitglieder unserer eigenen Gruppe besser bewerten als Angehörige von sogenannten “Out-Groups”. Dieser “Nativismus” wird durch die automatische Einschätzung einer Person anhand ihrer Sprache verstärkt.
Es ist schwer, diese Assoziationsprozesse zu verhindern, da sie schnell und automatisch ablaufen. Doch wir haben die Kontrolle darüber, ob sich diese Assoziationen auch auf unser Verhalten auswirken. Interessanterweise zeigen Studien, dass es bei Psychologinnen und Psychotherapeutinnen keine automatischen Vorurteile aufgrund der sozialen Herkunft gibt. Vielmehr reflektieren sie ihren eigenen sozialen Hintergrund und die möglichen Auswirkungen auf ihre berufliche Praxis.
So reduzieren Sie den Accent Bias
Es gibt fünf bewährte Strategien, um den Accent Bias, insbesondere bei der Personalbeurteilung, zu reduzieren:
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Bewusstsein schaffen: Werden Sie sich der Macht automatischer Stereotypisierungen bewusst. Identifizieren Sie Situationen, in denen der Accent Bias häufig auftritt, und absolvieren Sie ein Unconscious Bias Training.
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Irrelevante Informationen ausblenden: Verpflichten Sie sich, irrelevante Informationen bei Ihren Entscheidungen zu ignorieren. Erstellen Sie dafür Wenn-Dann-Pläne. Zum Beispiel: Wenn ein Kandidat einen Akzent hat, beachte ich dies nicht.
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Verpflichtung zur Fairness: Stellen Sie objektive Kriterien auf und verpflichten Sie sich, nur aufgrund dieser Kriterien zu beurteilen.
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Verantwortlichkeit erhöhen: Überlegen Sie, wie Sie Ihre Entscheidungen begründen würden.
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Fokus auf Vielfalt: Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Vielfalt und die vielen damit verbundenen Vorteile.
Dies sind effektive Strategien, um den Accent Bias zu reduzieren und fairere Entscheidungen zu treffen.
Quellen: [Quellenliste entfernt]
In unseren Workshops “Unconscious Bias im Recruiting” lernen Sie, wie Sie Recruitingprozesse möglichst frei von Bias gestalten können. Nehmen Sie Kontakt auf:
Manfred Wondrak, MBA
Tel: +43 1 581 19 09
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