Hast du schon einmal von Adaptil gehört? Es handelt sich dabei um ein künstliches Pheromon, das häufig zur Behandlung verschiedener Verhaltensprobleme bei Hunden empfohlen wird. Aber was genau sind Pheromone und wie wirken sie? In diesem Artikel werfen wir einen kritischen Blick auf die Wirksamkeit der erhältlichen Pheromonprodukte.
Pheromone – Die geheime Sprache der Tiere
Die Kommunikation unter Säugetieren erfolgt zu einem großen Teil über Gerüche. Für uns Menschen ist es oft schwer nachvollziehbar, wie Tiere Gerüche wahrnehmen und darauf reagieren. Hunde zum Beispiel können aus Urinmarkierungen anderer Vierbeiner viele Informationen ablesen und mit ihren Artgenossen kommunizieren.
Dieser geruchliche Austausch findet mithilfe von Pheromonen statt. Pheromone sind hormonähnliche Substanzen, die als Kommunikations- und Lockmittel dienen. Sie beeinflussen wichtige Aspekte des Fortpflanzungs- und Brutpflegeverhaltens und liefern Informationen über Geschlecht und Hormonstatus. Allerdings können nicht alle Tiere Pheromone wahrnehmen. Hunde haben jedoch ein spezialisiertes Riechorgan, das Jacobsonsche Organ, das genau dafür zuständig ist.
Unter den vielen identifizierten Pheromonen gibt es eines namens “Dog Appeasing Pheromone” oder Apasine. Dieses Pheromon wird von säugenden Hündinnen etwa drei bis vier Tage nach der Geburt bis zur Entwöhnung der Welpen abgesondert. Es wirkt beruhigend und fördert die Bindung zwischen Mutter und Welpen.
Adaptil – Die künstliche Unterstützung
Um ängstlichen und gestressten Hunden zu helfen, wurde eine künstlich hergestellte Version des “Dog Appeasing Pheromone” entwickelt. Diese Variante, die heute als Adaptil bekannt ist, kann entweder über ein spezielles Halsband, ein Umgebungsspray oder einen Steckdosen-Verdampfer in der Nähe des Hundes verteilt werden. Ähnlich wie das natürliche Pheromon soll auch Adaptil beruhigend und entspannend auf den Hund wirken. Der Hersteller gibt an, dass Adaptil bei der Sozialisierung und Umwelterkundung von Welpen sowie bei der Reduzierung von Angst und Stress unterstützen kann.
Was sagen die Studien?
Im Jahr 2010 wurde eine umfangreiche Übersichtsarbeit zu Adaptil und seinen therapeutischen Effekten auf Hunde veröffentlicht. Diese Arbeit fasst die bisher veröffentlichte Fachliteratur zusammen und bewertet sie kritisch. Das Fazit der Arbeit lautet, dass es bisher nur wenig überzeugende Beweise für eine signifikante Wirkung des künstlichen Pheromons auf das Verhalten von Hunden gibt. Der Hersteller hingegen verweist auf Studien, die belegen sollen, dass Adaptil Stresssymptome reduziert und bei verschiedenen Ängsten hilft.
Der Widerspruch zwischen den Studien liegt in den methodischen Mängeln der Adaptil-Studien, die in der Übersichtsarbeit aufgedeckt wurden. Die meisten Studien wurden ausschließlich von den Hundebesitzern bewertet, anstatt von unvoreingenommenen und objektiven Beobachtern. Zudem wurden in einigen Studien Adaptil zusammen mit anderen Maßnahmen zur Verhaltensänderung wie Medikamenten und Verhaltenstherapie eingesetzt. Dadurch ist unklar, in welchem Ausmaß Adaptil tatsächlich zur Reduzierung von Ängstlichkeit beiträgt.
Dennoch wurden in einer größeren Studie positive Effekte von Adaptil bei Welpen und jungen Hunden beobachtet. Die mit einem Adaptil-Halsband ausgestatteten Welpen zeigten während der Welpenstunde weniger ängstliches und aufgeregtes Verhalten im Vergleich zur Placebo-Gruppe, die ein identisch aussehendes Halsband ohne Pheromon trug. Allerdings hatte auch diese Studie ihre Mängel und eine genaue Zuteilung der Hunde zu den Gruppen wurde nicht ausreichend beschrieben.
Das Fazit – Noch keine überzeugenden Beweise
Nach einer genauen Analyse der bisherigen Studien lässt sich sagen, dass es derzeit nicht genügend überzeugende Beweise für eine angst- und stressreduzierende Wirkung von Adaptil bei erwachsenen Hunden gibt. Außerdem stellt sich die Frage, ob das “Dog Appeasing Pheromone” und somit auch Adaptil bei erwachsenen Hunden die gleiche beruhigende Wirkung hat wie bei säugenden Welpen.
Wenn Hunde Pheromone wahrnehmen, schieben sie in der Regel mit ihrer Zunge die Geruchsquelle in die Nähe ihres Jacobsonschen Organs. Dieses Verhalten tritt im Zusammenhang mit Adaptil nicht auf. Generell ist auch wenig über die genaue Zusammensetzung und Funktionsweise dieses synthetischen Pheromons bekannt.
Wenn du Adaptil ausprobieren möchtest, würde ich persönlich eher zu der Halsbandvariante greifen. Die Verwendung von Adaptil ist bei richtiger Anwendung nicht gesundheitsschädlich, aber falls es nicht wirkt, schadet es höchstens dem Geldbeutel.
Quellen:
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- Systematische Übersichtsarbeit zu Adaptil und dessen therapeutischen Effekten auf Hunde
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- Untersuchungen zur Verhaltensänderung bei Hunden
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- Studien zur Wirksamkeit von Adaptil
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- Beurteilung des Hundeverhaltens durch den Besitzer
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- Methodische Mängel der Adaptil Studien
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- Verabreichung von Adaptil in Kombination mit anderen Maßnahmen
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- Studie zu den Effekten von Adaptil bei Welpen und jungen Hunden
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- Vorbeugung und Reduktion von Geräuschangst durch Adaptil
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- Unbekannte Zusammensetzung und Funktionsweise des Pheromons
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- Verteilung des Pheromons durch Spray und Verdampfer