Die Debatte zwischen agilem und klassischem Projektmanagement scheint oft wie eine religiöse Frage – LEIDER! Es fühlt sich an, als müsste man sich entweder dem Glauben der Agilisten oder der Klassizisten anschließen. In diesem Artikel werde ich euch einen Ausweg aus dem Dilemma vieler Projektmanager aufzeigen.
Was ist klassisches Projektmanagement?
Bei klassischem Projektmanagement wird eindeutig definiert, was das Projektziel ist und es gibt klare zeitliche (Start und Ende), finanzielle (definiertes Budget) und personelle (definierte Personalressourcen) Grenzen. Klassisches Projektmanagement besteht aus Regelungen, die in einer Organisation für die Planung und Durchführung von Projekten gelten.
Was ist agiles Projektmanagement?
Beim agilen Projektmanagement werden zunächst Kosten und Termine festgelegt. Die Anforderungen werden dann während des Sprint Planning vom Team geschätzt. Im klassischen Projektmanagement hingegen werden zuerst Anforderungen erhoben und möglichst frühzeitig festgelegt, basierend auf denen Kosten und Termine geschätzt werden.
Agiles Projektmanagement (Visionsgetrieben) vs Klassisches Projektmanagement (Plangetrieben)
Agiles Projektmanagement ODER klassisches Projektmanagement?
Die kurze Antwort: Für 80-90% der Projekte ist klassisches Projektmanagement effizienter. In 10-20% der Fälle ändern sich jedoch mindestens 30% der definierten Anforderungen pro Monat, weshalb agiles Projektmanagement das bessere Vorgehensmodell ist.
Klassisches Projektmanagement (10-20%) vs Agiles Projektmanagement (80-90%)
Die lange Antwort: Je mehr ich mich mit beiden Vorgehensmodellen beschäftige, desto klarer wird mir, dass es in der jeweils anderen Welt eine Entsprechung gibt. Beim klassischen Projektmanagement spricht man von Projektstrukturplan und Arbeitspaketen, beim agilen Projektmanagement von Product Backlog und User Stories.
Beide Projektmanagement-Religionen versuchen, die Arbeit in handhabbare Stücke herunterzubrechen. Der Unterschied besteht darin, dass im klassischen Projektmanagement das gesamte Projekt bereits im Voraus geplant wird, während sich agiles Projektmanagement damit begnügt, nur die Arbeit für den nächsten Sprint konkret zu planen. Weitere Übereinstimmungen sind in der folgenden Abbildung dargestellt:
Agiles Projektmanagement oder klassisches Projektmanagement?
Nachdem man sich mit beiden Projektmanagement-Ansätzen auseinandergesetzt hat, muss man sich meiner Meinung nach nicht unbedingt für eine der beiden “Religionen” entscheiden. Hier kommt das Tetralemma ins Spiel.
Agiles Projektmanagement UND klassisches Projektmanagement?
Das Tetralemma ist eine Entscheidungshilfe für die Frage nach agilem oder klassischem Projektmanagement. Häufig sind unsere Entscheidungen sehr begrenzt, wir entscheiden uns entweder für Schwarz oder Weiß. Das Tetralemma zeigt uns weitere Möglichkeiten auf:
- Das Eine, also Schwarz.
- Das Andere, also Weiß.
- Beides, also Schwarz und Weiß.
- Keines, also weder Schwarz noch Weiß.
- Ganz was anderes, also vielleicht gar keine Farbe.
Das bedeutet, in einem Projekt kann ein Projektstrukturplan mit Arbeitspaketen sinnvoll sein, während die Aufwandsschätzung per Magic Estimation erfolgt. Zu Beginn eines Projekts gibt es alle zwei oder vier Wochen ein Statusmeeting. In der heißen Projektphase wechseln wir zu einem täglichen SCRUM Meeting mit vorgegebenen Fragen. Wir führen ein klassisches Projekt durch, schließen jedoch mit einer Retro anstelle eines Projektabschlussberichts.
Mehr dazu im FRITZ Tipp Tetralemma als Tool zur Entscheidungsfindung.
Fazit
Wenn man ein Projekt leitet, muss man sich nicht zwangsläufig für agiles oder klassisches Projektmanagement entscheiden. Je erfahrener der Projektmanager ist, desto eher kann er die für die jeweilige Situation passende und nützliche Projektmanagement-Methode wählen. Voraussetzung ist jedoch, dass man sich wirklich mit beiden Ansätzen auseinandergesetzt hat. Das ist kein Vorgehensmodell für Anfänger!
Dr. Patrick Fritz