Akku-Wechsel: Revolution oder Zukunftsmusik?

Akku-Wechsel: Revolution oder Zukunftsmusik?

Lange Ladezeiten an der Strom-Tankstelle können wirklich nerven. Doch es gibt Konzepte, die eine Alternative bieten: Der Akku-Wechsel. Kommen Sie mit fast leerem Akku an einer Wechselstation an und sind schon nach drei Minuten mit vollem Akku wieder unterwegs. Im Vergleich zu den 40 Minuten Ladezeit an einer Schnellladestation ist das sehr schnell. Urlaubs- und Geschäftsreisen mit Elektroautos könnten so deutlich verkürzt werden und die Reichweite der Fahrzeuge wäre problemlos erweiterbar. Aber funktioniert dieses “Tausch-Geschäft” wirklich?

Der chinesische Ansatz

Ein Unternehmen namens Nio möchte das Akku-Wechselsystem einführen und wird oft als das chinesische Tesla bezeichnet. Ähnlich wie Tesla mit seinen Supercharger-Ladestationen möchte auch Nio eine eigene Infrastruktur aufbauen. Die Nio-Wechselstation namens “Power Swap” erinnert an eine Garage und der Austausch erfolgt vollautomatisch – ohne menschliche Beteiligung. Zuerst wird die im Unterboden des Elektroautos befindliche Batterie entfernt und dann wird ein voller Akku eingesetzt. Das soll alles in weniger als fünf Minuten passieren. Der leere Akku wird dann wieder aufgeladen und kann später in ein anderes Fahrzeug eingebaut werden.

Nio plante bis 2020, mehr als 1.100 dieser Stationen in China zu installieren. Aktuell sind es rund 120 Stationen. Darüber hinaus sollen Power-Mobile-Fahrzeuge unterwegs sein, um gestrandeten Kunden in zehn Minuten genug Strom für 100 Kilometer Reichweite zu liefern. Nio bietet seinen Kunden außerdem eine Wallbox für zu Hause an, um ihr SUV ES8 durchgehend mobil zu machen. Nach der Eroberung des heimischen Marktes schließt das Unternehmen eine Expansion in andere Märkte nicht aus.

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Auch Tesla arbeitet an Wechsel-Akkus

Es scheint, dass auch Tesla eine ähnliche Lösung in petto hat. Ein Antrag beim US-Patentamt, der letztes Jahr veröffentlicht wurde, deutet darauf hin. Das Tesla-Wechselsystem besteht aus einer Hebebühne, die das Auto anhebt. Der Batteriewechsel erfolgt – ähnlich wie bei Nio – vollautomatisch. Allerdings dauert der Wechsel im Vergleich mit knapp 15 Minuten etwas länger.

Die Tesla-Anlage ist wahrscheinlich auch mobil einsetzbar. Allerdings können Besitzer eines Model 3 die Anlage nicht nutzen, da sich die Batterien in diesem Modell nicht im Fahrzeugboden befinden und ein Aus- und Einbau zu kompliziert wäre. Deshalb glauben viele Experten, dass Tesla die Anlage möglicherweise nie in Serie produzieren wird.

Geht es auch anders?

Sowohl Tesla als auch Nio haben den großen Nachteil, dass ihre Systeme nur markenintern verwendet werden können und daher nicht universell einsetzbar sind. Wer beispielsweise einen E-Golf oder eine Zoe von Renault fährt, muss das Fahrzeug wie gewohnt aufladen.

Der Stromsysteme-Berater Ralf Dunker aus Hamburg ist jedoch der Meinung, dass es auch anders gehen könnte. Sein Vorschlag: Wechselstationen an den insgesamt 14.000 Tankstellen in ganz Deutschland. Auf diese Weise könnten die Mineralölkonzerne nicht nur Geld verdienen, sondern auch einen entscheidenden Beitrag zur Förderung der Mobilitätswende leisten. Die 200 bis 300 Wechselbatterien, die an jeder Tankstelle verfügbar sein sollten, könnten mit überschüssigem Grünstrom gespeist werden, der beispielsweise in Zeiten mit viel Wind ins Ausland exportiert wird. Die Konzerne sind von dieser Idee bisher jedoch noch nicht überzeugt.

Wo der Tausch bereits funktioniert

Das taiwanesische Unternehmen Gogoro stellt Elektroroller her. Das Besondere an ihnen ist die Möglichkeit, leere Akkus an speziellen Stationen gegen volle auszutauschen. Unter der Sitzbank des Rollers finden insgesamt zwei Akkus Platz, ähnlich wie ein Helm. Der Austausch dauert dabei nur wenige Sekunden. Bisher ist das System nur in Taiwan verfügbar.

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In der Hauptstadt Taipei wechseln jeden Tag rund 50.000 Kunden mehr als 33.000 Mal ihre Batterien an etwa 500 Stationen, die im gesamten Stadtgebiet verteilt sind. Das Unternehmen plant die Expansion auf den deutschen Markt. Immerhin kann man in Berlin die Roller bereits als Sharing-Fahrzeuge ausprobieren, denn dort vermietet die Bosch-Tochter Coup diese Gefährte.

Zugegeben, die Idee, Wechselakku-Stationen zu etablieren, klingt großartig. Allerdings wird sich das Konzept erst flächendeckend durchsetzen, wenn die Autohersteller kooperieren und nur noch genormte Batterien in ihren Fahrzeugen verbauen. Und das kann eine Weile dauern…