Das akustische Übersprechen, auch bekannt als “Bleeding”, tritt auf, wenn ein Mikrofon nicht nur die gewünschte Schallquelle aufnimmt, sondern auch andere Hintergrundgeräusche oder Instrumente einfängt. In diesem Artikel erfährst du, wie das Übersprechen klingt, wie du es kontrollieren kannst und wann es künstlerisch eingesetzt wird.
Ein typisches Beispiel für Übersprechen ist eine Jazz-Session, bei der das Pianomikrofon den Klang des Schlagzeugs im Hintergrund mit aufnimmt. Dadurch fungiert das Pianomikrofon gewissermaßen als “Raummikrofon für die Drums”.
Ein weiteres Szenario ist das Vocal Recording, bei dem der Künstler einen halboffenen oder undichten Kopfhörer verwendet. Dadurch gelangen die Klänge aus den Kopfhörern in die Aufnahme, besonders während leiseren Passagen oder Pausen.
Wie klingt Übersprechen? Welche Probleme kann es verursachen?
Durch akustisches Übersprechen sind die einzelnen Instrumenten- oder Stimmsignale nicht sauber voneinander getrennt. Je nach Grad kann dies beim Mischen von Tonmaterial im Studio oder auch für den Live-Sound zu Problemen führen.
Wenn beispielsweise der Gitarrist in der Nähe der Drums steht, wird die Gitarre automatisch lauter, wenn das Schlagzeug im Mix lauter gemacht wird.
Außerdem unterscheidet sich der Klang, der durch Übersprechen entsteht, erheblich von einer direkt und aus geringer Entfernung aufgenommenen Schallquelle. Es gibt drei Hauptprobleme, die das Übersprechen verursachen kann:
1. Generell unsaubere, nicht isolierte Spuren
Durch das Übersprechen entsteht im übertragenen Sinne ein gewisses “Hintergrundrauschen”. Dies kann die Audiobearbeitung beim Mischen erschweren. Je sauberer und isolierter eine Spur ist, desto einfacher gestaltet sich das Mischen.
2. Dumpfer und verhallter Klang
Das übersprochene Signal im Hintergrund ist nicht einfach nur eine leise Version des Signals, das bei einer Nahabnahme der entsprechenden Schallquelle entstehen würde. Es weist Unterschiede in der Klangfarbe und dem Hallanteil auf, abhängig von der Entfernung und Ausrichtung des Mikrofons.
3. “Dünner”, “hohler” Sound durch den Kammerfiltereffekt
Das Übersprechen verschiedener Signale kann zu Laufzeitunterschieden führen, die den Kammfiltereffekt verursachen. Dies äußert sich oft in einem merkwürdig dünnen und kraftlosen Klang.
Übersprechen reduzieren oder komplett verhindern
Es gibt verschiedene Maßnahmen, um das Übersprechen zu reduzieren oder zu verhindern. Hier sind einige Tipps, die du ausprobieren kannst:
Allgemeine Tipps & Tricks
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Nimm jedes Instrument und jede Stimme einzeln auf, um das Übersprechen komplett zu verhindern. Wenn dies nicht möglich ist, kannst du verschiedene Aufnahmesessions für laute und leise Schallquellen durchführen.
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Verringere die Entfernung des Mikrofons zur gewünschten Schallquelle, um das Übersprechen zu reduzieren. Experimentiere auch mit dem Abstandsverhältnis zwischen den Mikrofonen.
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Verwende Mikrofone mit einer gerichteten Charakteristik wie Niere, Superniere oder Hyperniere, um unerwünschte Schallquellen zu minimieren.
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Nutze akustische Barrieren wie Akustikwände oder Plexiglas-Trennwände, um das Übersprechen zu verringern.
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Reduziere Schallreflexionen im Aufnahmeraum, um das Übersprechen zu minimieren. Eine optimierte Raumakustik kann dabei helfen.
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Trenne die Aufnahmen in getrennten Räumen, um das Übersprechen zu vermeiden. Stelle sicher, dass die Künstler sich gegenseitig per Kopfhörer hören können.
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Beschneide “klangfremde” Frequenzen per EQ/Filter, um das Übersprechen zu reduzieren.
Tipps für bestimmte Instrumente
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Experimentiere mit der Mikrofonposition und -richtung beim Schlagzeug, um das Übersprechen zu verringern. Du kannst auch Minitrennwände aus Pappe verwenden, um das Übersprechen bestimmter Schallquellen zu reduzieren.
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Verwende DI-Boxen oder hochohmige Eingänge für die Aufnahme von Gitarren und Bässen, um das Übersprechen zu vermeiden.
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Nutze piezoelektrische Tonabnehmer für akustische Gitarren und Bässe, um das Übersprechen zu verhindern.
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Verwende geschlossene Kopfhörer beim Recording von Gesang, um das Übersprechen zu reduzieren.
Übersprechen für lebendigen Sound einsetzen
Bleeding kann bis zu einem gewissen Grad wünschenswert sein, da es einen lebendigen und authentischen Klang verleiht. Das Übersprechen von Raumklängen kann eine gewisse Live-Atmosphäre erzeugen und in bestimmten Musikrichtungen wie Klassik, Jazz und Blues sehr vorteilhaft sein.
Es gibt verschiedene Methoden, das Übersprechen zu reduzieren oder zu verhindern. Jeder Musiker kann individuell die besten Lösungen für sein Setup finden.
Hast du Erfahrungen mit Übersprechen gemacht? Hast du weitere Tipps zur Reduzierung von Bleeding? Wir freuen uns über dein Feedback!