Das Trinken von alkoholfreiem Bier wird immer beliebter. In Deutschland macht die Produktion von “Bleifreiem” derzeit mehr als fünf Prozent der Gesamtproduktion aus. Es gibt kaum eine größere Brauerei, die keine alkoholfreie Variante herstellt. Aber wie genau braut man solch ein Bier – und vor allem, warum? Unser Experte Dennis Fix erklärt es.
Warum sollte man überhaupt Bier ohne Alkohol herstellen?
Alkoholfreies Bier gibt es in vielen Variationen, sowohl in Bezug auf den Bierstil als auch auf die Herstellungsmethode. Dabei sind alkoholfreie Biere in der Regel nie ganz “alkoholfrei”. Der Gesetzgeber erlaubt einen Alkoholgehalt von bis zu 0,5% in alkoholfreiem Bier. Im Labor darf der Wert aufgrund von Messungenauigkeiten sogar bis zu 0,55% betragen. Diese geringen Mengen Alkohol sind wichtig, denn Alkohol trägt zum Geschmack bei. Er sorgt für Komplexität und transportiert Aromen.
Wie wird der Alkohol aus dem Bier entfernt?
Es gibt verschiedene Methoden, um alkoholfreies Bier herzustellen:
Das Kältekontakt-Verfahren, auch bekannt als “gedrosselte Gärung”
Durch Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt verwandelt die Hefe den Malzzucker sehr langsam in Alkohol. Die Hefe darf nur solange wirken, bis der Alkoholgehalt von 0,5% erreicht ist. In dieser Zeit entwickelt sie auch Aromastoffe, die für den Geschmack des Bieres wichtig sind.
Die gestoppte Gärung
In vielen großen Brauereien wird die Würze für das alkoholfreie Bier wie üblich im Gärtank mit Hefe vergoren. Dies geschieht jedoch nur bis zu einem Alkoholgehalt von maximal 0,5%. Sobald das Bier den gewünschten Alkoholgehalt erreicht hat, wird es durch einen Kurzzeiterhitzer geleitet, der die Hefe abtötet.
Das Verfahren der Vakuumrektifikation
Nach einer herkömmlichen Gärung und ausreichender Reifezeit im Lagertank wird der Alkohol weitgehend verdampft und die verlorenen Geschmacksstoffe teilweise wieder zurückgeführt. Dies geschieht unter Vakuumbedingungen, ähnlich wie bei der Destillation. Dabei bleiben die Aromastoffe erhalten. Diese Art von alkoholfreiem Bier schmeckt besonders rein, da kaum noch oder gar kein Zucker mehr vorhanden ist. Der Hopfen kann sich besser entfalten.
Spezielle Filtrationstechniken
Die seltenste Methode, aber durchaus erwähnenswert, ist die Filtration durch feinporige Membranen wie die Umkehrosmose. Dabei wird Wasser und Alkohol aus dem Bier gepresst. Die abgefilterte Flüssigkeit wird solange mit Wasser verdünnt, bis der Grenzwert von 0,5% Alkohol unterschritten ist. Die sensorisch wichtigen Bestandteile bleiben dabei nahezu unberührt.
Neue Anwendungen
Einige Brauereien verwenden weitere Methoden wie Kombinationen der bisher bekannten Verfahren oder sie nutzen speziell gezüchtete Hefesorten, die einen sehr geringen Vergärungsgrad aufweisen. Oliver Wesseloh von der Kreativbrauerei Kehrwieder in Hamburg zum Beispiel hat sein alkoholfreies IPA mit einer Hefe hergestellt, die bereits bei ca. 0,4% Alkohol aufhört zu arbeiten. Danach sind keine weiteren Schritte erforderlich.
Warum trinkt man alkoholfreies Bier?
Meistens sind es Sportler und ernährungsbewusste Menschen. Alkoholfreies Bier ist isotonisch, nahrhaft und kalorienarm. Während ein normales Bier etwa 400 kcal pro Liter enthält, hat alkoholfreies Bier nur zwischen 180 und 250 kcal pro Liter. Der Alkoholgehalt ist so gering, dass er im menschlichen Körper kaum Auswirkungen hat. Es kann also auch von Autofahrern oder Schwangeren genossen werden. Einige zusätzliche Informationen zur Verdeutlichung: Eine reife Banane enthält etwa 0,6% Alkohol – also mehr als im alkoholfreien Bier je enthalten sein dürfte.
Eine Warnung bleibt jedoch: Kinder und trockene Alkoholiker sollten sich trotzdem vom alkoholfreien Bier fernhalten. Nicht wegen des geringen Alkoholgehalts, sondern wegen des Geschmacks – dieser verleitet zur Gewöhnung und senkt die Hemmschwelle, zu herkömmlichem Bier zu greifen.