Die beliebte Dating-App Tinder darf vorerst weiterhin im Play Store angeboten werden. Nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung haben sich die Muttergesellschaft Match und der Android-Betreiber Google auf einen vorübergehenden Kompromiss geeinigt, um einen Rauswurf der App zu verhindern. Auch andere Apps der Match Group, wie PlentyofFish und OkCupid, dürfen weiterhin im offiziellen Android-App-Store bleiben.
Kompromiss vor Gericht
Die Match Group und ihre Apps waren vom Rauswurf aus dem Play Store bedroht, weil das Unternehmen sich nicht an Googles Zahlrichtlinien halten wollte. Match wollte eigene Bezahlwege anbieten, um die obligatorischen Gebühren von Google zu umgehen. Nun haben beide Parteien vor Gericht einen vorübergehenden Kompromiss gefunden: Tinder und Co. dürfen vorerst ihre eigenen Zahlungsmethoden verwenden, aber Match muss 40 Millionen US-Dollar auf ein Treuhandkonto einzahlen. Zudem muss das Unternehmen genaue Aufzeichnungen über Zahlungen führen und festhalten, wie viel Google von den Transaktionen mit der offiziellen Zahlungsmethode zusteht.
Eine gerichtliche Entscheidung steht noch aus
Die vorübergehende Vereinbarung gilt bis zum Beginn des Gerichtsverfahrens im April 2023. Match hatte Google im Mai verklagt und behauptet, das Unternehmen missbrauche seine dominante Position auf dem Mobilmarkt. Zusätzlich hatte Match versucht, den Rauswurf von Tinder durch eine einstweilige Verfügung zu verhindern. Diesen Antrag hat Match nun aufgrund der gefundenen Kompromisslösung mit Google zurückgezogen.
Die langfristige Zukunft der Match-Apps auf Android und die Verwendung des Treuhandkontos werden beim Hauptgerichtsprozess in Kalifornien geklärt. Trotz der jüngsten Einigung beharrt Match in einer Pressemitteilung auf seinen Standpunkten und wirft Google wettbewerbswidriges Verhalten und Verstöße gegen das Kartellrecht vor. Match ist zuversichtlich, das Geld aus dem Treuhandkonto zurückerhalten zu können. Das Unternehmen kritisiert Google seit Jahren vehement. In der Klageschrift werden Marktmanipulation, Machtmissbrauch und gebrochene Versprechen von Google angeführt.
Google wirft Match in einem eigenen Blog-Eintrag vor, dass die veröffentlichte Pressemitteilung irreführend sei und Vereinbarungen aus der Kompromisslösung verletze. Google betont außerdem seinen Anspruch auf die Play-Store-Gebühr und argumentiert, dass Apps wie Tinder stark vom Play Store profitierten.
Verschärfte Richtlinien von Google
Seit dem 1. April akzeptiert Google keine Ausnahmen mehr von seinen Play-Store-Richtlinien. Alle Apps müssen ausschließlich Googles eigenes Zahlsystem für digitale Inhalte und Abonnements verwenden. Unternehmen, die sich nicht an diese Richtlinien halten, sollen ab dem 1. Juni aus dem Play Store entfernt werden.
Einige Unternehmen haben sich bisher gegen die Richtlinien von Google gesträubt, vor allem durch technische Tricks wie das Öffnen von Browser-Fenstern innerhalb der App. Mit den verschärften Richtlinien vom 1. April ist dies jedoch explizit nicht mehr erlaubt. Wer sein System bis zum 1. Juni nicht umstellt, soll aus dem Play Store entfernt werden. Die Apps aus dem Match-Portfolio verwenden jedoch ein eigenes Kreditkarten-Bezahlsystem, das häufiger genutzt wird als Googles eigenes Zahlsystem, so das Unternehmen laut Reuters.
Match-Chef Shar Dubey bezeichnete die Klage als letzten Ausweg. Wenn man sich an Googles Regeln halten würde, könnten mehrere Hundert Millionen US-Dollar verloren gehen. Dubey lehnt die Möglichkeit ab, Apps wie Tinder aus dem Play Store zu entfernen und nur noch über sogenanntes “Sideload” anzubieten.
Auch Amazon reagiert
Diese Frist setzt derzeit zahlreiche App-Anbieter unter Druck. Amazon hat sich entschieden, lieber überhaupt keine digitalen Güter in seinen Apps anzubieten, anstatt Googles Bezahlmethode zu implementieren und eine Gebühr abzugeben. In den Android-Apps von Audible und Amazon können deshalb keine Hörbücher und E-Books mehr gekauft werden. Stattdessen sollen die Inhalte über den Desktop erworben werden, wie Amazon in seinen Apps schreibt.
In den letzten Monaten ist der Druck auf Google weiter gestiegen. In Südkorea ist es Google bereits untersagt, eigene Bezahlmethoden mit unangemessenen Gebühren zu erzwingen. Die Regierung hat Google und Apple dazu verpflichtet, alternative Zahlungsmethoden zuzulassen. Mit dem Digital Markets Act könnten weitere Lockerungen für Google folgen.
(dahe)