Ich liebe androgyne Mode. Ein formeller Hemdkragen passt perfekt dazu, aber er sieht auch an femininen Blusenkleidern gut aus. Hemdkragen sind auch ein toller Kontrast zu lässigen Styles, wie zum Beispiel meinem Oversize-Kleid “Carrie”, das ich nach einem Schnitt aus der Zeitschrift La Maison Victor genäht habe.
Hemdkrägen zu nähen erfordert etwas Geduld und Zeit. Die Verarbeitung ist nicht schwierig, aber es hilft, ein paar Kniffe zu beachten, besonders wenn man ein Anfänger ist. Ich habe meine Verarbeitungsweise für Hemdkrägen dokumentiert, die ich während meiner Ausbildung zur Maßschneiderin gelernt habe. Ich denke, selbst erfahrene NäherInnen können hier noch etwas Neues lernen.
Hemdkragen nähen I: Der Kragen
Ihr benötigt zwei Kragenteile und zwei Kragenstege. Eins der Kragenteile verstärke ich mit Bügelvlies, welches jedoch nicht zu steif sein sollte, da der Kragen sonst nicht so schön fällt.
Bei manchen Schnittmustern gibt es separate Schnittteile für den Ober- und Unterkragen. Der Oberkragen sollte etwas weiter sein, da er später über den Unterkragen gelegt wird. Wenn beide Krägen gleich lang sind, wird der Oberkragen im fertigen Zustand ein bisschen kürzer sein und der Unterkragen wird sich nach oben schieben – und das wollen wir nicht.
Meistens sind Ober- und Unterkragen gleich groß. In diesem Fall könnt ihr das Schnittteil für den Unterkragen abpausen und rundherum ca. 2mm wegschneiden, oder ihr steckt die Schnittteile vor dem Nähen stufig aufeinander.
Die Kragenteile werden zusammengenäht. Verwendet dabei die vorgesehene Nahtzugabe und orientiert euch an der Kante des Unterkragens. Um sicherzugehen, dass die Ecken nach dem Wenden schön aussehen und der Kragen sich gut legt, schneidet die Nahtzugabe an den Kragenspitzen in einem flachen Winkel ab.
Die Nahtzugabe an der Außennaht des Kragens wird in regelmäßigen Abständen eingeschnitten. Die Einschnitte sollten zueinander versetzt sein, um eine schöne Kurve zu erhalten. Schneidet auch die Nahtzugabe an der kurzen vorderen Seite des Kragens schräg ein, damit später beim Annähen des Stegs nichts aufträgt.
Formt den Kragen und wendet ihn. Bügelt ihn so, dass die Naht von Ober- und Unterkragen auf der Unterseite verschwindet und der Oberkragen leicht über den Unterkragen ragt. Es ist ratsam, die beiden Lagen mit der Nähmaschine vor dem Weiterarbeiten temporär zusammenzuheften.
Hemdkragen nähen II: Kragen und Steg verbinden
Nun werden der Kragen und der Kragensteg miteinander verbunden. Der Kragen wird zwischen die beiden Stegteile gesteckt. Beginnt in der hinteren Mitte und steckt die drei Lagen dort aufeinander.
Nehmt euch dann die Enden des Stegs vor. Auf den Stegteilen gibt es immer eine Markierung für die vordere Mitte, die an einem kleinen Zwick erkennbar ist. Steckt den fertigen Kragen so, dass er genau dort beginnt, wo die Nahtlinie des Stegs auf die markierte vordere Mitte trifft. Achtet darauf, dass die Nahtlinie nach unten versetzt ist, da der Kragen schräg verläuft.
Steckt die restliche Strecke zwischen Anfang und hinterer Mitte fest und verteilt dabei die Weite gleichmäßig. Näht die Naht mit der vorgesehenen Nahtzugabe. Schneidet die Nahtzugabe zurück, damit sich die Naht gut legen kann. Anschließend wendet das Ganze und bügelt es so, dass die Naht der beiden Stegteile auf der Innenseite verschwindet.
Hemdkragen nähen III: Fertigen Kragen annähen
Wir befinden uns auf der Zielgeraden! Der Steg, der später außen sein wird, wird jetzt in den Halsausschnitt gesteckt. Beginnt wieder in der hinteren Mitte.
Die Kante der Knopfleiste bildet die vordere Kante. Steckt das vordere Ende des Stegs so, dass der letzte Stich der Naht direkt an der vorderen Kante liegt.
Steckt nun die restliche Strecke und näht den Steg in den Halsausschnitt. Beim Annähen hört vorne am Steg an der Naht auf und näht nicht bis zur Kante durch, damit die Nahtzugaben leichter entfernt werden können. Sichert die Naht gut.
Das erste Stegteil ist geschafft, jetzt kommt sein Gegenpart dran. Um vorne an der Knopfleiste einen schönen Übergang zu bekommen, der nicht knubbelig aussieht und auch bei geöffnetem Knopf schön ist, näht das zweite Stegteil von innen ein Stück weit zu.
Die offene Kante des Stegs wird eingeschlagen und festgesteckt. Achtet darauf, dass der Kragensteg nicht gerade verläuft, sondern in einer leichten Kurve. Steckt den Kragen entsprechend dieser Kurve fest.
Näht die eingeschlagene Kante von außen fest. Dabei soll die Nadel immer direkt in die Kante zwischen den Stofflagen stechen, wo die Naht von Steg und Halsausschnitt verläuft. Dies nennt man “im Nahtschatten” nähen. Fangt erst nach der ersten Nadel an und näht Stück für Stück. Zieht die Nadeln erst, wenn ihr mit der Nähmaschine kurz davor seid.
Der Kragen ist jetzt fertig! Wenn ihr möchtet, könnt ihr noch ein Knopfloch in den Kragensteg nähen. Das ist optional, aber ich mag es der Vollständigkeit halber. Zeichnet das Knopfloch ein und näht es mit dem Knopflochprogramm eurer Nähmaschine.
Das war’s! Ich gebe zu, dass ein Kragen am Anfang etwas aufwendig erscheinen mag. Aber nach ein oder zwei Versuchen wird es schnell gehen. Probiert es aus und näht euren eigenen perfekten Hemdkragen!
