Die Suche nach dem Ort, an dem Jesus gekreuzigt und begraben wurde, hat ein spektakuläres Ergebnis erbracht. Das Deutsche Evangelische Institut in Jerusalem hat in dreijähriger Planungs- und Bauzeit einen archäologischen Park namens “Durch die Zeiten” geschaffen, der am 1. November eröffnet wird. Dieser Park bietet einen Ort des Dialogs zwischen Glauben und Wissen auf Golgatha. Hier können Besucher die Geschichte der Heiligen Stadt erkunden, von den Gärten zur Zeit Jesu über die Zerstörungen durch die Römer bis zu den Kreuzfahrern und den muslimischen Herrschern.
Das Missverständnis der Lokalisierung
Im 19. Jahrhundert gerieten die christlichen Lokalisierungen in Palästina zunehmend in Frage, als die Bibel in den Fokus der aufgeklärten Quellenkritik geriet. Auch die Grabeskirche in Jerusalem stand unter Generalverdacht, da sie mitten in der antiken Stadt lag und Hinrichtungen und Beerdigungen außerhalb der Stadtmauern erfolgen mussten. Ein Fund schien jedoch das Gegenteil zu beweisen: Bei den Ausschachtungen für die Erlöserkirche stieß man auf eine massive Mauer, die als die sogenannte Zweite Mauer Jerusalems identifiziert wurde. Kaiser Wilhelm II. konnte daraufhin im Jahr 1898 seine Kirche einweihen, da Golgatha angeblich außerhalb der Mauer lag.
Eine überraschende Entdeckung
Allerdings stellten weitere Grabungen und Revisionen der vorhandenen Quellen und Befunde diese Gewissheit in Frage. Es stellte sich heraus, dass die Zweite Mauer nicht zur Zeit Jesu existierte und dass Golgatha beim Tode Jesu nicht auf bewohntem Gebiet lag. Stattdessen wurde unter der Mauer eine zwei Meter dicke Schicht aus frührömischer Zeit gefunden, aus den Trümmern der von Titus im Jahr 70 n. Chr. zerstörten Stadt.
Der Ort des römischen Venus-Heiligtums
Die Erklärung für diese Mauer liegt in einem dunklen Kapitel der Geschichte: Nach dem Aufstand des Bar Kochba im 2. Jahrhundert zerstörten die Römer Jerusalem und errichteten an seiner Stelle die Stadt Aelia Capitolina. Hier verboten sie den Juden das Wohnen unter Todesstrafe. Mitten in dieser Stadt errichtete Kaiser Hadrian ein Heiligtum der Venus (Aphrodite) als Repräsentantin des Imperiums. Dieses Heiligtum wurde später von Kaiser Konstantin als Ort für seine Grabeskirche ausgewählt.
Eine Erinnerung über die Jahrhunderte hinweg
Die Überzeugung, dass der in der Grabeskirche gezeigte Fels das neutestamentliche Golgatha ist, hat sich durch die Revision der vorhandenen Informationen gestärkt. Golgatha lag nicht direkt vor der Stadtmauer des Herodes, sondern in einem Steinbruch, den Hadrian auffüllen ließ, um darauf sein Heiligtum zu errichten. Die Beweise für diese Lokalisierung können nun vor Ort eingesehen werden.
Die Eröffnung des archäologischen Parks “Durch die Zeiten” bietet Pilgern und Besuchern eine einzigartige Möglichkeit, den Ort zu erleben, an dem Jesus gekreuzigt und begraben wurde. Es ist ein Ort des Dialogs, an dem Glaube und Wissen aufeinandertreffen und die Christenheit eine neue Gewissheit erhält.