Arzttermine über Doctolib – Praktisches Tool oder Datenkrake?

Arzttermine über Doctolib – Praktisches Tool oder Datenkrake?

Stundenlanges Warten in der Arztpraxis am Telefon war gestern! Mit Doctolib können Sie Ihren Arzttermin bequem online oder über Ihr Handy buchen. Immer mehr Arztpraxen und Krankenhäuser setzen auf dieses Terminmanagementsystem des französischen Unternehmens. Doch nicht jeder Patient ist begeistert, denn es stellt sich die Frage: Was passiert mit den Daten? SWR-Recherchen zeigen, dass Doctolib möglicherweise sogar über Daten von Patienten verfügt, die sich nie auf der Plattform angemeldet haben.

Doctolib-Nachrichten ohne Einverständniserklärung

Einige Patienten berichten von negativen Erfahrungen. In einem Fallbeispiel vereinbart eine Patientin bewusst telefonisch einen Termin im Schlaflabor der Uniklinik Mannheim. Ein Jahr später erhält sie plötzlich Erinnerungs-E-Mails und SMS von Doctolib. Die Rentnerin kennt das Terminportal überhaupt nicht. Woher hat Doctolib also ihre sensiblen Daten? Die Betroffene ist sich sicher, dass sie nirgendwo ihre Datenfreigabe unterschrieben hat. Als sie bei der Uniklinik nachfragt, erfährt sie, dass die Klinik jetzt Doctolib als Terminsoftware nutzt und ihre Kontaktdaten übermittelt wurden.

Terminmanagementsystem: Datenschutz für Patienten schwer durchschaubar

Damit ist sie kein Einzelfall. Die Daten vieler Patienten könnten ohne deren Wissen auf den Servern von Doctolib gespeichert sein. In der Vergangenheit geriet das Unternehmen bereits wegen Datenschutzverstößen in die Kritik, beispielsweise wurden Informationen zur Arztsuche an Facebook übermittelt. Datenschutzexperten sehen bedenkliche Entwicklungen im Netz und werfen Doctolib vor, das Patientengeheimnis zu verletzen.

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Wie funktioniert Doctolib?

Laut Doctolib nutzen bereits 13 Millionen Deutsche die Plattform und vereinbaren darüber monatlich rund 1,9 Millionen Termine online. Es gibt 25.000 Ärzte und Therapeuten, die teilnehmen – Tendenz steigend. Die Webseite ist frei im Internet zugänglich und ermöglicht die Arztsuche und Terminvereinbarung. Die kostenlose Doctolib-App kann auf das Mobiltelefon heruntergeladen werden. Nach der Anmeldung können Nutzer in der App nach Ärzten und Therapeuten suchen, Termine buchen, Versicherungsstatus und den Grund des Arztbesuchs angeben. Es werden schnell die nächsten verfügbaren Termine angezeigt.

Vorteile von Doctolib für die Arztpraxis

HNO-Arzt Tobias Ponert aus Karlsruhe übernahm im Januar 2022 eine Praxis – inklusive vieler Patienten. Doctolib bringt ihm als Arzt viele Vorteile. Mit 139 Euro pro Monat ist es wesentlich günstiger als eine zusätzliche Fachkraft, die hauptsächlich telefonieren würde. Zudem ist er als junge, moderne Praxis im Internet besser für jüngere Zielgruppen auffindbar.

Negativpreis für das Terminmanagementsystem

Datenschützer sind alarmiert. Doctolib erhielt 2021 sogar den Big Brother Award, den Negativpreis für sogenannte Datenkraken. Experten werfen dem Unternehmen vor, die Daten von Tausenden von Patienten zu verarbeiten und dabei das Patientengeheimnis zu missachten.

Patientendaten werden ständig ausgetauscht

Tatsächlich überträgt Doctolib die sensiblen Patientendaten ohne Zustimmung der Patienten. Doctolib geht es darum, möglichst viele Daten zu erhalten und damit ihr Geschäft zu machen. Dies entspricht jedoch nicht den rechtlichen Vorgaben. Die Datenübermittlung zu Doctolib ist offensichtlich nicht rechtmäßig.

Doctolib nimmt Stellung

Doctolib gibt an, dass keine Einwilligung der Patienten erforderlich ist, um ihre Daten in das Terminmanagementsystem zu übertragen. Es sei jedoch Pflicht für die Praxen, ihre Patienten über die Nutzung von Doctolib zu informieren.

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Wälzt Doctolib die Verantwortung auf die Ärzte ab?

Ein ehemaliger Mitarbeiter berichtet, dass das Thema Datenschutz bei Doctolib-Händlertrainings nur eine geringe Rolle spielte. Über die weitere Verarbeitung der Daten wurde nur vage informiert. Seit dem Markteintritt von Doctolib in Deutschland im Jahr 2016 verbreitet sich das Terminsystem rasant, und immer mehr Ärzte und Kliniken setzen es voraus.

Konsequenzen für Ärzte und Patienten

Die Rentnerin in unserem Fallbeispiel hat letztendlich die Vereinbarung mit Doctolib unterschrieben, obwohl sie Bedenken hatte. HNO-Arzt Tobias Ponert ist unschlüssig, ob er Doctolib in Zukunft weiter nutzen wird. Es gibt jedoch nur wenige Alternativen. Er wünscht sich ein zentrales Terminbuchungssystem, dem sowohl Ärzte als auch Patienten vertrauen können.

Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser

Die Berliner Datenschutzbehörde prüft derzeit mehrere Beschwerden gegen Doctolib. Es bleibt abzuwarten, welche Konsequenzen daraus resultieren werden.