Die Proteste gegen die bevorstehende Fußball-Weltmeisterschaft in Katar nehmen Fahrt auf. Fans und Vereine wie Herta BSC, Bayern München, RB Leipzig, SC Freiburg und BVB machen ihren Unmut über den Austragungsort deutlich und rufen zum Boykott der WM auf. Die Initiative “Boykott Quatar 2022”, der sich viele Fan-Organisationen angeschlossen haben, fordert Fußballfans auf, in diesem Jahr vollständig auf Fernsehübertragungen und Merchandise-Artikel zu verzichten. Von Sportlern und Funktionären wird eine klarere politische Positionierung erwartet und Medienvertreter werden aufgefordert, neben der Sportberichterstattung auch über kritische Aspekte aus Katar zu informieren.
Empörung über gravierende Menschenrechtsverletzungen
Besonders die eklatanten Menschenrechtsverletzungen im Land sorgen für weltweite Empörung. Die Situation der Gastarbeiter*innen, die für den Stadionbau ins Land geholt wurden und unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten, steht im Fokus der Kritik. Amnesty International und Human Rights Watch fordern die Einrichtung eines Entschädigungsfonds, der von FIFA und Katar in Höhe der WM-Preisgelder eingerichtet werden soll. Der Deutsche Fußball-Bund unterstützt diese Forderung, während die Regierung in Katar sie ablehnt.
Homophobe Äußerungen des WM-Botschafters sorgen für Aufsehen
Die homophoben Äußerungen des katarischen WM-Botschafters Khalid Salman lösen international Empörung aus. Der Lesben- und Schwulenverband fordert die Regierung auf, alle diplomatischen Reisen während und zur WM in Katar abzusagen. Das Auswärtige Amt verurteilt ebenfalls die homophoben Äußerungen. Neben den Menschenrechtsverletzungen werfen auch die Umstände der WM-Vergabe an Katar Fragen auf. Kritiker*innen sprechen von einer gekauften WM und davon, dass die Vergabe allein kommerziellen Interessen folgte. Auch der Aspekt des Klimaschutzes wird aufgrund der vollklimatisierten Stadien in einem Wüstenemirat kritisiert.
Viele Menschen wollen die WM sowieso nicht sehen
Derzeit wird insbesondere über einen TV-Boykott der WM diskutiert. Wenn das Event nicht mehr gestoppt werden kann, sollte man zumindest nicht zuschauen, so die Überlegung einiger Fußballfans. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Sportschau zeigt, dass mehr als die Hälfte der Befragten die WM am Bildschirm boykottieren möchte. Nur 18 Prozent möchten genauso viele Spiele schauen wie bisher. Auch öffentliche Live-Übertragungen in Gaststätten, Bars und Kneipen werden wegen der Kritik am Veranstaltungsort in Frage gestellt. Der Einzelhandel zeigt sich enttäuscht über ein schlechtes Geschäft mit WM-Artikeln, wobei nicht nur die Empörung über den Austragungsort, sondern auch das Schmuddelwetter in Deutschland eine Rolle spielt.
Kritik an Schweigen der Fußballer und Funktionäre
Während Fans, Interessenvertreter und Politiker*innen die Menschenrechtsverstöße in Katar verurteilen, bleibt ein klares Statement von Fußballern und Funktionären oft aus. Nach der homophoben Äußerung des katarischen WM-Botschafters äußerten sich nur wenige öffentlich zu Katar. Einer von ihnen ist Nationalspieler Leon Goretzka, der die Aussage als absolut inakzeptabel bezeichnet. Der ehemalige Nationalspieler Thomas Hitzlsperger bedauert in einem Interview mit der Wochenzeitung “Die Zeit”, dass sich die Nationalspieler nicht klarer positionieren, zeigt aber auch Verständnis für ihre Zurückhaltung.