Der Dieselskandal hält die deutschen Gerichte weiterhin in Atem. Doch in zwei neuen Verfahren erlitten die klagenden Verbraucher eine Niederlage. In einem Fall wurde zwischen dem Autokauf und dem Leasing unterschieden, während in einem anderen Verfahren kein Betrug festgestellt wurde.
Keine Rückerstattung bei Leasing
Die Diesel-Kläger erhielten vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Fragen einen Rückschlag. Die obersten Zivilrichter in Karlsruhe entschieden, dass Leasing-Kunden, die ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Auto hatten, in der Regel keine Rückerstattungen erhalten (Az. VII ZR 192/20). Zudem wurden mehrere Schadenersatzklagen gegen Daimler wegen des sogenannten “Thermofensters” in Mercedes-Dieseln abgewiesen (Az. VII ZR 190/20 u.a.).
Beim Leasing erwirbt der Kunde das Auto nicht, sondern zahlt über einen bestimmten Zeitraum monatliche Raten für die Nutzung, ähnlich wie bei einer Miete. Hier erkannten die Richter einen wichtigen Unterschied zum Kauf: Während ein gekauftes Auto unter Umständen bis zur Verschrottung genutzt werde, habe die Fahrzeugnutzung beim Leasing einen eigenen, zeitlich begrenzten Wert.
Deshalb gilt laut dem Senat folgender Grundsatz: Wer seinen Diesel über die gesamte Leasing-Dauer “ohne wesentliche Einschränkung” nutzen konnte, hat keinen Anspruch auf Schadenersatz. Der Kunde habe von der Nutzung profitiert und dafür Raten gezahlt – beides gleiche sich aus. Nur wenn zuvor vereinbart wurde, dass der Kunde das Auto nach der Leasing-Dauer übernimmt, wäre eine Ausnahme möglich. Dies war jedoch nicht der Fall. Volkswagen begrüßte das Urteil und betonte, dass der BGH die vorherrschende Meinung der höchsten Gerichte bestätigt habe. Die Entscheidung betrifft eine große Anzahl von Fahrzeugen.
Keine Beweise für Audi-Beteiligung
Der Kläger, ein Mann aus dem Ostalbkreis in Baden-Württemberg, hatte seinen Audi mit dem Skandalmotor EA189 vier Jahre lang geleast und dann gekauft. Neben den Leasing-Raten wollte er den Kaufpreis zurückerstattet bekommen. Dies wäre nach der Rechtsprechung des BGH im VW-Abgasskandal eigentlich möglich. Betroffene können ihr Auto zurückgeben, erhalten jedoch nicht den vollen Kaufpreis. Es wird eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer abgezogen.
Das Problem hier liegt darin, dass der Mann nicht den Mutterkonzern VW, sondern die Tochtergesellschaft Audi verklagt hat. Obwohl der Motor EA189 mit der illegalen Abgastechnik auch in Audi-Fahrzeugen verwendet wurde, wurde er von VW entwickelt. Bisher fehlen dem BGH ausreichende Anhaltspunkte für eine Verstrickung der Audi-Verantwortlichen in die Kundenmanipulation. Der Kläger hat jedoch die Möglichkeit, vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Stuttgart weitere Beweise vorzulegen.
Volkswagen hatte in Millionen von Dieselautos heimlich eine Betrugssoftware installiert, die in Behördentests die tatsächliche Schadstoffbelastung verschleierte. Seit heute müssen sich deshalb vier ehemalige Manager und Ingenieure in einem Strafprozess vor dem Landgericht Braunschweig verantworten.
“Thermofenster” bei Daimler nicht mit VW vergleichbar
Im Fall von Daimler werfen Tausende Kläger dem Stuttgarter Automobilhersteller vor, in Dieselautos ebenfalls eine illegale Abschalteinrichtung verwendet zu haben – das sogenannte “Thermofenster”. Diese Technik, die auch von anderen Herstellern standardmäßig eingesetzt wurde, betrifft die Abgasreinigung. Um die Stickoxidemissionen zu reduzieren, werden ein Teil der Abgase direkt im Motor verbrannt. Bei niedrigeren Außentemperaturen wird dieser Mechanismus automatisch gedrosselt. Die Hersteller argumentieren, dass dies notwendig sei, um den Motor zu schützen.
Der BGH hat sich bereits mehrfach mit dem “Thermofenster” befasst und betont, dass der Vergleich mit VW hinkt. Die Betrugssoftware von VW schaltete auf dem Prüfstand in einen anderen Modus. Das “Thermofenster” hingegen funktioniert immer gleich – sowohl auf der Straße als auch im Test.
Diesmal war eine andere Kammer zuständig, aber sie bestätigte frühere Entscheidungen, wonach Daimler nicht automatisch Betrugsabsichten vorgeworfen werden können, nur weil sie diese Technik verwenden. Um den Herstellern Betrug nachweisen zu können, müsste konkret nachgewiesen werden, dass sie die Behörden bewusst getäuscht haben wollten. Bisher wurden keine konkreten Beweise dafür vorgelegt, auch nicht von den vier Autokäufern, deren Klagen jetzt abgelehnt wurden.
In der vorherigen Instanz vor dem OLG Koblenz hatten diese behauptet, Daimler habe den Mechanismus genau auf die Prüfbedingungen abgestimmt, um die Grenzwerte einzuhalten. Die BGH-Richter sahen jedoch keine Belege dafür. Daimler begrüßte die Entscheidung und betonte, dass sie eine Signalwirkung für tausende Gerichtsverfahren in Deutschland habe. Der Anwalt der Kläger vor dem BGH, Siegfried Mennemeyer, kritisierte, dass den Verbrauchern Informationen abverlangt würden, die sie gar nicht besitzen könnten. Es sei an der Zeit, ein Sachverständigengutachten einzuholen, um Licht ins Dunkel zu bringen.