Autoimmunphänomene: Was uns SLE über COVID-19 verrät

Autoimmunphänomene: Was uns SLE über COVID-19 verrät

Das Risiko schwerer Verläufe nach einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus hängt wesentlich vom Inflammationsgeschehen im Wirt ab. Daher lohnt es sich, Autoimmunphänomene bei COVID-19 genauer zu untersuchen, sowohl im Hinblick auf Therapieoptionen als auch auf die Bewertung der Impfreaktionen.

Autoimmuneffekte durch Viren

Autoimmunität kann durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden, indem das Immunsystem überstimuliert wird. Es ist längst bekannt, dass Viren ein wesentlicher Bestandteil derjenigen Umweltfaktoren sind, die zur Produktion von Autoimmunantikörpern und Autoimmunerkrankungen beitragen können. Das Epstein-Barr-Virus (EBV), das Cytomegalievirus (CMV) und das humane Immundefizienzvirus (HIV) sind alles Viren, bei denen die Fähigkeit zur Induktion von Autoantikörperbildung und Autoimmunität nachgewiesen wurde.

Ähnliches wurde nun auch bei COVID-19-Patienten beschrieben. Die Hyperstimulation des Immunsystems als Folge einer SARS-CoV-2-Infektion geht mit einer intensiven Zytokinproduktion einher (IL-6, IL-1ß, IL-10, IL-17, TNFα, GM-CSF) und kann autoinflammatorische Phänomene wie das Makrophagenaktivierungssyndrom auslösen. Zudem lässt sich bei COVID-19 auch eine B-Zell-Aktivierung beobachten, die derjenigen bei systemischem Lupus erythematodes (SLE) stark ähnelt. Auch wurden bei kritisch kranken COVID-19-Patienten Antiphospholipid-Antikörper identifiziert, die bei Patienten mit mildem Verlauf nicht nachgewiesen wurden.

Vielzahl von Autoantikörpern

Neben den Antiphospholipid-Antikörpern wurden auch weitere Autoantikörper im Zusammenhang mit COVID-19 beschrieben, darunter antinukleäre Antikörper (ANA), ADAMTS13-Antikörper und SSA/Ro-Antikörper. Es ist jedoch fraglich, ob in jedem Fall ausgeschlossen werden konnte, dass diese Patienten nicht bereits vorher solche Autoantikörper aufwiesen.

Es gibt auch Berichte über Patienten, die gleichzeitig an COVID-19 und an einer ANCA-assoziierten Vaskulitis (AAV) mit Nierenbeteiligung erkrankt waren. Ob hier ein kausaler Zusammenhang besteht oder ob es sich um einen Zufall handelt, lässt sich nicht mehr klären. Ähnliches gilt für die Fälle von Morbus Basedow im Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2-Infektion. Hingegen ist eine mit SARS-CoV-2 assoziierte autoimmune Myositis recht gut charakterisiert, obwohl keine konsistenten Nachweise von Autoantikörpern vorliegen.

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Autoimmunität und Impfreaktion

In letzter Zeit gab es vermehrt Berichte über das erstmalige Auftreten oder Rezidive von Autoimmunerkrankungen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung gegen SARS-CoV-2. Dabei ist Vorsicht geboten, da bei einer großen Anzahl von geimpften Menschen auch einige zufällig gewisse Krankheiten entwickeln können. Es konnte jedoch beobachtet werden, dass verschiedene autoimmune Nierenerkrankungen nach Impfungen gegen SARS-CoV-2 aufgetreten sind. Auch das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) wurde vermehrt beschrieben. Es gibt jedoch bisher keine eindeutigen Beweise für eine Kausalität zwischen der Impfung und dem Auftreten von Autoimmunerkrankungen.

Es liegt nahe, dass das Spike-Protein von SARS-CoV-2, auf dem auch die Impfstoffe basieren, aufgrund von molekularer Mimikry im Immunsystem Verwechslungen begünstigt.

Fazit

COVID-19 ist mit einer Reihe von Autoimmunphänomenen assoziiert. Obwohl die publizierten Fallberichte in der Regel keine Kausalität belegen können, gibt es doch zahlreiche Hinweise darauf, dass SARS-CoV-2, vermutlich durch molekulare Mimikry, die Entwicklung von Autoimmunität begünstigt und dass unerwünschte, immunologisch vermittelte Reaktionen nach Impfungen gegen das Coronavirus auftreten.

Diese Erkenntnisse eröffnen möglicherweise neue Therapieansätze für die Behandlung von durch COVID-19 induzierten Autoimmunkomplikationen. Es gibt bereits einige immunmodulatorische und immunsuppressive Medikamente, die sich bei der Behandlung von COVID-19 als wirksam erwiesen haben. Weitere Forschung ist jedoch erforderlich, um das genaue Zusammenspiel zwischen SARS-CoV-2-Infektion, Autoimmunität und Autoinflammation besser zu verstehen. Es besteht die Hoffnung, dass dies zur Entwicklung neuer zielgerichteter Therapien für COVID-19-induzierte Autoimmunkomplikationen führen wird.

PD Dr. Daniel Kraus, Prof. Dr. Julia Weinmann-Menke
I. Medizinische Klinik und Poliklinik, Schwerpunkt Nephrologie und Nierentransplantation, Universitätsmedizin Mainz

Interessenkonflikte: Prof. Dr. med. Weinmann-Menke erhielt Honorare von GSK, AstraZeneca und der Deutschen Transplantationsgesellschaft. PD Dr. med. Kraus erklärt, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

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