Berliner oder Münchner Modell – Eingewöhnungsmodelle im Vergleich

Berliner oder Münchner Modell – Eingewöhnungsmodelle im Vergleich

Die Eingewöhnung in eine außerfamiliale Betreuungseinrichtung spielt eine entscheidende Rolle für die Entwicklung von Kleinkindern. Dabei sind das Berliner und Münchner Modell die beiden bekanntesten Eingewöhnungspraktiken. Beide Modelle basieren auf Bowlbys Bindungstheorie und legen großen Wert auf eine sichere Bindung zwischen Kind und Betreuungsperson. Im Folgenden werden die beiden Modelle kurz vorgestellt und miteinander verglichen.

Berliner Eingewöhnungsmodell

Das Berliner Modell, entwickelt im Rahmen des INFANS-Modells von Laewen et al., legt den Fokus auf die Beziehung zwischen Kind und Eingewöhnungserzieherin. Vor Beginn der eigentlichen Eingewöhnung findet ein gemeinsames Gespräch mit den Eltern statt, um Informationen über das Kind und seine Bedürfnisse auszutauschen.

Grundphase

In der ersten dreitägigen Phase begleitet die Bezugsperson das Kind für etwa 1-1,5 Stunden in der Einrichtung. Die Bezugsperson verhält sich passiv, ist aber für das Kind als sichere Basis präsent. Das Kind kann die Umgebung erkunden und erste Kontakte mit der Fachkraft knüpfen.

Trennungsversuch

Am vierten Tag erfolgt der erste Trennungsversuch. Die Bezugsperson verlässt die Einrichtung kurz, bleibt aber in der Nähe. Die Reaktion des Kindes auf die Trennung bestimmt den weiteren Verlauf der Eingewöhnung. Akzeptiert das Kind die Trennung, kann diese auf ca. 30 Minuten ausgeweitet werden. Akzeptiert das Kind die Trennung nicht, kehrt die Bezugsperson zurück und es werden weitere Trennungsversuche erst später unternommen.

Stabilisierungsphase

Wenn das Kind die Trennungen gut verkraftet, kann es ohne die Bezugsperson in der Einrichtung bleiben. Die Dauer wird schrittweise erhöht, abhängig von den Bedürfnissen des Kindes. Die Fachkraft übernimmt die Aufgaben der Bezugsperson und sorgt für Versorgung und Spielmöglichkeiten.

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Schlussphase

In dieser Phase akzeptiert das Kind die Fachkraft als sicheren Hafen und die Bezugsperson kann auch für längere Zeit abwesend sein. Das Kind gewöhnt sich nach und nach an den Tagesablauf in der Einrichtung.

Münchner Eingewöhnungsmodell

Das Münchner Modell basiert auf dem Berliner Modell und wurde unter Federführung von Kuno Beller weiterentwickelt. Hier steht die Kindergruppe im Mittelpunkt der Eingewöhnung.

Vorbereitungsphase

In einem ersten Gespräch zwischen Eltern und Bezugserzieherin werden die Rahmenbedingungen und die Bedürfnisse des Kindes besprochen.

Kennenlernphase

Das Kind nimmt gemeinsam mit der Bezugsperson für etwa eine Woche am Tagesablauf der Einrichtung teil. Es lernt die Abläufe kennen und kann sich in Ruhe orientieren. Die Bezugsperson bietet Sicherheit und fungiert als Rückzugsort.

Sicherheitsphase

Die Fachkraft übernimmt nach und nach die Versorgungsaufgaben und bietet sich als Spiel- und Entdeckungspartner an. Die Bezugsperson ist weiterhin präsent und bietet Sicherheit.

Vertrauensphase

Die Fachkraft übernimmt immer mehr Aufgaben und die Bezugsperson tritt in den Hintergrund. Das Kind kann sich von der Bezugsperson trennen und mit der Fachkraft interagieren.

Phase der Reflexion

Das Kind nimmt ohne Ängste am Tagesablauf teil und sucht Kontakt zur Kindergruppe. Die Eltern gewöhnen sich an den neuen Alltag. Es findet ein Reflexionsgespräch statt, um den Verlauf der Eingewöhnung zu besprechen.

Vergleich der Modelle

Beide Modelle basieren auf den grundlegenden Prinzipien der Bindungstheorie und legen Wert auf eine sorgfältige und schrittweise Eingewöhnung. Das Berliner Modell hat eine kürzere Dauer von etwa 14 Tagen bis 4 Wochen, während das Münchner Modell etwa 5-6 Wochen dauert. Das Münchner Modell berücksichtigt stärker die Rolle der Kindergruppe bei der Eingewöhnung und ermöglicht den Eltern, den Alltag in der Einrichtung mitzuerleben. Beide Modelle sind erprobt und erfolgreich umgesetzt worden und können auch für ältere Kinder angepasst werden.

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Insgesamt steht bei beiden Modellen das Kind mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt. Die Planung und Absprachen zur Eingewöhnung basieren auf den individuellen Reaktionen des Kindes und den Bedürfnissen der Familie. Die Einbeziehung aller Beteiligten ist ein wichtiges Qualitätskriterium für Eingewöhnungsmodelle. Jede Einrichtung kann jedoch ihre eigenen Gegebenheiten mit einbringen und das Modell anpassen.

Quellen:

  • Bauer, M.; Klamer, K. & Veit, M. (2009): „So gelingt der Start in die Kita!“ Bindungsorientierte Eingewöhnung.
  • Roßbach, H.-G.; Kluczniok, K. (2006): Institutionelle Übergänge in der Frühpädagogik.
  • Spieß, T. (2016): Eingewöhnung nach dem „Münchener Eingewöhnungsmodell“.