Berliner Testament: Enterbt das erste Elternteil die Kinder?

Berliner Testament: Enterbt das erste Elternteil die Kinder?

Ein Berliner Testament ist eine gemeinsame Verfügung von Ehepartnern über ihr Vermögen, die nach dem Tod des ersten Elternteils in Kraft tritt. Es hat jedoch Auswirkungen auf die Erbansprüche der Kinder, da sie zunächst enterbt werden. Erst nach dem Tod des zweiten Elternteils erben sie.

Doch dieses Konstrukt kann von den Kindern umgangen werden, indem sie beim Tod des ersten Elternteils ihren Pflichtteil einfordern. Dieses Recht steht ihnen zu und kann den überlebenden Elternteil finanziell belasten, insbesondere wenn der Nachlass hauptsächlich aus einer Immobilie besteht, die verkauft werden müsste, um den Pflichtteil zu bezahlen. Es gibt jedoch Alternativen, wie zum Beispiel die Aufnahme eines Darlehens in Höhe des Pflichtteils, das mit einer Grundschuld auf das Haus abgesichert ist.

Um diese Situation zu verhindern, können sogenannte Pflichtteils-Strafklauseln in das Berliner Testament aufgenommen werden. Diese sollen die Kinder davon abhalten, beim Tod des ersten Elternteils ihren Pflichtteil zu fordern. Wer den Pflichtteil verlangt, enterbt sich selbst. Doch trotz einer solchen Klausel kann das Kind nach dem Tod des ersten Elternteils immer noch den Pflichtteil verlangen – also die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Stirbt dann auch der länger lebende Elternteil, kann der Nachkomme erneut seinen Pflichtteil einfordern. Dadurch wird er in der Regel wirtschaftlich kaum schlechter gestellt als die anderen Erben.

Hier sind zwei Beispiele, die zeigen, wie sich die Pflichtteils-Strafklausel auswirken kann:

Beispiel 1: Auswirkungen der Pflichtteils-Strafklausel

Albert und Berta sind verheiratet und haben jeweils ein Vermögen von 400.000 Euro angespart. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, Clara und Dirk. Stirbt Albert, würde Berta nach gesetzlicher Erbfolge die Hälfte erben (200.000 Euro) und die beiden Kinder je ein Viertel (100.000 Euro).

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Die Eltern haben ein Berliner Testament mit einer Pflichtteils-Strafklausel aufgesetzt. Nach dem Tod von Albert erbt die Mutter zunächst alles, die Kinder erst nach dem Tod der Mutter. Wenn Tochter Clara nach dem Tod des Vaters ihren Pflichtteil verlangt, bekommt sie sofort die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also ein Achtel von 400.000 Euro (= 50.000 Euro). Den Rest erbt die Mutter (350.000 Euro).

Wenn nach einer gewissen Zeit auch Berta stirbt, erben die Kinder eigentlich jeweils die Hälfte des gesamten Vermögens, also jeder die Hälfte von 750.000 Euro – vorausgesetzt, das Vermögen ist nicht gesunken. Da Clara jedoch ihren Pflichtteil nach dem Tod des Vaters gefordert hatte, erhält sie auch jetzt nur den Pflichtteil aus Bertas Nachlass, also nur ein Viertel (187.500 Euro). Dirk dagegen erbt drei Viertel (562.500 Euro).

Clara stellt sich mit ihrem Widerstand gegen das Berliner Testament erheblich schlechter, sie bekommt insgesamt nur 237.500 Euro. Ihr Bruder erbt mehr als das Doppelte.

Beispiel 2: Auswirkungen der Strafklausel bei weniger Vermögen

Bis zum Tod der Mutter ist ihr gesamtes Vermögen auf 200.000 Euro geschrumpft. Stirbt sie, erben die Kinder eigentlich jeweils die Hälfte. Da Clara jedoch nach dem Tod des Vaters ihren Pflichtteil verlangt hatte (50.000 Euro), bekommt sie auch jetzt nur den Pflichtteil, also nur ein Viertel der 200.000 Euro (= 50.000 Euro). Dirk erbt 150.000 Euro. Clara erhält insgesamt nur 100.000 Euro.

Wenn in Bertas Nachlass insgesamt nur noch 100.000 Euro vorhanden sind, erhält Clara ihren Pflichtteil von 25.000 Euro, und Dirk erbt die verbleibenden 75.000 Euro. Clara hatte jedoch bereits nach dem Tod des Vaters einen Pflichtteil von 50.000 Euro erhalten. In diesem Fall erhalten beide Kinder insgesamt die gleiche Summe. Clara konnte jedoch viel früher über einen Teil des Geldes verfügen.

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Wer eine Strafklausel in das gemeinschaftliche Testament aufnehmen möchte, sollte sich von einem Rechtsanwalt oder Notar beraten lassen. Es gibt viele Regelungen, die nicht das gewünschte Ergebnis bringen. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, dass die Kinder ihren Pflichtteilsanspruch durchsetzen, insbesondere wenn sie dadurch Freibeträge bei der Erbschaftsteuer ausschöpfen können.