In Deutschland gibt es aktuell einige Berufe, in denen ein dramatischer Fachkräftemangel herrscht. Besonders betroffen sind Handwerksberufe wie die Bauelektrik, die Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie die Kraftfahrzeugtechnik. Im Jahr 2021 fehlten insgesamt über 87.000 Handwerkerinnen und Handwerker. Diese Berufe spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Energie- und Klimawende, beispielsweise bei der Installation von Solaranlagen oder der Optimierung von Heizungsanlagen.
Auch in der IT-Branche ist der Fachkräftemangel groß. Über 13.600 Stellen konnten nicht besetzt werden, was einen Rekordwert darstellt. Die Besetzung von IT-Stellen gestaltet sich besonders schwierig, da für neun von zehn offenen Stellen bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen zur Verfügung stehen. IT-Expertise wird jedoch dringend benötigt, um den digitalen Wandel in Wirtschaft und Verwaltung voranzutreiben.
Eine weitere Branche, die mit Fachkräftemangel zu kämpfen hat, sind Berufskraftfahrerinnen und -fahrer. Nach einem deutlichen Nachfrageeinbruch während der Corona-Pandemie finden sich auch sie wieder auf der Liste der Berufe mit den größten Fachkräftelücken. Da die Beschäftigten in diesem Beruf überdurchschnittlich alt und ein Nachwuchsmangel zu verzeichnen ist, ist eine Verschärfung der Fachkräftesituation zu erwarten.
Eine Analyse der Beschäftigtenstruktur zeigt, dass die zehn Berufe mit den größten Fachkräftelücken stark nach Geschlecht segregiert sind. Während in Berufen im sozialen oder gesundheitlichen Bereich, wie beispielsweise Sozialarbeit und Sozialpädagogik oder Kinderbetreuung und -erziehung, ein hoher Frauenanteil zu verzeichnen ist (zwischen 76,6 Prozent und 86,7 Prozent), ist dies in gewerblich-technischen Berufen genau umgekehrt. Bei den Informatikexpertinnen und -experten lag der Frauenanteil immerhin bei 19,3 Prozent, während er in anderen Berufen wie der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik oder der Kraftfahrzeugtechnik extrem niedrig war (0,4 Prozent bis 4,5 Prozent).
Es ist offensichtlich, dass es bisher nicht gelungen ist, sowohl Bewerberinnen als auch Bewerber gleichermaßen für diese Berufe zu begeistern. Um Geschlechterklischees bei der Berufswahl aufzubrechen, ist es wichtig, bereits in der Schulzeit bei der Berufsorientierung anzusetzen. Die Initiative Klischeefrei verfolgt genau diesen Ansatz. Unternehmen, Verbände und Innungen können ebenfalls dazu beitragen, indem sie die eigene Attraktivität als Arbeitgeber und Branche sowie die der entsprechenden Berufe durch eine gendergerechte Ansprache und Förderung erhöhen.
Um dem Fachkräftemangel generell entgegenzuwirken, könnte beispielsweise eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie geschaffen werden, um Eltern die Möglichkeit zu geben, mehr Stunden zu arbeiten oder früher aus der Elternzeit zurückzukehren. Zudem wird es angesichts des demografischen Wandels in Zukunft auch mehr qualifizierte Zuwanderung benötigen, um den Fachkräftebedarf zu decken.
Methodische Hinweise
Von einem Fachkräftemangel wird gesprochen, wenn das Angebot an passend qualifizierten Arbeitskräften in einem bestimmten Beruf einer bestimmten Region geringer ist als die Arbeitsnachfrage der Arbeitgeber. Zur Berechnung des Fachkräftemangels werden sowohl die offenen Stellen, die bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet werden, als auch die registrierten Arbeitslosen berücksichtigt. Da nicht alle offenen Stellen bei den Arbeitsagenturen gemeldet werden, werden die offenen Stellen anhand von Meldequoten der IAB-Stellenerhebung hochgerechnet und um Sondereffekte der Zeitarbeit bereinigt. Die Differenz zwischen den offenen Stellen und den Arbeitslosen gibt die Fachkräftelücke an, also die Anzahl an offenen Stellen, die nicht mit passend qualifizierten Arbeitslosen besetzt werden können. Die Stellenüberhangsquote beschreibt den Anteil der Stellen, die nicht besetzt werden können, da keine passend qualifizierten Arbeitslosen zur Verfügung stehen, an allen offenen Stellen für den Beruf.
