Biozide im Haushalt: Unterschätzte Risiken für Mensch und Umwelt

Biozide im Haushalt

Biozide sind Pestizide, die in der Landwirtschaft hauptsächlich als Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Im Gegensatz dazu begegnen uns Biozidprodukte jedoch in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens, immer dann, wenn die Gesundheit von Mensch, Tier oder Materialien geschützt werden soll. Sie werden verwendet, um Bakterien, Viren, Pilze (wie Schimmel), schädliche Insekten (wie Lebensmittelmotten oder Mehlkäfer), Wirbeltiere (wie Ratten) und andere Schadorganismen zu bekämpfen oder fernzuhalten.

Biozidprodukte werden jedoch oft falsch verstanden. Viele Menschen halten sie aufgrund des Wortteils “Bio” für harmlos und sind sich nicht bewusst, dass sie Pestizid-Wirkstoffe enthalten. Im Gegensatz zu Pflanzenschutzmitteln, die nur in abgesperrten Schränken und mit ausführlicher Aufklärung verkauft werden dürfen, sind Biozidprodukte frei verkäuflich.

Es gibt vier Hauptgruppen von Biozidprodukten, die je nach Anwendungsbereich unterteilt werden: Desinfektionsmittel, Schutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel und sonstige Biozidprodukte.

Beispiele für Biozide und ihre Anwendungsbereiche im Haushalt

In der Küche:

Biozide in der Küche

Die Grafiken zeigen, wo im Haushalt Biozidprodukte und mit Bioziden behandelte Waren zu finden sind, ohne dass die Nutzer davon wissen. Außerdem wird dargestellt, welche Schädlinge in verschiedenen Wohnbereichen auftreten können, wenn keine vorbeugenden Maßnahmen ergriffen werden.

Durch Klicken auf die rot hervorgehobenen Elemente erhält man weitere Informationen zu den jeweiligen Bioziden und Biozidprodukten sowie Tipps, wie man diese ungebetenen Gäste ohne den Einsatz von Bioziden verhindern oder reduzieren kann, um sich selbst und die Umwelt zu schonen.

Im Bad:

Biozide im Bad

Neues NABU-Faltblatt zu Bioziden

Das neue NABU-Faltblatt “Biozide im Überblick – Biozidprodukte erkennen und vermeiden” bietet weiterführende Informationen zu Bioziden und Biozidprodukten. Darüber hinaus enthält es zusätzliche Tipps, wie man Biozidprodukte erkennen und vermeiden kann, sowie umfangreiche Empfehlungen für einen umweltfreundlicheren Einkauf.

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Wo kommen Biozide im Haushalt vor?

Im Haushalt werden zunehmend Desinfektionsmittel verwendet, die mit mehr Hygiene beim Putzen, Wischen oder Waschen werben. Manche Alltagsprodukte wie Waschmittel, Reiniger, Seifen und Geschirrspülmittel werden damit beworben, dass sie antimikrobiell, antibakteriell, antiviral oder ähnlich wirken und behaupten, “99,9 Prozent aller Viren, Bakterien und Pilze” zu entfernen. Hier handelt es sich also um Biozidprodukte, bei denen eine desinfizierende Funktion durch Biozide beabsichtigt ist.

Der wachsende Einsatz von Desinfektionsmitteln im Haushalt wird jedoch von Experten kritisch betrachtet. Das RKI, das BfR und das UBA halten die Verwendung von Desinfektionsmitteln in der Regel für nicht notwendig. Die Risiken für Mensch und Umwelt, die sich durch falsche Anwendung ergeben können, werden oft unterschätzt.

Es ist jedoch manchmal schwierig zu erkennen, wo Biozide sonst noch vorkommen. Immer häufiger handelt es sich um Gebrauchsgegenstände wie Müllbeutel, Schneidebretter, Arbeitsflächen, Duschvorhänge oder Textilien wie Unterwäsche, Kleidung, Vorhänge und Teppiche, die mit bioziden Funktionen ausgerüstet und mit “Hygienefunktion” oder “geruchshemmenden” Eigenschaften beworben werden. Bei solchen Produkten ist die biozide Wirkung oft nur sekundär, sie gelten daher als behandelte Waren ohne primäre Biozidfunktion.

Die Nutzung dieser Produkte ist mit verschiedenen Risiken verbunden, wie der Bildung von resistenten Bakterien, Kreuzresistenzen gegen Antibiotika oder allergischen Reaktionen. Eine Studie der Stiftung Warentest hat auch gezeigt, dass antimikrobielle Reiniger und Waschmittel im Vergleich zu konventionellen Produkten keine wesentliche Reduktion von Keimen bieten. Desinfektionsmittel sind in einigen Fällen, insbesondere im öffentlichen Gesundheitswesen, unerlässlich, jedoch im Privathaushalt oft unnötig, da einfache Hygienemaßnahmen mit handelsüblichen Reinigern ausreichen.

Gründe, auf Biozidprodukte zu verzichten

Eine überflüssige oder fehlerhafte Verwendung von Biozidprodukten kann die Umwelt unnötig belasten und negativ beeinflussen. Biozide sind meist nicht selektiv wirksam, das heißt, sie bekämpfen nicht nur Schädlinge, sondern schädigen oder töten auch viele andere Organismen, die als Nicht-Ziel-Organismen bezeichnet werden. So werden beispielsweise bei der Verwendung von Mäuseködern auch Greifvögel, Füchse oder Marder geschädigt.

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Zahlreiche Biozidprodukte werden im Außenbereich eingesetzt und gelangen unmittelbar in die Umwelt. Fassadenschutzmittel mit Algiziden gegen Algenbewuchs werden bei Regen ausgewaschen und gelangen so ins Grundwasser oder in Flüsse. Biozide können auch über indirekte Wege wie Kläranlagen in die Umwelt gelangen, da sie oft nicht herausgefiltert werden können.

Statt zu Biozidprodukten und behandelten Waren zu greifen, ist es besser, vorbeugende Maßnahmen zu treffen und umweltfreundlichere Alternativen zu wählen. In den meisten Fällen reichen einfache Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Saugen oder Waschen von Teppichen, Polstern und anderen Textilien sowie regelmäßige Reinigung von Arbeitsflächen und Geräten mit handelsüblichen Reinigern aus, um Keime zu reduzieren.

Ein sauberer Wohnbereich schafft ein unattraktives Umfeld für Schädlinge, sodass auf Schädlingsbekämpfungsmittel oft verzichtet werden kann.

Dieses Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie dem Umweltbundesamt unter dem Titel: “Zu Risiken und Nebenwirkungen – Pflanzenschutzmittel und Biozide als unsichtbare Bedrohung für Umwelt und Naturschutz sichtbar machen”.

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