Bloß nicht “Karnickel” sagen!

Bloß nicht “Karnickel” sagen!

Achim Utke ist ein echter Profi in der Kaninchenzucht. Bereits als Kind hatte er Kaninchen und ist in einer ländlichen Gegend in Vorpommern aufgewachsen. “Wir hatten viele Tiere”, erinnert er sich. Aber auch ohne Züchter zu sein, ist es bekannt, dass Kaninchen keine bunten Eier legen. Auch haben Kaninchen und Hasen nichts miteinander zu tun, auch wenn sie manchmal verwechselt werden. “Sonst hätte man schon längst versucht, sie miteinander zu kreuzen”, sagt Utke.

Der Unterschied zwischen Kaninchen und Hasen ist bereits bei der Geburt erkennbar. Kaninchen kommen nackt zur Welt, während Hasen mit Fell geboren werden. “Das ist gut so, denn Hasen sind auf den Feldern und im Wald unterwegs und würden sonst frieren”, erklärt er. Kaninchen hingegen leben unterirdisch in ihren Bauten, wo sie Röhren in die Erde graben.

Bei Achim Utke in Uenglingen leben die Kaninchen jedoch nicht unterirdisch. Die Kaninchenbuchten befinden sich in einem Anbau und Utke kümmert sich liebevoll um die Tiere. Sie werden zweimal am Tag gefüttert und bekommen derzeit Futterrüben, Karotten und Rote Bete. Sie essen immer das, was der Garten hergibt, im Einklang mit der Jahreszeit und der Natur. Die Buchten werden außerdem penibel sauber gehalten. Besonders bei den Jungtieren ist es wichtig, dass sie nicht mit dem Kot der Mutter in Berührung kommen, da dies lebensbedrohliche Krankheiten verursachen kann.

Obwohl es Unterschiede gibt, gibt es auch Gemeinsamkeiten zwischen Kaninchen und Hasen. Das weibliche Tier wird bei beiden Gattungen als “Häsin” bezeichnet und das männliche als “Rammler”. In biologischer Hinsicht werden sie auch als “Zibbe” und “Bock” bezeichnet. Doch Utke legt großen Wert darauf, dass seine Tiere nicht als “Karnickel” bezeichnet werden. Dies wäre herabwürdigend. “Zu DDR-Zeiten wurde das noch strenger gesehen. Wenn jemand im Verein ‘Karnickel’ sagte, musste er eine Runde ausgeben”, erinnert sich Utke. Seit 1970 ist er Mitglied im G 257, dem Rassekaninchenzuchtverein in Sachsen-Anhalt. Dieses “G” steht für das Bundesland und alle Rassekaninchenzuchtvereine tragen es. In anderen Regionen, wie Berlin-Brandenburg oder Sachsen, gibt es entsprechend andere Buchstaben. Diese Einteilung stammt bereits aus der Kaiserzeit.

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Für Utke waren die Kaninchen zu DDR-Zeiten ein einträgliches Geschäft. Ein ausgewachsenes Tier wurde damals für 50 Mark verkauft. Doch die meisten Kaninchen endeten nicht als Haustiere, sondern als Festtagsbraten. Für Utke ist es normal und Teil der Zucht. “Ich kann nicht jedes Tier aus einem Wurf behalten”, stellt er klar. Nur die schneeweißen Jungtiere entsprechen dem Rassestandard, die bunten nicht. Sogar eine nicht zum Standard gehörende Fellfärbung kann das Aus für ein Tier bedeuten. Diese Tiere werden dann abgegeben oder bei Familie Utke als Kaninchenbraten verzehrt. “Natürlich nicht täglich, aber alle sechs bis acht Wochen essen wir Kaninchen”, verrät er.

Ein Züchter muss eine gewisse Gelassenheit besitzen. Die Erfolge geben dem 78-jährigen Utke, der ursprünglich aus Schloppe in Hinterpommern stammt, recht. Er hat nicht nur bei Ausstellungsschauen und Wettbewerben Preise abgeräumt, sondern ist auch Bundesmeister und Bundessieger geworden. Seine Diele ist voll mit Pokalen, Tellern und Ehrentafeln. Er nahm sogar an einer Europameisterschaft teil und wurde Europachampion.

Für das abschließende Foto müssen Kaninchen und bunte Eier jedoch zusammengebracht werden. Doch Utke warnt schmunzelnd davor, die Häsin auf falsche Gedanken zu bringen, da sie sonst auch noch Eier legen möchte. Mutter und Nachwuchs kümmern sich jedoch nicht darum und interessieren sich eher für das mitgebrachte Grünzeug. Die Eier gibt es bei Utke zu Ostern. Ein Kaninchenbraten steht in diesem Jahr nicht auf dem Speiseplan.