Bulimie: Geheime Ess-Brech-Sucht

Bulimie: Geheime Ess-Brech-Sucht

Eine Bulimie ist nicht so offensichtlich wie eine Magersucht. Menschen, die an dieser Essstörung leiden, sind in der Regel normalgewichtig oder nur leicht untergewichtig. Manche von ihnen sind sogar übergewichtig. Die Fress-Brech-Anfälle finden meist im Geheimen statt und bleiben oft lange Zeit unbemerkt.

Wiederholte Episoden von Fressattacken

Während einer Heißhungerattacke verlieren Bulimie-Kranke jegliche Kontrolle. Sie verschlingen große Mengen sehr kalorienreicher Lebensmittel in kurzer Zeit. Der Kontrollverlust kann so stark sein, dass ihnen ihr Handeln zunächst nicht bewusst ist. In einer ein- bis zweistündigen Episode nehmen Bulimiker manchmal bis zu 10.000 Kalorien zu sich – das ist mehr als das Vierfache dessen, was ein gesunder Mensch an einem ganzen Tag benötigt. Frauen haben einen täglichen Bedarf von etwa 1.900 Kilokalorien.

Die Fressattacken werden oft durch Stress ausgelöst und dauern so lange an, bis ein unangenehmes Völlegefühl entsteht. Während des Essens empfinden manche Betroffene eine kurzzeitige Entspannung. Doch nach den Essattacken überkommt sie meistens Scham, Ekel und Selbstvorwürfe.

Maßnahmen gegen Gewichtszunahme

Um nicht zuzunehmen, versuchen Bulimie-Patienten, die Nahrung möglichst wieder aus ihrem Körper zu entfernen oder anderweitig gegenzusteuern. Es gibt zwei verschiedene Typen von Bulimikern:

  • Der “Purging-Typ”: Etwa 70 bis 90 Prozent der Bulimiker gehören zu dieser Gruppe. Sie erbrechen das Essen in den meisten Fällen sofort nach dem Verzehr wieder heraus. Dabei verwenden sie oft den Finger, um den Brechreiz zu provozieren. Manche setzen auch Hilfsmittel wie Holzlöffel ein, um sich zum Erbrechen zu bringen. Einige versuchen, ihr Gewicht auch durch Fasten, Abführmittel oder exzessive sportliche Aktivitäten zu halten.
  • Der “Nicht-Purging-Typ”: Diese Bulimiker reduzieren ihr Gewicht nicht durch Erbrechen, sondern durch strenges Fasten und übermäßige sportliche Aktivität. Dieser Typ ist jedoch seltener als der Purging-Typus.
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Um zu überprüfen, ob sie das Essen vollständig erbrochen haben, verzehren viele Bulimie-Patienten zu Beginn der Essanfälle ein farbiges Nahrungsmittel wie zum Beispiel Tomaten. Einige Bulimiker vom Purging-Typ setzen auch Abführmittel ein oder machen sich Einläufe.

Fixierung auf Figur und Gewicht

Ähnlich wie Magersüchtige achten auch Menschen, die an Bulimie leiden, sehr auf ihr Gewicht und haben große Angst, zuzunehmen. Ihre äußerliche Erscheinung ist ausschlaggebend für ihr Selbstwertgefühl. Nur schlanke Körper finden sie schön. Oft fällt Außenstehenden diese übertriebene Fixierung auf Figur und Ernährung als erstes auf.

Unterschiede zwischen Bulimie und Magersucht

Bulimie und Magersucht (Anorexia nervosa) sind nicht immer leicht zu unterscheiden. Tatsächlich beginnt eine Bulimie häufig mit einer Phase starken Gewichtsverlusts, bevor die Essattacken und das Erbrechen einsetzen. Die psychischen Hintergründe der beiden Erkrankungen sind jedoch grundverschieden.

  • Bulimie: Das Ziel ist eine sehr schlanke Figur (leichtes Untergewicht). Menschen mit Bulimie streben Anerkennung und Zugehörigkeit an. Ihr Gewichtsverlust erfolgt, um dem herrschenden Schönheitsideal zu entsprechen. Sie haben Angst vor Kontrollverlust und Vereinnahmung. Die Erkrankung löst Schamgefühle aus.
  • Magersucht: Das Ideal ist ein starkes Untergewicht, das von anderen als ungesund und unattraktiv betrachtet wird. Menschen mit Magersucht suchen Abgrenzung und Selbstkontrolle. Ihr Gewichtsverlust und die Essensverweigerung dienen als Ausdruck ihrer Selbstkontrolle und Askese. Sie haben Angst davor, verlassen oder ausgegrenzt zu werden. Oft sind sie stolz auf ihre Fähigkeit zur Askese.

Beide Erkrankungen können schwerwiegende Folgeerkrankungen nach sich ziehen, wobei das Risiko tödlicher Verläufe bei Magersucht höher ist.