Bürgernähe – Das Erfolgsrezept der dänischen Sozialdemokraten

Bürgernähe – Das Erfolgsrezept der dänischen Sozialdemokraten

Die dänischen Sozialdemokraten haben bei den letzten Wahlen in ihrem Land einen beeindruckenden Sieg mit 25,9 Prozent der Stimmen errungen. Gleichzeitig hat die rechtspopulistische Partei in Dänemark deutlich an Zustimmung verloren. Die Frage ist nun: Kann die SPD von diesem dänischen Erfolgsmodell lernen?

Empirische Studie zeigt Defizite der SPD

Um diese Frage zu beantworten, wollen wir uns nicht auf subjektive Meinungen stützen, sondern auf die Ergebnisse einer europaweiten repräsentativen Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem letzten Herbst. Diese befasste sich mit der Wahrnehmung sozialdemokratischer Parteien durch die Wähler. Dabei wurden sowohl die Werte, die den Menschen wichtig sind, als auch die Erwartungen in verschiedenen Politikbereichen abgefragt. Zudem wurde untersucht, inwieweit sich die Wähler, insbesondere die sozial schwächeren Gruppen, von diesen Parteien (noch) vertreten fühlen [^1^].

Praktisch in allen Bereichen zeigt sich, dass die dänischen Sozialdemokraten den Stimmungen und Erwartungen der Bevölkerung deutlich näher sind als die SPD. Keine andere Sozialdemokratie in Europa weist eine solche Nähe zu den Bürgern auf wie die unserer nördlichen Nachbarn. Während sich in Dänemark mehr als die Hälfte der Arbeiter, einfachen und mittleren Angestellten angemessen von den Sozialdemokraten vertreten fühlen, ist dies in Deutschland nur bei einem Viertel der Fall. Bei höheren Angestellten und Beamten sind es sogar nur 43 Prozent. Unter denjenigen, die sich selbst zur Unterschicht zählen, fühlen sich in Deutschland gerade einmal 10 Prozent von der Sozialdemokratie vertreten, während es in Dänemark 23 Prozent sind.

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Dänische Sozialdemokraten: Verankerung in der Mitte der Gesellschaft

Wie lässt sich diese Diskrepanz erklären? Worin liegt der Unterschied zwischen den dänischen Sozialdemokraten und der SPD? Entscheidend ist unserer Ansicht nach, dass die dänische Sozialdemokratie politisch fest in der Mitte der dänischen Gesellschaft verankert ist. Sie steht für die Werte, die den Dänen wichtig sind, und vertritt politische Lösungen, die den Erwartungen der Bürger nahekommen.

Für die Bürger beider Staaten sind die Werte “soziale Gerechtigkeit”, “Recht und Ordnung” sowie “die Einhaltung von Regeln” besonders wichtig. Die Dänen haben den Eindruck, dass diese Werte auch für die Sozialdemokratie von Bedeutung sind. In Deutschland hingegen wird der SPD von weiten Teilen der Wählerschaft eine Ambivalenz bis hin zu Distanz in Bezug auf diese Werte unterstellt, beispielsweise bei der Frage nach der Verbindlichkeit gesellschaftlicher Spielregeln. In der deutschen Durchschnittsbevölkerung bestehen erhebliche Zweifel, dass der SPD Werte wie Leistungsbereitschaft und -gerechtigkeit, Verantwortung für das eigene Leben und die Schaffung gleicher Lebensbedingungen für alle wichtig sind. Bei den dänischen Wählern hingegen gibt es in all diesen Fragen keine großen Unterschiede zwischen den eigenen Werten und denen der dänischen Sozialdemokraten.

Keine Probleme in der Wirtschafts- und Sozialpolitik

Vergleichsweise geringe Unterschiede zeigen sich hingegen in wirtschafts- und sozialpolitischen Themen. Sowohl die dänischen Sozialdemokraten als auch die SPD haben hier nur geringe Defizite in der Verankerung. Das gleiche gilt im Bereich gesellschaftspolitischer Fragen wie Toleranz, gesellschaftliche Liberalität und Gleichberechtigung. Hier treffen die sozialdemokratischen Parteien in ganz Europa die gesellschaftliche Stimmung recht genau.

Anders als oft angenommen, liegen die Probleme der SPD also weniger in wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Fragen. Im Gegenteil: Dies ist das Politikfeld, in dem die Erwartungen der Bürger und das Angebot der SPD immer noch am besten übereinstimmen. Das gilt auch für die Sozialpolitik, den Kernbereich der SPD. Lediglich in der Wohnungspolitik erfüllt die SPD nicht ausreichend die Erwartungen nach einer aktiveren Rolle des Staates bei der Bereitstellung bezahlbarer Wohnungen. Auch im Bereich Sozialstaatlichkeit ist die “Lücke” zwischen Bevölkerung und Sozialdemokratie in Dänemark deutlich geringer. Dies gilt insbesondere für die sozial schwachen Wähler.

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Ja zu Europa, aber etwas mehr Skepsis

Bei Fragen zu Europa und Globalisierung erhoffen sich viele Bürger von der SPD eine etwas zurückhaltendere Positionierung. Auch hier liegen die dänischen Sozialdemokraten mit einer skeptischeren Haltung näher an den Erwartungen und Stimmungen der dänischen Bevölkerung.

Ein deutlicher Kontrast zwischen den Wahlsiegern aus Dänemark und der SPD zeigt sich jedoch in den Fragen der Bürgerbeteiligung in der Kriminalitätsbekämpfung und Migrationspolitik. In diesen Bereichen sind die Unterschiede in der Nähe zu den Bürgern zwischen den beiden Parteien am größten. Während der Unterschied der dänischen Sozialdemokratie in diesen Fragen zur Meinung der Durchschnittsbevölkerung minimal ist, weist die SPD hier einen Abstand von 1,35 (Zuwanderung) bzw. 0,85 (Kriminalität) auf – den zweitgrößten Abstand aller untersuchten europäischen Parteien. Bei sozial schwächeren Wählern beträgt dieser Abstand sogar 1,75 Punkte (Zuwanderung) bzw. 1,3 Punkte (Kriminalität) – erneut die zweitgrößte Distanz.

60 Prozent der Deutschen fordern strengere Zuwanderungskontrolle

Diese Unterschiede beruhen nicht auf unterschiedlichen Erwartungen der deutschen und dänischen Gesellschaft in diesen Fragen. Die dänischen Bürger messen den Werten der Weltoffenheit und Toleranz sogar einen höheren Stellenwert bei als die Deutschen. Gleichzeitig befürwortet jedoch eine knappe Mehrheit der Dänen (52 Prozent) eine Begrenzung der Zuwanderung und stimmt damit mit der dänischen Sozialdemokratie überein. In Deutschland fällt die Forderung nach strengerer Zuwanderungskontrolle mit 60 Prozent sogar noch stärker aus als im Nachbarland. Selbst 55 Prozent der verbliebenen SPD-Wähler unterstützen dies – fühlen sich aber von der SPD nicht repräsentiert. Insbesondere die unteren sozialen Schichten, die sich schon bei der Agendapolitik vernachlässigt fühlten, sehen sich von der SPD nicht ausreichend unterstützt. Die Forderung nach strengerer Zuwanderungskontrolle als Ausdruck von Fremdenfeindlichkeit zu interpretieren, wie es in manchen SPD-Kreisen üblich ist, ignoriert die ungleiche Lastenverteilung der Migrationspolitik.

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Fazit: Vorbild für die ganze linke Mitte

Betrachtet man die Ergebnisse der Studie, erscheinen die dänischen Sozialdemokraten als Vorbild – nicht nur für die SPD, sondern für die gesamte linke Mitte Europas. Sie gewinnen Wahlen, weil sie Positionen vertreten, die den Erwartungen der Wähler deutlich näherkommen als die anderer Mitte-Links-Parteien in Europa. Die SPD sollte sich dieser Tatsache stellen und ihre Erneuerungsbemühungen auf ihr eigentliches Problem konzentrieren. Es geht nicht um Personalfragen, sondern um die Positionierung der Partei in zentralen politischen Herausforderungen unserer Zeit. Wenn die SPD eine Volkspartei bleiben will, muss sie wieder die “hard-working-people” erreichen.