BYD Atto 3: Ein Elektroauto, das für Töne sorgt

BYD Atto 3: Ein Elektroauto, das für Töne sorgt

Niko Bünten: “Ja, gut, dass du nicht Musiker geworden bist und stattdessen einen Job hast, Jürgen.”

Jürgen Pander: “Niko, ich mache auch nur gelegentlich Musik. Aber wenn sich eine Gelegenheit ergibt, wie jetzt, dann lasse ich mich gerne darauf ein. Das Auto, das wir heute testen, hat an seinen Türablagen drei Haltegummis, die Töne von sich geben. Schon beim Einsteigen ein musikalischer Gruß. Wer denkt sich sowas aus? Ein chinesischer Automobilhersteller. Wir machen eine Runde mit dem BYD Atto 3. Aber zuerst machen wir uns mit dem Auto etwas besser bekannt.”

BYD: Ein Elektroautohersteller mit Träumen

Die Firma BYD wurde 1995 in Shenzhen, China, gegründet. Ursprünglich als Batteriehersteller gestartet, ist BYD heute einer der größten Akku-Produzenten weltweit. Seit 2003 baut BYD auch Fahrzeuge, und seit gut einem Jahr konzentriert sich das Unternehmen ausschließlich auf Elektroautos. Inzwischen ist BYD der zweitgrößte Elektroautohersteller in China und erweitert sein Geschäft auch nach Europa. In Deutschland sind drei Modelle erhältlich: ein großer SUV, eine Limousine und als Einstiegsmodell der Atto 3. Dieser Kompaktwagen mit fünf Türen und fünf Sitzplätzen misst 4,45 Meter in der Länge, 1,88 Meter in der Breite und 1,62 Meter in der Höhe. Das Design stammt von Wolfgang Egger, einem deutschen Designer, der zuvor bei Alfa Romeo und Audi tätig war. Es wirkt insgesamt stimmig, unaufgeregt und durchschnittlich. Die drei Buchstaben des Markennamens BYD stehen für “Build Your Dreams” – also “Verwirkliche deine Träume”. Dieser Leitspruch ist auch am Heck des Autos zu lesen. Von außen lässt sich nicht genau sagen, welche Träume die Entwickler von BYD verfolgt haben. Aber im Innenraum wird deutlich, dass hier Musik im Spiel ist.

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Ein Interieur mit kreativen Details

Das Armaturenbrett schwingt im wahrsten Sinne des Wortes. Auf den Kunstledersitzen gibt es einen farblichen Dreiklang. Die Lüftungsdüsen sehen aus wie Schallplatten in einer alten Jukebox. Es gibt viele ungewöhnliche Details im Innenraum des Atto 3. Das LED-Licht um die Lautsprecher kann nicht nur in der Lieblingsfarbe eingestellt werden, sondern pulsiert auch im Rhythmus der Musik. Der Wählhebel für das Automatikgetriebe sieht aus wie ein Schubhebel im Flugzeug. Die Türgriffe wirken massiv wie Werkzeuge. Sogar der Türöffner oben ist ziemlich ungewöhnlich gestaltet. Ein Dreispeichenlenkrad gehört mittlerweile zum Standard. Es gibt viele Bedienelemente darauf, wie zum Beispiel Tasten für den adaptiven Tempomat, die Spurführung, die Sprachbedienung oder die Lautstärkeregelung für die Musik. Auf der Lenksäule befindet sich ein 5-Zoll kleines Digitalcockpit. Es ist etwas schwer abzulesen, da manches ziemlich klein dargestellt ist. Aber das zentrale Bedienelement ist ein großer 15,6-Zoll-Touchscreen. Hier lassen sich alle wichtigen Funktionen steuern. Und dieser Touchscreen hat noch einen weiteren Trick auf Lager: Er kann sich um 90 Grad drehen, je nachdem, ob man lieber Hoch- oder Querformat bevorzugt. Aber jetzt machen wir etwas ganz Unspektakuläres: Wir fahren los. Steig ein, Niko!

Fahrgefühl und Sicherheit überzeugen

Das Interieur mag ungewöhnlich sein, aber das Fahrgefühl im Atto 3 ist absolut normal. Die Lenkung passt, der Antrieb ist kraftvoll und agil, und der Komfort lässt nichts zu wünschen übrig. Ein kleiner Minuspunkt ist die eingeschränkte Sicht nach hinten, wie bei vielen Autos. Die Rekuperation, also die Energierückgewinnung, lässt sich mit einer Taste einstellen, jedoch nur in zwei Stufen. Und diese beiden Stufen unterscheiden sich nicht besonders stark voneinander. Beim Euro-NCAP-Crashtest erzielte der Atto 3 die Bestwertung mit 5 von 5 möglichen Sternen. Ein Grund dafür sind die vielen Assistenzsysteme, wie zum Beispiel die Tote-Winkel-Überwachung, die Verkehrszeichenerkennung und der Notbremsassistent. Die Besonderheit bei BYD ist, dass das Unternehmen behauptet, der einzige Elektroautohersteller der Welt zu sein, der den kompletten elektrischen Antrieb selbst entwickelt und herstellt – von der E-Maschine bis zum Akku, von den Steuergeräten bis zur Leistungselektronik, vom Ladesystem bis hin zu den Halbleitern. Mehr zum Antrieb erfahren wir gleich, wenn wir anhalten.

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Ein Blick unter die Haube

Schauen wir uns den Motorraum etwas genauer an. Hier fällt auf, dass noch Platz für einen Frunk, also einen Frontkofferraum, gewesen wäre. Der Elektroantrieb ist ziemlich weit unten platziert. Auf dem Datenblatt finden wir interessante Informationen: Die E-Maschine leistet 150 kW, was etwa 204 PS entspricht. Sie entwickelt ein maximales Drehmoment von 310 Newtonmetern und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 160 km/h. Der Durchschnittsverbrauch nach WLTP beträgt 15,6 kWh. Der Lithium-Eisen-Phosphat-Akku hat eine Speicherkapazität von 60,5 kWh, was eine Reichweite von etwa 420 Kilometern bedeutet. Der Akku kann mit bis zu 11 Kilowatt Wechselstrom oder bis zu 88 Kilowatt Gleichstrom geladen werden. Unter optimalen Bedingungen ist der Akku in etwa einer halben Stunde zu 80 % wieder geladen. Der Atto 3 verwendet eine sogenannte Bladebatterie, eine Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie. Diese gilt als besonders sicher, robust und platzsparend. Außerdem verzichtet sie auf Nickel und Kobalt.

Geräumiger Innenraum und praktischer Kofferraum

Ein schneller Blick in den Fond zeigt ordentliche Platzverhältnisse und ein helles, luftiges Raumgefühl, dank des serienmäßigen Glaspanoramaschiebedachs. Nun werfen wir noch einen Blick in den Kofferraum. Der Atto 3 ist in zwei Ausstattungsniveaus erhältlich. Unser Testwagen verfügte über die höhere Ausstattung und eine elektrische Heckklappe. Das Ladevolumen beträgt 440 Liter, was nicht allzu viel ist, aber der Kofferraum ist gut zugänglich. Außerdem gibt es eine strapazierfähige Gummimatte und ein Untergeschoss für beispielsweise Ladekabel. Bei umgeklappten Rücksitzlehnen kann das Ladevolumen auf 1338 Liter erweitert werden.

Fazit: Ein überzeugendes Elektroauto

Der Atto 3 ist ein durchdachtes, praktisches und überzeugendes Elektroauto. Ausstattung, Platzangebot und Elektroantrieb sind absolut konkurrenzfähig mit anderen Elektromodellen in der unteren Mittelklasse. Das ist beeindruckend für einen Hersteller, der erst seit 20 Jahren Autos baut. BYD bietet außerdem eine vierjährige Garantie auf das Auto und acht Jahre auf den Akku. Uns gefallen das einzigartige Interieur, das ausgewogene Fahrgefühl und der solide Gesamteindruck des Atto 3. Kleine Kritikpunkte sind das klein geratene Digitalcockpit, der nicht besonders große Kofferraum und die eher durchschnittliche Ladeleistung. Was den Preis betrifft, ist der BYD Atto 3 in der Basisausstattung ab etwa 42.000 € erhältlich. Unser Testwagen mit der höheren Ausstattung hat rund 44.500 € gekostet. Der Preis harmoniert also gut mit dem Gesamtpaket des Fahrzeugs. Der Atto 3 ist eben ein Auto, das für Töne sorgt. Und jetzt pass auf, Niko. Es spielt sogar eine Abschiedsmelodie. Gar nicht schlecht!

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