Camping: Wie mich meine Zeit im Camper zur Ordnungsfanatikerin machte

Camping: Wie mich meine Zeit im Camper zur Ordnungsfanatikerin machte

Zunächst plante die Journalistin Marion Hahnfeldt nur, drei Monate auf einem Campingplatz bei Hannover zu verbringen. Doch das Experiment fesselte sie so sehr, dass sie anderthalb Jahre blieb – und darüber sogar ein Buch schrieb: “Sieben Quadratmeter Glück. Mein Jahr im Camper” ist gerade im Verlag Delius Klasing erschienen.

Männer und das schlechte Wetter

In den letzten Monaten gab es keine idealen Campingbedingungen, um es vorsichtig auszudrücken. An solchen Tagen wissen Camper-Frauen, wie sie sich beschäftigen können – mit einer Tasse Tee und einem guten Buch. Doch was machen Männer in solchen Momenten?

Marion Hahnfeldt schätzt, dass sie unter dem Vordach Bier trinken und alle möglichen Teile am Camper auseinandernehmen und Anweisungen geben. Aber nicht jeder Mann passt in dieses Klischee, genauso wie nicht jede Frau gerne Tee trinkt und liest.

Streit auf dem Campingplatz?

Ein langer und regnerischer Tag, das Bier ist leer, der Tee ist kalt, und dann noch das enge Campen – eine explosive Mischung für deutsche Streithanselnaturen, oder?

Marion Hahnfeldt ist anderer Meinung. Streiten kann man genauso gut zu Hause, dafür muss man nicht auf einen Campingplatz gehen. Tatsächlich ist der Umgangston auf einem Campingplatz oft zivilisierter als in einer Reihenhaussiedlung, denn auf einem Campingplatz hört jeder alles mit. Selbst wenn es zu Auseinandersetzungen kommt, zum Beispiel weil sich jemand direkt vor die Aussicht eines anderen stellt, ist das kein deutsches Phänomen – auch andere Nationen können das sehr gut.

Typisch Holländer?

Fragenstellung “Meinen Sie die Holländer?” in Bezug auf Streitende auf dem Campingplatz.

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Marion Hahnfeldt hat selbst noch keinen streitenden Holländer gesehen, aber sie trifft sie fast überall, da Holland einfach zu klein ist. Man erkennt einen Holländer übrigens immer an seinem Baumwollzelt.

Aber natürlich gibt es auch technisch ausgereifte Wohnmobile bei den Holländern. Marion Hahnfeldt erinnert sich daran, wie sie zum ersten Mal einen Holländer beobachtete, der seinen Wohnwagen mit einer Fernbedienung in eine Parklücke bugsierte. Das ist schon einige Jahre her und mittlerweile Standard, zumindest für diejenigen, die es sich leisten können. Niederländer sind wahre Camping-Enthusiasten und lieben das naturbelassene Camping, zum Beispiel an einem schönen See ohne viel Schnickschnack. Da können wir viel von ihnen lernen.

Online-Plattformen für Camping

Gibt es ähnliche Plattformen wie Airbnb auch für Camper, also Plattformen für günstiges Campen?

Marion Hahnfeldt bestätigt, dass es inzwischen viele solche Plattformen gibt. Ein bekannter Klassiker ist die Plattform “Landvergnügen”, auf der man mit dem Camper auf ausgewählten Bauernhöfen stehen kann. Zelten ist dort meines Wissens jedoch nicht erlaubt. Marion Hahnfeldt selbst ist ein großer Fan von “1nitetent”. Dort stellen Privatpersonen beispielsweise ihre Wiese im eigenen Garten zur Verfügung, manchmal gegen Entgelt und manchmal kostenlos. Das ist noch wunderbar authentisch und spricht das Camperherz eher an.

Vermeide den Sommerstau

Ist eine Fahrt über die Autobahn zum Ostseestrand im Sommer nicht so dein Ding?

Marion Hahnfeldt stimmt zu und rät anderen auch davon ab, wenn es vermeidbar ist. Asynchrones Reisen macht vieles entspannter. Außerdem hat man den Vorteil, dass man campen kann, ohne sich wie am Ballermann zu fühlen.

Männer vs. Frauen beim Campen

Marion Hahnfeldt beschreibt in ihrem Buch, dass Männer auf dem Campingplatz freundlicher sind als Frauen. Ist das ernst gemeint?

Ja, das ist durchaus ernst gemeint. Warum Frauen manchmal zickig sind, kann Marion Hahnfeldt jedoch auch nicht erklären, sie kann es nur vermuten. Vielleicht sehen Frauen alleinreisende Frauen als eine Art Bedrohung. Andererseits hat sie auch viele nette Frauen kennengelernt, bei denen die Männer an ihrer Seite die Idioten waren.

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Marion Hahnfeldt stellt fest, dass junge Frauen eher mit sich selbst beschäftigt sind und durch einen hindurchsehen. Das Problem liegt im mittleren Alter. Frauen im fortgeschrittenen Alter sind hingegen entspannt. Paare und Fahrradfahrer sind auch gut geeignet für das Camping. Bei Familien kommt es darauf an. Ein Campingplatz kann als Spiegel der Gesellschaft betrachtet werden.

Hierarchien und Codes auf dem Campingplatz

Gibt es bestimmte Codes, anhand derer man Gleichgesinnte erkennen kann?

Die Größe des Campers gibt oft schon einen Hinweis. Heutzutage kann man sich einen Camper in derselben Preisklasse wie ein Einfamilienhaus leisten. Diejenigen mit weniger Geld sind eher im Zelt unterwegs, während junge Familien oft den Camper ihrer Eltern nutzen.

Diejenigen mit den großen Wohnmobilen sind meist Rentner. Das schafft natürlich eine gewisse Distanz, aber das ist oft so gewollt. Ein Zelter möchte sicherlich nicht in der Nähe dieser weißen Monster campen, und jemand, der einen alten VW-Bus fährt, fühlt sich unter seinesgleichen am wohlsten.

Die Kunst der Abgrenzung

Wie grenzt man sich auf dem Campingplatz ab?

Mit einem Vorzelt und als Dauercamper kann man hohe Koniferen benutzen. Das Schöne am Campen ist jedoch, dass im Waschraum alle gleich sind.

Luxus beim Campen

Was vermisst du beim Campen?

Wenn ich mit dem Zelt unterwegs bin, ist ein Tisch, ein Stuhl und eine Espressomaschine schon ein großer Luxus. Mit dem Wohnwagen ist das natürlich anders, der ist in der Regel gut ausgestattet.

Irgendwann habe ich mir jedoch einen Outdoor-Kocher und einen tragbaren Backofen zugelegt, da das Kochen im Camper aufgrund von Kondenswasser und Gerüchen etwas schwierig ist. Was ich bis heute nicht an Bord habe, ist eine Dusche oder eine Toilette.

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Camping in Deutschland

In den USA gibt es große Trailer-Parks – ist Deutschland bereit dafür?

Deutschland ist eigentlich zu reglementiert für solche Dinge. Dauerhaftes Wohnen auf dem Campingplatz ist ein heikles Thema. Jedes Bundesland handhabt dies unterschiedlich, ähnlich wie die Corona-Politik.

Es scheint fast so, als ob es Deutschland peinlich wäre, wenn Menschen dauerhaft auf einem Campingplatz leben. Denn das passt nicht ganz zu unserem Bild von einer reichen Gesellschaft. Dabei wäre es hilfreich, wenn es mehr Freiheiten gäbe. Immer mehr Menschen können oder wollen sich das Leben in einer Wohnung nicht mehr leisten. Und für andere wird Nachhaltigkeit immer wichtiger.

Der Traum von der Freiheit

Träumen die Camper, mit denen du gesprochen hast, wirklich von Nachhaltigkeit?

Freiheit ist besonders wichtig, nicht mit dem Rücken zur Wand zu stehen. Die Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sehnen sich nach einem selbstbestimmten Leben. Ein Leben in einem Tiny House oder Wohnwagen gibt einem im besten Fall die Möglichkeit, sich wieder freier zu bewegen, da die Miete und Lebenshaltungskosten geringer sind.

Die Zeit, die andere mit der Pflege ihres Grundstücks verbringen, kann man dann für andere Dinge nutzen. Eine Besitzerin eines Tiny Houses erklärte mir einmal: “Ich möchte lieber leben, anstatt von 9 bis 17 Uhr in einem Büro zu sitzen und Geld zu verdienen für ein Leben, das ich nicht führen kann, weil ich arbeite.”

Das Chaos in einem Sieben-Quadratmeter-Heim bändigen

Wie hält man das Chaos in einem kleinen Zuhause auf sieben Quadratmetern unter Kontrolle?

Wenig Besitz ist schon einmal eine Hilfe – genauso wie die Disziplin, Dinge nach dem Benutzen an ihren Platz zurückzulegen. Das mag simpel klingen, aber es war für mich immer wieder eine Herausforderung, besonders weil man oft an sich selbst scheitert.

Mit der Zeit habe ich mich zu einer Art Ordnungsfanatikerin entwickelt und liebe es, Listen mit Erinnerungen zu haben. Die Zeit im Camper hat mich zur Vollzeitspießerin gemacht.