Corona-Ausgangssperre wird entschärft – dafür härtere Regeln für Handel

Corona-Ausgangssperre wird entschärft – dafür härtere Regeln für Handel

Berlin (Reuters) – Die Ausgangssperre im Rahmen der Corona-Maßnahmen wird gelockert, während die Regeln für den Handel verschärft werden. CDU/CSU und SPD haben sich im Bundestag auf Änderungen am Infektionsschutzgesetz geeinigt, um bundesweit einheitliche Maßnahmen gegen die Pandemie zu schaffen.

Spätere Ausgangssperre und mehr Freiheiten

Gemäß dem Entwurf, der von den Fraktionen am Montag genehmigt wurde, wird die bundeseinheitlich geregelte Ausgangssperre erst ab 22:00 Uhr wirksam. Darüber hinaus wird Einzelpersonen gestattet, bis 24:00 Uhr auch ohne Hund draußen spazieren zu gehen. Dies sind Lockerungen im Vergleich zum vorigen Entwurf der Regierung.

Verschärfte Regeln für Einzelhandel und Schulen

Gleichzeitig sollen jedoch die Regeln für den Einzelhandel und Schulen im Vergleich zum Regierungsentwurf verschärft werden. Arbeitgeber werden verpflichtet, ihren Mitarbeitern in Betrieben zweimal Schnelltests anzubieten. Diese Änderungen gelten bis zum 30. Juni.

Einheitliche Regeln bei hoher Inzidenz

Das neue Infektionsschutzgesetz soll sicherstellen, dass Länder und Landkreise strengere Corona-Maßnahmen ergreifen, sobald eine Inzidenz von 100 überschritten wird. Die Spitzen der Regierungsfraktionen haben Änderungen vereinbart, die voraussichtlich am Dienstag formalisiert werden. Unter anderem wird vorgeschlagen, dass der Einzelhandel bis zu einer Inzidenz von 150 mit dem “Click & Meet”-Verfahren und einer Testpflicht geöffnet bleiben kann. Dies bedeutet eine Verschärfung im Vergleich zur aktuellen Praxis in einigen Bundesländern wie Bayern, wo das Termin-Shopping mit einem Negativtest bis zu einer Inzidenz von 200 erlaubt ist. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dies kritisiert.

Zudem schlagen die Fraktionsspitzen vor, dass Schulen ab einer Inzidenz von 165 wieder schließen oder auf Distanzunterricht umsteigen müssen. Dieser Punkt war ebenso umstritten wie die Ausgangssperren. Gesundheitsminister Jens Spahn und der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, hatten die bisher vorgesehene Inzidenz von 200 als zu hoch kritisiert. Die Länder hatten jedoch auf ihren Kompetenzen beharrt, insbesondere die Landesregierungen mit Koalitionspartnern aus FDP und Freien Wählern bevorzugten weniger strenge Regelungen. Das Gesetz soll am Mittwoch in zweiter und dritter Lesung diskutiert und verabschiedet werden, bevor es am Donnerstag durch den Bundesrat muss.

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Meinungen und regionale Unterschiede

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich betonte, dass einerseits das Gesundheitssystem geschützt und andererseits die Notbremse nachvollziehbar gemacht werden sollte. Die FDP hingegen wird dem Gesetz nicht zustimmen. “Allgemeine Ausgangssperren sind unangemessen und kaum mit unserer Verfassung vereinbar”, erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP, Christine Aschenberg-Dugnus.

Die Corona-Regeln in den Bundesländern weichen aufgrund unterschiedlicher Infektionszahlen immer weiter voneinander ab. In Mecklenburg-Vorpommern gilt seit Montag ein verschärfter Lockdown, sodass auch Zweitwohnungen von Personen außerhalb des Bundeslandes nicht mehr genutzt werden dürfen. In Brandenburg gibt es seit Montag eine Ausgangssperre. Schleswig-Holstein hingegen hat in Modellregionen teilweise wieder Gastronomie und Tourismus geöffnet, da es derzeit das einzige Bundesland mit einer Inzidenz unter 100 ist und Öffnungsschritte bei einer stabilen Inzidenz von 72 ermöglichen möchte. Dies geht mit einer Ausweitung der Schnelltests einher.

Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) wurden am Montag 11.437 neue Corona-Neuinfektionen gemeldet. Dies sind etwa 1800 weniger als am Montag der Vorwoche. Dennoch stieg die Sieben-Tage-Inzidenz von 162,3 auf 165,3. Die Inzidenz gibt an, wie viele Menschen sich pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen mit dem Coronavirus infiziert haben. Die regionalen Unterschiede sind weiterhin erheblich. Thüringen (245,8) und Sachsen (236,5) verzeichneten am Montag eine Inzidenz von über 200. Bayern, Sachsen-Anhalt, Bremen und Nordrhein-Westfalen wiesen eine Inzidenz von über 170 auf.