Das Begehren und die Bedürfnisse

Das Begehren und die Bedürfnisse

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Was ist der Unterschied zwischen “begehren” und “haben wollen”? Was genau meinen wir mit einem Bedürfnis und einem Begehren?

Begehren oder ein Bedürfnis haben?

Wenn ich durstig bin, begehre ich dann Wasser? Eigentlich würde ich sagen, dass mein Körper ein Bedürfnis nach Wasser hat. Ich sehe einen Unterschied zwischen Bedürfnissen und Begehren: Wenn ich durstig bin, fällt es mir nicht ein zu sagen “Ich begehre Wasser”. Demgegenüber könnte ich aber das Grundstück mit der Quelle begehren…

Begehren bedeutet Besitz

Denn Begehren und Verlangen beinhalten den Wunsch, etwas zu besitzen, um glücklich zu sein. Das Glück, was auch immer das dann bedeuten mag, kommt daher, wo der Besitz liegt oder wo man etwas in Besitz nehmen möchte.

Wenn ich jedoch durstig bin, möchte ich einfach nur Wasser trinken. Ich habe kein Bedürfnis nach Besitz. Das Glück entsteht hier durch das Sein. Es ist ein zufriedenes Dasein, wenn der Durst gestillt ist. Schon der Weg zum Brunnen ist ein zufriedenes Dasein, wie wir im “Kleinen Prinzen” gelesen haben.

Besitz bedeutet Macht haben wollen

Besitz bedeutet auch Macht zu haben. Begehren und Gier haben oft mit der Macht über jemanden oder etwas zu tun. Jemanden zu begehren kann bedeuten, ihn zu besitzen, ihn zur eigenen Befriedigung zu nutzen und sich sein Potenzial anzueignen, um meine Wünsche zu erfüllen. Einer meiner Lehrer sagte kürzlich, wenn man sich (oft) verliebt, sollte man sich selbst und den anderen fragen: “Was hast du, was ich nicht habe, aber gerne hätte, weshalb ich mich dann in dich verliebe?” Eifersucht hat mit Begehren, Macht und Besitz zu tun. Liebe, Freude oder Lust brauchen keine Macht, sondern werden durch Macht und Machtbeziehungen zerstört.

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Der Unterschied zwischen Schmerz und Leiden

Die Buddhisten unterscheiden zwischen unvermeidbarem Schmerz und vermeidbarem Leiden. Durst entspricht einem Schmerz, der unvermeidbar ist, Begehren führt zu Leiden. Schmerz ist unvermeidbar, aber das Leiden entsteht durch das Verlangen danach.

Wahrnehmung des Seins im Hier und Jetzt beendet das Begehren

Ich spüre, dass das Ankommen im Hier und Jetzt und das bewusste Wahrnehmen des Daseins das Begehren stoppt. Anders ausgedrückt: Begehren und Gier schaffen eine Distanz. Diese kann eine Trennung zwischen verschiedenen Teilen von mir herbeiführen, sodass ich nicht mehr “ganz” oder “eins mit mir selbst” bin. Das Begehren entfernt mich von mir selbst. Es schafft auch eine Distanz zu anderen Menschen, auch zu der oder demjenigen, die oder den ich begehre. Unter dem Begehren und der Gier finde ich Angst, der ich entkommen möchte. Hingegen lässt mich der Kontakt mit meiner eigenen Lebendigkeit einfach nur lebendig fühlen. Hier gibt es keine Trennung in Teile. Das Begehren entfernt mich von mir selbst. In der Lebendigkeit möchte ich nichts entkommen lassen, sondern alles sein lassen. Die Erstarrung der Angst wird dann in Bewegung aufgelöst. Das fühlt sich friedlich und angekommen an.

(Das Wesen des Kapitalismus besteht interessanterweise darin, Begehren, Verlangen und Gier zu wecken, um Produkte zu verkaufen. Das funktioniert deshalb so gut, weil es jeder sofort versteht.)

Water Bottle
Thirst
Love