Manchmal sieht man sie auf der Straße stehen, allein oder in kleinen Gruppen – Männer und Frauen in einer seltsam aussehenden Kleidung. Weit ausgestellte Hosen, Hüte mit breiten Krempe, weiße Hemden und ein Stock mit einem Bündel darauf. Viele fragen sich, warum sie so angezogen sind und was es damit auf sich hat.
Die Kluft, auch Zunftkleidung genannt
Die Zunftkleidung, auch oft Kluft genannt, hat ihre Wurzeln im hebräischen Wort “qellippa”, was Schale oder Rinde bedeutet. Diese traditionelle Bekleidung oder Tracht wurde vor allem von Wandergesellen im Handwerk getragen und diente hauptsächlich dem Schutz des Trägers – daher auch Arbeitskleidung – und als Erkennungszeichen für verschiedene Zünfte.
In der mittelalterlichen Ständeordnung des 13. bis 15. Jahrhunderts drückte sich die gesellschaftliche Rangordnung oft durch die Kleidung aus. Dabei spielten viele Faktoren wie Schnitt, Stoff, Farbe und Verzierungen eine Rolle.
Seit der Gründung der Zünfte im frühen Mittelalter waren in den Zunftordnungen alle Vorschriften und Bestimmungen niedergeschrieben, einschließlich der Kleidung der Handwerker, die bestimmte Auflagen erfüllen musste.
Bestandteile der traditionellen Zunftkleidung
Der Hut
Ganz oben steht der Hut, meistens in Schwarz. Es kann entweder ein Schlapphut mit breiter Krempe, ein Zylinder oder ein Koks sein. Zimmerleute tragen normalerweise einen Schlapphut, auch Obermann genannt. Dieser Hut hatte im Mittelalter einen hohen Stellenwert, da er für einen freien Mann stand. Er wurde nur zu besonderen Anlässen abgenommen, wie beim Essen, aber nicht in fremden Gaststätten.
Die Staude
Ein weißes Hemd ohne Kragen, manchmal mit abgesteppten Nähten, den sogenannten Biesen, versehen.
Die Hose
Die Hose kann verschiedene Schlagweiten haben, aber sie hat auf jeden Fall Seitentaschen für Werkzeuge wie Maßstab und Bleistift. Die Hose hat normalerweise zwei Reißverschlüsse. Der Schlag soll verhindern, dass Späne oder ähnliches in den Schuh gelangen. Die traditionelle Schlagweite beträgt 65 cm. Das Aussehen der Hose wurde von Schiffszimmerleuten übernommen, da sie oft “baden” gingen und durch die zwei Reißverschlüsse schneller aus der Hose kamen.
Die Weste
An der Weste sind acht weiße Perlmuttknöpfe befestigt, die den Buchstaben “Z” bilden. Die Knöpfe stehen symbolisch für den typischen 8-Stunden-Arbeitstag.
Das Jackett
Das Jackett hat vorne sechs Perlmuttknöpfe, die die 6-Tage-Woche repräsentieren. An den Ärmeln befinden sich jeweils drei Knöpfe, die für die drei Lehr- und Wanderjahre stehen.
Die Schuhe oder Stiefel
Die Schuhe sind in den meisten Fällen schwarz, können aber auch dunkel sein.
Die Ehrbarkeit
Dieses Accessoire ähnelt einer Krawatte und zeigt die Zugehörigkeit des Gesellen zu einer bestimmten Zunft an. Freireisende tragen die Ehrbarkeit nicht.
Der Ohrring
Der Ohrring kann mit einem gezielten Schlag mit Hammer und Nagel gestochen werden und trägt oft ein Zunftzeichen.
Der Stenz
Vor allem bei Wandergesellen sieht man den Wanderstock, auch Stenz genannt. Jeder Wandergeselle muss sich den Stenz aus speziellem Holz selbst suchen.
Das Koppel
Das Koppel ist ein Gürtel, der Teil einer Uniform ist. Es wird mit einem Koppelschloss verschlossen, auf dem das Zunftzeichen zu sehen ist.
Die Taschenuhr
Die Taschenuhr ist mit einer Uhrkette an der Weste befestigt. An der Kette sind die Wappen der besuchten Städte angebracht.
Der Charlottenburger
Ein bedrucktes Tuch, auch Charlie oder Berliner genannt, in der Größe 80×80 cm. In dieses Tuch wickelt der Wandergeselle sein Hab und Gut.
Farben und Materialien der Zunftkleidung
Je nach Beruf variiert die Farbe der Zunftkleidung. Zimmerleute tragen Schwarz, Steinmetze und Steinbildhauer beige oder hellbraun, Maurer grau und Textilarbeiter rot. Auch Köche und Lebensmittelberufe tragen oft die Kluft im Pepita-Muster.
Die Zunftkleidung wird aus verschiedenen robusten und langlebigen Materialien hergestellt. Cord in verschiedenen Ausführungen, Deutschleder, Pilot und Zwirn-Doppel-Pilot sind einige der verwendeten Stoffe.
Fazit
Heutzutage sieht man immer noch Gesellen in traditioneller Zunftkleidung, besonders Zimmerleute, Dachdecker, Maurer und andere Handwerker.
Die Zunftkleidung ist nicht nur traditionell, sondern auch alltagstauglich, da sie robust und funktional ist. Die klassische Cord-Hose ist nach wie vor beliebt, aber auch Jeans mit Schlag und Deutschleder werden gerne getragen. Für heiße Tage gibt es mittlerweile Zunft-Shorts und Kurzarm-Stauden.
Das unverwechselbare traditionelle Aussehen der Zunftkleidung wird zwar nicht mehr von jedem Handwerker während der Arbeit getragen, ist aber bei festlichen Anlässen und während der Wanderschaft immer noch beliebt und geschätzt.