Das große scharfe S (ẞ) in der deutschen Sprache: Einzigartiges und faszinierendes Phänomen

Das große scharfe S (ẞ) in der deutschen Sprache: Einzigartiges und faszinierendes Phänomen

Die deutsche Sprache ist reich an Besonderheiten und Eigenheiten. Eine davon ist das große scharfe S (ẞ), das seit einigen Jahren existiert. Es fällt jedoch auf, dass es in der Printmedienwelt kaum Verwendung findet und auch im Onlinebereich nur selten anzutreffen ist.

Randnotiz: Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie wenig bekannt das große scharfe S ist, habe ich meine Instagram-Follower befragt. Von sechzig Personen hatten zwei Drittel noch nie von diesem Buchstaben gehört. Das Ergebnis ist zwar nicht wissenschaftlich repräsentativ, vermittelt jedoch einen guten Eindruck von seiner geringen Präsenz.

Orientierung im Styleguide: Eine wichtige Grundlage für Texter:innen

Als Texter:innen kommen wir häufig mit Versalien und Kapitälchen in Berührung. Bei der Zusammenarbeit mit Grafik- und Textabteilungen stellt sich immer wieder die Frage, wie wir vorgehen sollen. Wenn mehrere Personen an einem Projekt beteiligt sind, empfiehlt es sich, einen Styleguide zu erstellen, in dem die wichtigsten Regeln festgehalten werden. Dazu gehören nicht nur gestalterische Elemente wie Farben und Schriftarten, sondern auch Schreibweisen. Zum Beispiel sollte geklärt werden, ob das große scharfe S verwendet wird und wie mit gendergerechter Sprache umgegangen wird.

Ästhetik versus Klang: Uneinigkeit zwischen Grafik- und Textabteilung

Bei wiederkehrenden Publikationen kann es schwierig sein, von Versalien auf Groß- und Kleinschreibung umzustellen, nur weil zufällig ein scharfes S im Titel vorkommt, das vermieden werden soll. Oft sind es aus ästhetischen Gründen die Grafikabteilung oder die Auftraggeber:innen, die sich gegen das große scharfe S entscheiden. Manchmal gibt es auch technische Gründe, da nicht alle Schriftarten diese Buchstabenvariante unterstützen.

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Die Textabteilung hingegen argumentiert, dass das große scharfe S den vorangehenden Vokal langzieht, während ein Doppel-S den Vokal kurz hält.

Das große scharfe S im Onlinebereich: Eine Herausforderung

Im Onlinebereich kann das große scharfe S (ẞ) zu Problemen führen. Wenn ich den Titel dieses Beitrags – “Das große scharfe S (ẞ) in der deutschen Sprache | Theorie und Praxis” – für den Permalink (also die URL) übernommen hätte, würde darin ein ẞ enthalten sein. Das Wort “große” würde jedoch automatisch in “grosse” umgewandelt.

Die URL sähe dann wie folgt aus: www.vlikeveronika.com/das-grosse-scharfe-s-in-der-deutschen-sprache-theorie-und-praxis

Obwohl diese Schreibweise nicht sprachlich korrekt ist, macht sie Sinn.

Warum das große scharfe S nichts in URLs zu suchen hat

Wenn wir die URL manuell eingeben müssten, um auf die Seite zu gelangen, müssten wir ein ẞ eintippen.

Problem 1: Auf englischen Tastaturen fehlt das scharfe S komplett. Mein (not so) Smartphone kennt es beispielsweise auch nicht und schlägt vor, ein kleines scharfes S (ß) zu verwenden.

Problem 2: Auf älteren Computern kann das große scharfe S nur mit einem Tastenkürzel erzeugt werden.

Problem 3: In der Schweiz wird das ß generell durch ein Doppel-S (ss) ersetzt, außer bei Eigennamen.

Die Lösung: Es ist nicht ratsam, das scharfe S – egal ob groß oder klein – in URLs zu verwenden. Im Fall dieses Blogposts unterscheiden sich Seitentitel und der daraus generierte Permalink. Das ẞ im Permalink habe ich manuell gelöscht.

Wie gehe ich als Texterin mit dem großen scharfen S um?

Als das große scharfe S eingeführt wurde, war ich begeistert. Nun, einige Jahre später, betrachte ich das Ganze etwas pragmatischer: Der Einsatz des großen scharfen S muss nicht um jeden Preis erfolgen.

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Der Kontext entscheidet

Es sollte vor allem für das jeweilige Projekt sinnvoll sein. Ein Artikel über “Die großen Errungenschaften der deutschen Sprache” sollte das neue Sonderzeichen nicht vernachlässigen. Wenn jedoch ein Straßenschild über die “Vorrübergehende Schließung der Straße” informiert, verstehen wir auch mit Doppel-S den Sinn.

Das bedeutet, dass der Kontext ausschlaggebend sein sollte, ob das große scharfe S verwendet wird oder nicht.

Fazit: Eine bewusste Entscheidung treffen

Fakt ist, dass das große scharfe S nicht so häufig verwendet wird, wie die Schöpfer:innen es sich wahrscheinlich erhofft haben. Es wirkt ungewohnt und daher für viele Menschen falsch. Gerade auf Websites, insbesondere in Titeln oder Überschriften, die oft in Versalien dargestellt werden, wird das kleine scharfe S automatisch in ein Doppel-S umgewandelt. Groß wird zu GROSS, Straße zu STRASSE, Maße zu MASSE.

Dennoch glaube ich, dass es wichtig ist, sich mit der Existenz des großen scharfen S zu befassen. Als Nutzer:innen der Sprache sind wir zugleich aktive Mitgestalter:innen ihrer Entwicklung. Die Sprache ist nicht festgelegt, sondern lebendig. Sie wird von uns geformt und verändert. Daher ist es wichtig, sich bewusst zwischen SS und ẞ zu entscheiden und sich mit der Thematik auseinanderzusetzen.