Die Berechnung der Urlaubstage scheint einfach zu sein, aber sie ist es nicht. Besondere Schwierigkeiten bereitet die Veränderung der Wochenarbeitstage im Laufe des Jahres.
Nach einem Blick ins Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sollte die Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs eigentlich ganz einfach sein. Laut § 3 Abs. 1 des BUrlG muss der Urlaub jährlich mindestens 24 Werktage betragen, während § 3 Abs. 2 klärt, dass als Werktage alle Kalendertage gelten, die weder Sonn- noch gesetzliche Feiertage sind.
Umrechnung von Werktagen auf Arbeitstage ist nicht einfach
Schon das Abstellen auf Werktage stellt eine Herausforderung dar. Als das BUrlG 1963 in Kraft trat, ging man selbstverständlich von einer Sechs-Tage-Woche aus. An eine kürzere Arbeitswoche, wie sie heutzutage üblich ist, hat damals keiner gedacht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) muss der gesetzliche Urlaubsanspruch an die tatsächlichen Arbeitstage angepasst werden. Dabei ist zu beachten, dass der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch insgesamt vier Wochen (24:6) beträgt.
Um den Mindesturlaubsanspruch zu berechnen, müssen die Arbeitstage des Arbeitnehmers zu den (sechs) Werktagen ins Verhältnis gesetzt werden. Bei der üblichen Fünf-Tage-Woche ergibt sich folgendes Ergebnis:
24 (Mindesturlaub) : 6 (gesetzlich vorgesehene Sechs-Tage-Woche) x 5 (Arbeitstage des Arbeitnehmers) = 20 Urlaubstage.
Gleiches gilt bei Teilzeitbeschäftigung
Auch bei Teilzeitbeschäftigung verfährt man entsprechend. Bei einer Vier-Tage-Woche ergibt sich ein gesetzlicher Mindestanspruch von 16 Urlaubstagen (24:6 x 4), bei einer Drei-Tage-Woche von 12 Urlaubstagen (24:6 x 3), bei einer Zwei-Tage-Woche von 8 Urlaubstagen (24:6 x 2) und bei einer Ein-Tage-Woche, wie sie bei Reinigungskräften häufig vorkommt, von 4 Urlaubstagen (24:6 x 1). Dabei bleibt die Anzahl der Stunden, die der Arbeitnehmer pro Tag arbeitet, unberücksichtigt.
Komplexe Berechnung bei unregelmäßiger Arbeitszeitverteilung
Was aber ist zu tun, wenn die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers unregelmäßig verteilt ist? Das kann beispielsweise vorkommen, wenn ein Arbeitnehmer – wie im Einzelhandel üblich – rollierend erst an vier, dann an fünf und zuletzt an sechs Tagen in der Woche tätig ist. In solchen Fällen wird die Berechnung deutlich komplexer.
Um den (Mindest-)Urlaubsanspruch auf Arbeitstage umzurechnen, muss zunächst der Zeitraum ermittelt werden, auf den anstelle einer Woche abzustellen ist. Dieser Zeitraum kann zwischen zwei Wochen und einem ganzen Jahr liegen. Nehmen wir den vorherigen Fall als Beispiel: Innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen arbeitet der Arbeitnehmer insgesamt an 15 Tagen (4 + 5 + 6) in gleichem Rhythmus.
Entscheidend ist dabei, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers mit dem der Arbeitnehmer mit regulär verteilter Arbeitszeit zeitlich gleichwertig ist. Der Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen bei einer Sechs-Tage-Woche würde im vorherigen Beispiel somit 20 Arbeitstage betragen. Die Berechnung lautet wie folgt:
24 (gesetzlicher Mindesturlaubsanspruch bei einer Sechs-Tage-Woche) : 18 (Werktagen im Umrechnungszeitraum) x 15 (Arbeitstage des rollierend tätigen Arbeitnehmers) = 20.
Unterjährige Veränderung der Wochenarbeitstage
Richtig kompliziert wird es, wenn ein Arbeitnehmer seine Wochenarbeitstage im Laufe eines Jahres ändert und ihm noch Urlaubsansprüche zustehen, die er unter dem alten Arbeitszeitregime erworben hat, aber vor dem Wechsel nicht nehmen konnte. Diese Fragen haben sowohl das BAG als auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Vergangenheit beschäftigt.
Besonders häufig sehen sich Arbeitgeber mit dieser Problematik konfrontiert, wenn Arbeitnehmer aus der Elternzeit zurückkehren.
Teilzeitquote bilden
Das BAG hat in solchen Fällen den noch bestehenden Urlaubsanspruch auf die Teilzeitquote reduziert. Der verbleibende Resturlaubsanspruch wurde im Verhältnis zur neuen Anzahl der Arbeitstage pro Woche angepasst, um sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer eine gleiche Anzahl von Urlaubswochen erhält.
Keine verhältnismäßige Kürzung
Der EuGH hat jedoch entschieden, dass der in Vollzeit erworbene Anspruch auf bezahlten Urlaub nach dem Übergang in eine Teilzeittätigkeit nicht verhältnismäßig gekürzt werden darf. Auch das Argument, dass der erworbene Anspruch auf Urlaub in Wochen gemessen unverändert bleibt, ließ der EuGH nicht gelten. Er betonte das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten.
Das BAG hat diese Rechtsprechung ebenfalls übernommen. In einem speziellen Fall, in dem ein Arbeitnehmer von einer Vollzeit- zu einer Teilzeitbeschäftigung mit vier Werktagen pro Woche gewechselt war, hat das BAG die Ansicht des EuGH bestätigt und der Klage stattgegeben.
Unterjährige Erhöhung der Wochenarbeitstage
Der EuGH hat sich auch mit der unterjährigen Erhöhung der Wochenarbeitstage wegen eines Wechsels von Teilzeit zu Vollzeit beschäftigt.
Laut EuGH ergibt sich aus den einschlägigen Vorschriften keine Verpflichtung, die Anzahl der Urlaubstage für Zeiten vor der Erhöhung neu zu berechnen. Nur für den Zeitraum vor der Erhöhung der Arbeitszeit muss eine solche Nachberechnung durchgeführt werden. Die Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub müssen für jeden Zeitraum getrennt berechnet werden, wobei die Anzahl der Urlaubstage im Verhältnis zur Anzahl der Arbeitseinheiten jedes spezifischen Zeitraums stehen muss.
Konsequenz der EuGH-Rechtsprechung: Weniger als 4 Wochen Jahresurlaub möglich
Im Ergebnis bedeutet dies, dass einem Arbeitnehmer, der bis zum 30. Juni an zwei Tagen pro Woche gearbeitet und einen Jahresurlaubsanspruch von sechs Wochen (= 12 Tage) hat, für diesen Zeitraum 6 Urlaubstage (12:2) zustehen. Wenn dieser Arbeitnehmer in der zweiten Jahreshälfte zu einer Fünf-Tage-Woche wechselt, stehen ihm für diesen Zeitraum weitere 15 Urlaubstage zu (30:2). Insgesamt hat er also 21 (6 + 15) Urlaubstage.
Eine Anpassung der sechs Urlaubstage aus der Teilzeittätigkeit auf die Fünf-Tage-Woche ist nach der EuGH-Rechtsprechung nicht erforderlich. Dies bedeutet jedoch, dass sechs Urlaubstage nur noch eine Woche und ein Tag Urlaub ergeben, anstatt der vorherigen drei Wochen. Ob der EuGH seine bisherigen Feststellungen uneingeschränkt aufrechterhalten würde, wenn ein Arbeitnehmer auf das gesamte Jahr bezogen einen Urlaubsanspruch von weniger als vier Wochen hat, ist zweifelhaft.
Fazit
Die Berechnung von Urlaubsansprüchen erfordert grundsätzlich besondere Aufmerksamkeit. Was auf den ersten Blick einfach erscheint, ist es bereits aufgrund der nicht mehr üblichen Sechs-Tage-Woche nicht. Bei einer unterjährigen Veränderung der Wochenarbeitstage ist noch mehr Vorsicht geboten. Es ist ratsam, Urlaubsansprüche während der Vollzeitphase zu gewähren und gegebenenfalls vertraglich eine ratierliche Kürzung des übergesetzlichen Mehrurlaubs festzulegen. Andernfalls besteht das Risiko, dass ein Arbeitnehmer wegen des Verbots der verhältnismäßigen Kürzung von in Vollzeit erworbener Urlaubsansprüche wochenlang nicht zur Arbeit erscheinen muss. Denn zum Beispiel entsprechen 20 Urlaubstage (4 Wochen) während einer Fünf-Tage-Woche in einer Zwei-Tage-Woche zehn Wochen bezahlte Freistellung.
Bei der Berechnung von Urlaubsansprüchen ist es wichtig, zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch und dem übergesetzlichen Urlaub zu unterscheiden, wenn der übergesetzliche Urlaub nicht das gleiche Schicksal wie der gesetzliche Mindesturlaub erleiden soll.
Dieser Beitrag ist Teil der #EFARBlogparade “Brennpunkt Urlaub: Aktuelle Fragen zum Urlaubsrecht”.