Ich habe das Gefühl, dass DeLonghi gerade ein Wettrennen gewinnen will, bei dem keiner weiß, um was es eigentlich geht. Denn die Italiener bringen ständig neue Kaffeevollautomaten auf den Markt, bei denen man auf den ersten Blick kaum erkennen kann, was ihr größtes Verkaufsargument sein soll.
So erging es mir auch mit dem DeLonghi ECAM 23.466.B Kaffeevollautomaten, den ich bereits in einem YouTube-Testvideo untersucht habe.
Mit einem Preis von rund 500 Euro bei Amazon bewegt sich der neue ECAM-Vertreter in der gleichen Preisklasse wie die DeLonghi Dinamica ECAM 350.55.B, die wir gerade erst gefeiert haben. Die Dinamica ist ein echtes Spitzenprodukt, deshalb stellt sich die Frage, wozu wir nun auch noch den ECAM 23.466.B brauchen.
Tatsache ist, dass die etwas günstigere und kleinere ECAM-Maschine für sich genommen ein wunderbares Gerät ist. Sie macht sehr guten Espresso und punktet auch beim Milchschaum. Allerdings habe ich den Eindruck, dass das Produktdesign ein wenig überstürzt war.
Das liegt aber nur an Details wie der völlig unpraktischen Tastenbelegung, die im Bereich der Kaffeevollautomaten-Tests noch nie zuvor aufgetreten ist. Und irgendjemand dachte wohl, dass man dem KVA-Konsumenten das Konzept “Espresso” nicht zumuten kann.
Denn genau das findet man hier nicht. Zumindest nicht explizit. Auch das Konzept des “Milchschaums” scheint zu kompliziert zu sein. Lest den Testbericht und ihr werdet verstehen, was ich meine.
Aber da ich nicht so leicht aufgebe, habe ich meine eigens kreierten Coffeeness-Bohnen rausgeholt und sie dem Mahlwerk zum Verarbeiten gegeben. Kann ich so den verlorengegangenen Espresso wiederherstellen? Immerhin ist die dunkle Röstung mit Schoko-Note speziell für Vollautomaten konzipiert. Die perfekten Einstellungen am Gerät habe ich für den kräftigen, fair gehandelten Brasilianer aufgeschrieben.
Der Überblick – DeLonghi, wie wir es kennen
Wenn die Italiener etwas können, dann sind es Kaffeevollautomaten, bei denen man sofort ihre Marke erkennt. So ist es auch beim DeLonghi ECAM 23.466.B. Er sieht aus wie seine großen und kleinen Geschwister, auch wenn er zum Beispiel beim zweizeiligen Textdisplay ein modernes Aussehen hat. Das moderne Design zieht sich durch die gesamte Front aus Kunststoff mit Edelstahl-Akzenten.
Besonders im Vergleich zum preiswerten Test-Klassiker DeLonghi ECAM 22.110.B, der noch ganz ohne Display auskommt, fällt das auf. Ob das Design des neuen ECAM-Modells schöner ist als bei der Dinamica-Version, müsst ihr selbst entscheiden. Ich persönlich mag es.
Auch die kompakten Abmessungen, für die DeLonghi bekannt ist, werden hier problemlos umgesetzt. Dass dennoch ein automatisches Milchschaumsystem, ein Tassenvorwärmer und die 2-Tassen-Funktion integriert sind, ist keine Selbstverständlichkeit und ein Alleinstellungsmerkmal für die Marke.
Das “B” im Namen steht, wie immer, für die schwarze Kunststoffausführung. Es gibt aber auch eine silberne oder eine Mischvariante zur Auswahl.
Ein Kunststoffgehäuse ist bei diesem Preis sicherlich vertretbar. Für ein Gehäuse aus Edelstahl, auch außerhalb der Maschine, müsstet ihr schon das Geld für eine DeLonghi PrimaDonna der Oberklasse ausgeben.
Letztendlich ist der Preis hier nicht so entscheidend, da ihr für einen mittleren Preis viele Funktionen erhaltet.
Einstellungen und Funktionen – Viele Optionen für “Kaffee”
Ohne Bedienungsanleitung oder Lust zum Experimentieren werdet ihr die Ersteinstellung des ECAM 23.466.B nicht hinbekommen. Ich selbst habe Schwierigkeiten gehabt, die richtige Sprache einzustellen. Und ihr müsst auch erst herausfinden, wie die “OK”-Taste funktioniert.
Diese Taste ist die zentrale Steuereinheit, in der alle Festlegungen zur Kaffeetemperatur, zur Milchmenge oder zur Stärke gespeichert werden. Das ist aber nicht so offensichtlich, wie man es denkt. Ihr müsst diese Taste lange gedrückt halten, damit sie ihre Funktion erfüllt.
Die Benennung der Getränke und Tasten ist ebenfalls abenteuerlich. Es gibt hier keinen Espresso im Menü. Stattdessen gibt es einen “kleinen Kaffee”, einen “mittleren Kaffee” und einen “großen Kaffee”. Mit etwas um die Ecke denken könnt ihr herausfinden, dass ein kleiner Kaffee ungefähr einem Espresso entspricht, allerdings nur, wenn ihr die Kaffeemenge erhöht.
Ich frage mich ernsthaft: Was soll das? Der normale Kaffeevollautomaten-Käufer hat sich gerade daran gewöhnt, das Konzept “Espresso” mit all seinen Parametern zu verstehen und legt hier mehr Wert auf Qualität.
DeLonghi hingegen denkt sich, dass es toll wäre, dieses konzeptionell komplizierte Feld aufzulösen und nur noch Kaffee anzubieten. Das macht keinen Sinn, da ein Kaffeevollautomat eine Vielzahl von Kaffeesorten zubereiten kann. Das ist zwar grundsätzlich richtig, verneint aber die Möglichkeit, mit ein wenig Einstellungsarbeit Vielfalt zu erzeugen.
Auch beim Thema Milchschaum gibt es Verwirrung. Denn dafür müsst ihr die Taste “Cappuccino” drücken. Aber statt eines Cappuccinos erhaltet ihr praktisch immer einen Caffè Latte. Das ist etwas, das dem Latte Macchiato am nächsten kommt.
Ihr könnt auch hier mit den Einstellungen einen Cappuccino-ähnlichen Milchschaum erzeugen, seid aber immer gezwungen, euch mit den Details der Zusammensetzung zu beschäftigen.
Die andere Seite der Medaille ist, dass der DeLonghi ECAM 23.466.B maximale Freiheit bietet und zum Experimentieren einlädt. Aber ich bleibe dabei, dass dieser Grad an Individualisierung für den normalen KVA-Käufer zu viel ist.
Er möchte sich entspannt auf Knopfdruck mit den Werkseinstellungen begnügen und bei mehr Sicherheit in der Bedienung eigene Wege gehen. In dieser Hinsicht bietet sogar die Hybridmaschine DeLonghi La Specialista als Mischung aus Espressomaschine und Kaffeevollautomat mehr Orientierung. Und die hat bereits zum Lernen gezwungen.
Das Konzept ist jedoch nicht so kompliziert, dass man es nicht verstehen kann. Es stellt nur eine Hürde dar, die es unnötigerweise zu überwinden gilt. Hat man das erledigt, lässt sich die Maschine jedoch hervorragend und sehr detailliert einstellen.
Das Mahlwerk – DeLonghi beherrscht es
Auch beim Mahlwerk bietet DeLonghi beim ECAM 23.466.B wie gewohnt eine hochwertige Leistung. Mit 13 Mahlstufen liegt die Maschine in diesem Preissegment über dem Durchschnitt. Das Kegelmahlwerk aus Edelstahl ist hervorragend einstellbar.
Die DeLonghi-Bauteile haben kein Problem damit, auch auf der feinsten Stufe ein gleichmäßiges Mahlergebnis zu erzielen. Das wirkt sich deutlich auf die Qualität des Espressos aus. Auch die Schläuche und Bauteile im Inneren der Maschine sind in der Lage, das ultrafeine Kaffeemehl problemlos zu verarbeiten und zu transportieren.
Für ein Edelstahlmahlwerk ist die Version im ECAM 23.466.B weder besonders laut noch leise. Der Ton ist normal und langweilig – ein Pluspunkt. Für meinen Kaffeevollautomaten-Test habe ich den feinsten Mahlgrad gewählt und musste das Rädchen nur kurz und ohne viel Kraft drehen.
Espresso und Milchschaum – Spitzenqualität
DeLonghi punktet mit der Qualität von Espresso und Milchschaum. Das sollte nicht überraschen. Insbesondere die neuen ECAM-Modelle überzeugen in allen Preisklassen mit exzellenten Ergebnissen in der Tasse.
Wie immer habe ich für den Espresso den feinsten Mahlgrad und den “kleinen Kaffee” gewählt. Die Füllmenge habe ich reduziert. Die Füllmengenpalette reicht hier von etwa 20 bis 180 Milliliter, was insbesondere im Mindestbereich überzeugt.
Ich habe mich auf rund 25 Milliliter festgelegt und die Kaffeemenge als “sehr kräftig” eingestellt. So hat der DeLonghi aus meinen Testbohnen von Coffee Circle ein sehr spannendes Aroma herausgeholt, das sich in einer hübschen Crema und einem vollmundigen Espresso verbarg.
Über das “Latte Crema System” mit integriertem Milchbehälter erhaltet ihr bei minimaler Lautstärke einen schönen, wohltemperierten Milchschaum, der auf Latte-Trinker ausgerichtet ist. Ihr könnt die Konsistenz nachjustieren, aber das Endergebnis liegt immer nahe am Ideal des Latte Macchiatos.
Das ist aber kein Problem, denn die Porengröße ist ausgezeichnet. Das Mundgefühl ist großartig, die ideale Temperatur sorgt für einen süßen, aromatischen Schaum, der je nach Kaffeebohne eine neue Geschmackskomponente einbringt. Der Milch hat es zwar nicht so gut getan, aber das liegt nicht an der Maschine.
Deshalb empfehle ich unseren Kaffee für Kaffeevollautomaten, insbesondere wegen seines schokoladigen Geschmacks, perfekt für Milchgetränke:
Reinigung – Standardmäßig einfach
Normalerweise würde ich das Kapitel zur Reinigung mit einem Stichpunkt abhaken: Alles super, keine Probleme. Das zeigt, wie sehr die Hersteller diesen wichtigen Aspekt berücksichtigen.
Auch beim DeLonghi ECAM 23.466.B gibt es nichts zu beanstanden. Die werksseitig eingestellten Intervalle für die Entkalkung und die Grundreinigung sind bereits engmaschig, sie müssen nur dann angepasst werden, wenn ihr besonders kalkhaltiges oder hartes Wasser habt.
Die herausnehmbare Brühgruppe lässt sich leicht abspülen und trocknen. Das solltet ihr am besten nach jedem Betriebstag machen.
Der Tresterbehälter, die Auffangschale und die entnehmbaren Komponenten des Milchschaumsystems können problemlos in die Spülmaschine gegeben werden.
Den Wassertank und den Wasserfilter solltet ihr regelmäßig reinigen – am besten immer dann, wenn ihr ihn ohnehin nachfüllen müsst. Das dauert nur wenige Sekunden länger und sorgt für die beste Kaffeequalität.
Ein kleines Ärgernis ist, dass die Maschine vor und nach jedem Kaffeebezug Wasser durch die Leitungen pumpt. Dadurch füllt sich die Auffangschale relativ schnell und muss öfter entleert werden. Hygienisch betrachtet ist das jedoch völlig in Ordnung.
Fazit zum DeLonghi ECAM 23.466.B – Sehr gut, aber notwendig?
Der DeLonghi ECAM 23.466.B hat mich trotz der anfänglichen Startschwierigkeiten und der babylonischen Begriffsverwirrung überzeugt. Es handelt sich um einen großartigen Kaffeevollautomaten, der mit sinnvollen Funktionen und einem leckeren Ergebnis in der Tasse punktet.
Dennoch frage ich mich, ob dieses Produkt wirklich notwendig ist. In ähnlichen Preisklassen bin ich von der DeLonghi Dinamica ECAM 350.55.B noch etwas mehr überzeugt. Sie ist moderner, etwas leiser und insgesamt intuitiver.
Auch in höheren oder niedrigeren Preisklassen gibt es meiner Meinung nach stärkere Geräte von DeLonghi.
In der Einstiegsklasse ist der DeLonghi ECAM 22.110 seit Jahren der Testsieger in Sachen Preis-Leistung. Hier sind auch die Tasten klar benannt.
Wer sich etwas gönnen möchte, kann sich mit der DeLonghi PrimaDonna-Reihe in den höheren Preisregionen einrichten. Dort gibt es noch mehr Funktionen und Luxusmerkmale wie Edelstahl und Sonderfunktionen.
Was sagt das über den ECAM 23.466.B aus? Nicht viel. Höchstens, dass die Hersteller Angst haben, in einem wachsenden, aber begrenzten Markt zu kurz zu kommen. Denn wenn ein Kunde einen neuen Kaffeevollautomaten gekauft hat, wird er nicht gleich in der nächsten Woche einen neuen kaufen.
Deshalb überfluten die Hersteller den Markt mit ständigen Neuerscheinungen, die zwar wenig innovativ sind, sich aber als “neu” verkaufen lassen. Das macht die Geräte nicht schlechter, nur ein wenig überflüssig.
Dennoch ist der DeLonghi ECAM 23.466.B ein guter Kaffeevollautomat, der ohne den Vergleich mit seinen Markengeschwistern überzeugt. Was denkt ihr darüber? Lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen.