Es ist Zeit für eine Weihnachtsüberraschung für die Freunde von Mittelerde. Neun Jahre nachdem “Die Rückkehr des Königs” die bahnbrechende “Herr der Ringe”-Trilogie abgeschlossen hat, hat Peter Jackson endlich seine Verfilmung von “Der Hobbit” fertiggestellt. Doch selbst unter den eingefleischten Mittelerde-Enthusiasten gab es leichte Zweifel, als Jackson ankündigte, dass aus den geplanten zwei Filmen erneut eine Trilogie werden würde. Die Frage war: Kann man wirklich aus einem Buch, das nur ein Drittel der Länge von Tolkiens Hauptwerk hat, eine weitere riesige Kinotrilogie machen? Die Antwort nach dem ersten Film “Eine unerwartete Reise” lautet: Ja, man kann – aber ob es wirklich sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.
Ein Hobbit auf Abenteuerreise
In einem Loch im Boden lebt ein Hobbit mit dem Namen Bilbo Beutlin. Er fühlt sich wohl in seinem gemütlichen Zuhause im Auenland, bis eines Tages der Zauberer Gandalf vor seiner Tür steht. Bilbos Zuhause wird zum Treffpunkt einer Gruppe von dreizehn Zwergen unter der Führung von Thorin Eichenschild. Sie planen, ihre Heimat zurückzuerobern, die einst vom Drachen Smaug erobert wurde. Der Hobbit soll sie auf ihrer Mission begleiten, was ihn zunächst nicht sonderlich begeistert. Doch er ändert seine Meinung und schließt sich der Gruppe an. Auf dem Weg trifft er zum ersten Mal auf Orks, Trolle und Elben. Und er begegnet einem merkwürdigen Wesen namens Gollum.
Ein visuelles Erlebnis der Extraklasse
Das Zauberwort lautet 48fps (“Frames per Second”). Mit 48 statt der üblichen 24 Bildern pro Sekunde bietet “Der Hobbit” ein völlig neues Kinoerlebnis mit einer noch nie dagewesenen Detailschärfe und Klarheit. Dieses Versprechen wird auch tatsächlich eingehalten. Obwohl nicht alle Kinos über die technische Ausstattung verfügen, lohnt es sich, nach den entsprechenden Abspielstätten zu suchen. Der Unterschied ist deutlich erkennbar. Die Darstellung wirkt zunächst ungewohnt, aber man fühlt sich noch mehr “mittendrin” im Geschehen. Der 3D-Effekt wird verstärkt und die Bilder erscheinen heller als in anderen Filmen. Die Detailschärfe lässt das Gezeigte jedoch fast künstlich und theatralisch wirken. Ob einem das gefällt, ist Geschmackssache. Doch insgesamt ist diese technische Innovation äußerst interessant und man gewöhnt sich mit der Zeit daran.
Augenschmaus für Fans von Mittelerde
Auch abgesehen von der neuen Aufnahmetechnik bietet “Der Hobbit” spektakuläre Bilder, atemberaubende Kamerafahrten und beeindruckende Schauplätze sowie faszinierende Wesen. Seit der “Rückkehr des Königs” sind einige Jahre vergangen, und die Möglichkeiten, was man zeigen kann, sind noch beeindruckender geworden. Für alle, die sich damals in die filmische Welt von Mittelerde verliebt haben, ist dieser Film ein Fest für die Augen. Doch genau das war von Anfang an zu erwarten. Tolkien’s Vorlage ist inhaltlich anders ausgerichtet als das spätere “Herr der Ringe”-Epos. “Der Hobbit” ist ein Jugendbuch mit fantasievollen Ideen, das weniger düster und apokalyptisch ist als die Geschichte um Sauron und Mordor.
Ein bombastisches Epos mit einigen Schwächen
Die Anpassung eines vergleichsweise einfachen Buches wie “Der Hobbit” war keine leichte Aufgabe. Der Film muss dem bereits bekannten “Herr der Ringe”-Spektakel in nichts nachstehen, obwohl es sich hier nur um die bescheidene Vorgeschichte handelt. Daher beginnt der Film bereits vor Bilbos Reise mit einer großen Schlacht, bei der gezeigt wird, wie den Zwergen ihre Heimat genommen wurde. Auch der Drache Smaug wütet bereits in aller 3D-Herrlichkeit, obwohl er im Buch erst am Ende auftaucht. Trotzdem geht die Geschichte danach eine lange Zeit ruhig und langsam voran, mit Rückblicken und Anekdoten, die von den Reisenden erzählt werden und aufwendig umgesetzt werden. Dadurch wirkt der Mittelteil des Films zäh und es droht Langeweile aufzukommen.
Rettung in der Schlussetappe
Erst im letzten Drittel gewinnt “Der Hobbit” an Fahrt. Die Ereignisse in den Höhlen der Goblins und die Konfrontation zwischen Bilbo und Gollum bringen die Geschichte endlich auf Touren und erreichen das gleiche Tempo, die gleiche Action und das gleiche Spektakel wie der Vorgängerfilm. Von diesem Punkt an kann man den Film genießen. Doch am Ende stellt sich die Frage, wie man aus der Geschichte noch zwei weitere Filme füllen soll. Es ist klar, dass Peter Jackson schon Ideen hat, aber es könnte sein, dass nur die hartgesottensten Fans ihm auf dieser endlosen Reise folgen werden.
Der erste Teil von “Der Hobbit” bietet ein visuelles Erlebnis der Extraklasse und ist ein Augenschmaus für alle Fans von Mittelerde. Die Geschichte hat jedoch ihre Schwächen und wirkt stellenweise langatmig. Dennoch wird man als Zuschauer in die zauberhafte Welt von Mittelerde entführt und darf auf die Fortsetzung gespannt sein.