Der kleine Unterschied: Blutzucker und Gewebeglukose

Der kleine Unterschied: Blutzucker und Gewebeglukose

Bis zu 15 Mal am Tag – manchmal sogar noch öfter – in den Finger piksen. Das schmerzt, kostet Zeit und ist doch immer nur eine Momentaufnahme. Hilfe kommt von Systemen zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM-Systeme), von denen inzwischen viele offiziell zugelassen sind – auch um Therapieentscheidungen zu treffen. Jedoch noch nicht alle Systeme. Der Grund liegt im Messprinzip der CGM-Systeme. CGM-Systeme messen nicht den Blutzucker, sondern den Gewebezucker.

Der Unterschied zwischen Blutzucker und Gewebezucker

Würden sie den Blutzucker messen, müsste der Sensor, die Messelektrode, in einem Blutgefäß liegen. Tatsächlich aber liegt der Sensor des CGM-Systems als feiner Faden im Unterhautfettgewebe, genauer gesagt in der Zwischenzellflüssigkeit (interstitielle Flüssigkeit, Interstitium, Zwischenzellraum) und misst dort die Glukose. Untersuchungen haben gezeigt, dass Blutzucker und Gewebezucker im Prinzip gut übereinstimmen. Allerdings gilt das nur, solange der Blutzucker stabil ist. Wenn sich der Blutzucker rasch ändert, also schnell steigt oder fällt, dann dauert es eine gewisse Zeit, bis sich auch der Gewebezucker entsprechend bewegt. Daraus ergibt sich eine zeitverzögerte Anzeige der Werte.

Ein CGM-System zeigt also nicht 1:1 den aktuellen Blutzuckerwert an, sondern den zeitverzögerten Glukosewert in der Gewebsflüssigkeit. Vor diesem Hintergrund sind auch die Trendpfeile zu interpretieren, mit denen das GCM-System anzeigt, in welche Richtung sich der Wert in nächster Zeit bewegen wird. Obwohl man im Zusammenhang mit CGM-Systemen auch von „Echtzeitmessung“ oder „Real-Time“ spricht, stimmt das also nicht ganz. Der Gewebezucker entspricht nicht zeitgleich dem Blutzucker, er hinkt sozusagen immer etwas hinterher. Die Zeitverzögerung kann zwischen fünf und 25 Minuten betragen. Man spricht auch von einem „Timelag“ (Zeitdifferenz). Und für den gibt es zwei Gründe, den Körper und die Technik.

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Rasche Veränderungen beim Blutzucker

Blutzucker und Gewebezucker stimmen gut überein, solange der Glukosespiegel konstant ist. Wenn der Blutzucker schnell steigt oder fällt, dauert es jedoch etwa fünf bis 25 Minuten, bis sich auch der Gewebezucker entsprechend bewegt. Man spricht hier von einer physiologischen Zeitdifferenz, in der die Glukosemoleküle vom Blut durch die Kapillarmembran der Blutgefäße ins Gewebe treten und sich dort verteilen. Diese Zeitdifferenz macht sich vor allem in Phasen rascher Blutzuckerveränderung bemerkbar. Nach dem Essen steigt der Blutzucker mehr oder weniger schnell an, je nachdem, ob man schnell oder langsam wirkende Kohlenhydrate zu sich genommen hat. Zuckerhaltige Getränke oder Süßspeisen erhöhen den Blutzucker zum Beispiel sehr schnell. Beim Sport hingegen fällt der Blutzucker dagegen recht schnell ab, weil der Körper mehr Energie verbraucht und entsprechend weniger Insulin benötigt. In beiden Fällen ändert sich der Blutzucker so schnell, dass das CGM-System dies nur mit einer größeren Zeitverzögerung abbilden kann. Deshalb muss vor allem beim Sport und bei niedrigen Werten mit Unterzuckerungsgefahr zur Sicherheit herkömmlich der Blutzucker gemessen werden.

CGM-System kalibrieren

Außerdem gibt es eine sogenannte technische Zeitdifferenz, die beispielsweise durch physikalische Eigenschaften des Sensors oder die für die Signalverarbeitung benötigte Zeit des CGM-Systems zustande kommt. Herkömmliche Blutzuckermessungen werden in bestimmten Situationen also auch weiterhin notwendig sein. Wie zum Beispiel auch beim Kalibrieren des CGM-Systems. Manche CGM-Systeme müssen oder geben die Möglichkeit, mittels einer herkömmlichen Blutzuckermessung kalibriert (geeicht) werden, damit das System genau misst. Damit die Kalibration erfolgreich ist, sollte sie in einer Phase mit stabilem Glukosewerte erfolgen.