Hunde, denen ein stark ausgeprägter “Will to please” nachgesagt wird, gelten als leicht erziehbar, lernfähig, anhänglich und arbeitsfreudig. Sie gelten als Hunde, die ihren Menschen nahestehen und diesen gerne führen lassen, während sie sich bemühen, ihren Wünschen zu entsprechen. Es gibt jedoch keine einheitliche Definition für diesen Begriff.
In Rassebeschreibungen werden in der Regel Hüte- und Treibhunde mit dieser Eigenschaft in Verbindung gebracht. Aber auch Retriever, andere Gebrauchshunde und Gesellschaftshunde werden häufig als Hunderassen genannt, die einen starken “Will to please” haben.
Ist es nicht eher eine hohe Bereitschaft, aus eigenem Antrieb mit dem Menschen zusammenzuarbeiten?
All diese Hunde haben etwas gemeinsam: Sie wurden ursprünglich gezüchtet, um eng mit dem Menschen zusammenzuarbeiten und viel Zeit mit ihm zu verbringen. Hüte- und Treibhunde arbeiten eng mit dem Schäfer zusammen, um die Herde zu kontrollieren und auf andere Weiden zu bringen. Retriever bringen dem Jäger geschossene Enten, ohne sie alleine zu verspeisen, und Gesellschaftshunde wurden gezüchtet, um dem Menschen Gesellschaft zu leisten. Dabei geht es beim “Will to please” nicht um Arbeitsmotivation, wie oft angenommen wird. Die Hunde, die diese Eigenschaft haben, stammen in der Regel aus Berufen, die eine hohe Kooperation mit dem Menschen erfordern.
Im Gegensatz dazu sind eigenständig arbeitende Hunderassen wie Herdenschutzhunde, Dackel oder Terrier nicht für einen starken “Will to please” bekannt. Sie arbeiten ebenfalls mit dem Menschen zusammen, jedoch viel eigenständiger, treffen mehr eigene Entscheidungen und hinterfragen möglicherweise eher die Notwendigkeit bestimmter Aufgaben.
Freude an der Zusammenarbeit
Man kann also sagen, dass Hunde mit einem starken “Will to please” Freude daran haben, mit dem Menschen zusammenzuarbeiten, und daher sehr gut motivierbar sind, auch für Aufgaben, die nicht ihrem Naturell entsprechen.
Bei komplexen und schwierigen Aufgaben suchen Hunde mit einem starken “Will to please” oft schneller den Blickkontakt zum Menschen und versuchen durch Bellen auf ihre Bedürfnisse aufmerksam zu machen.
Aber auch wenn es schmeichelt, heißt das nicht, dass diese Hunde alles nur aus Liebe zu ihren Menschen und für deren Zuneigung tun.
Viele Aufgaben, wie das Hüten bei Border Collies oder das Apportieren bei Retrievern, sorgen allein durch die Ausschüttung von Dopamin für einen hohen Selbstbelohnungseffekt und freudige Erwartung, wenn es wieder zur Arbeit geht. Das muss nicht unbedingt etwas mit dem Menschen zu tun haben. Positive Erlebnisse mit dem Menschen, Zuwendung und verbales Lob wirken sich jedoch zusätzlich belohnend aus. Trotzdem muss dies immer individuell bewertet werden.
Kann man dann auf weitere Belohnungen verzichten?
“Der Hund will mir gefallen – das reicht als Belohnung, um mit mir zusammenzuarbeiten.”
Die Motivation des Hundes, mit dem Menschen zusammenzuarbeiten, sollte nicht als Selbstverständlichkeit betrachtet und hingenommen werden. Es hängt am Ende mit den individuellen Lernerfahrungen jedes einzelnen Hundes zusammen. Vor allem für Aufgaben, die nicht dem Naturell des Hundes entsprechen oder mit starken Emotionen verbunden sind, ist es neben der richtigen Trainingstechnik besonders wichtig, passende Verstärker zu finden. Andernfalls können andere Dinge schnell spannender werden als Herrchen oder Frauchen.
Es lohnt sich jedoch fast immer, auch an verbalen Signalen und Stimmungsübertragung zu arbeiten. Den Hund in schwierigen Situationen zu bestärken, halte ich grundsätzlich für eine gute Idee – auch bei Terriern.
Sind Hunde mit “Will to please” besonders leicht zu erziehen?
“Besonders gelehrig, nah am Menschen und daher leicht zu erziehen.” So lautet oft die Schlussfolgerung.
Schauen wir uns das genauer an:
Wenn wir “leicht zu erziehen” mit “gut trainierbar” gleichsetzen, ist das sicherlich richtig. Diese Hunde sind aufgrund ihrer hohen Eigenmotivation und ihrer Begeisterung, Zeit mit ihrem Menschen zu verbringen, gut trainierbar. Aber das bedeutet nicht, dass alles immer einfach klappt! In der Formulierung “leicht zu erziehen” schwingt für mich die Vorstellung mit, dass man als Hundehalter:in wenig falsch machen kann und schnell und einfach zum Erfolg kommt. Das ist jedoch nicht unbedingt der Fall, nur weil der Hund gerne mitmacht. Es erfordert viel mehr: Unerwartete Ereignisse im Alltag oder mangelndes Wissen über Hunde verhalten, Körpersprache, Lerntheorien und wie man diese nutzen kann, führen manchmal ungewollt zu ungünstigen Lernergebnissen. Auf den “Will to please” sollte man sich daher nicht blind verlassen. Denn wer schnell und einfach lernt, lernt auch schnell und einfach unerwünschtes Verhalten.
Daher ist es wichtig, dass sich Hundehalter:innen Wissen aneignen und bei Problemen frühzeitig professionelle Unterstützung durch Hundetrainer:innen oder Verhaltensberater:innen suchen.
Verantwortung der Hundehalter:innen
Es ist jedoch wichtig zu bedenken, dass mit einem solchen Hund eine große Verantwortung einhergeht. Mit dem richtigen Training sind diese Hunde oft bereit, über ihre Grenzen hinauszugehen und gegen ihre Bedürfnisse zu handeln. Wir laufen also Gefahr, viel mehr zu trainieren, als für den Alltag und das Wohl des Hundes notwendig ist, und ihn damit indirekt zu manipulieren und zu “biegen”.
Es ist eine große Verantwortung, diesen Hunden genügend Raum für echte Selbstwirksamkeit und Bedürfnisbefriedigung gemäß ihrer Art zu ermöglichen. Es ist besonders wichtig, ihre Eigeninteressen und Unabhängigkeit vom Menschen zu fördern und ihnen zu zeigen, dass es nicht notwendig ist, immer “auf Empfang” zu sein. Denn ständige Bereitschaft geht immer mit einer erhöhten Erregung einher, führt zu Schlafmangel und Dauerstress, und kann zu schwerwiegenden Verhaltensproblemen führen. Das bedeutet nicht nur psychische Belastung für den Hund, sondern kann auch auf vielfältige Weise krankheitsfördernd sein.
Fazit:
Hunde mit einem starken “Will to please” stehen Menschen nahe und arbeiten gerne mit ihnen zusammen. Aber sie sind keine Selbstläufer. Für ein harmonisches und erfülltes Zusammenleben ist umfangreiches Wissen über Hunde, Verhalten, Lerntheorien, Trainingsmethoden und einen bedürfnisorientierten Umgang erforderlich.
Am Ende sollte man meiner Meinung nach vorsichtig sein, nicht zu viel von Hunden mit einem starken “Will to please” zu erwarten oder von ihnen zu verlangen. Es ist immer eine gute Idee, jeden Hund und jede Situation individuell zu betrachten und ihnen auch die Möglichkeit zu geben, einfach Hund zu sein.
(Übersetzt und überarbeitet von original article by Simone Beelitz)