Deutschland liegt weltweit fast an der Spitze, wenn es um den Strompreis geht – allerdings im negativen Sinne. Nur auf den Bermudas ist der Strom noch teurer. Im Juni 2021 zahlten wir im Schnitt rund 32 Cent pro Kilowattstunde. Mitte 2022 hat der Strompreis nochmal deutlich zugelegt, auf fast 41 Cent.
Ein Teil der Kosten sind vom Staat und den Stromnetz-Betreibern vorgegeben. Den Rest bestimmt Dein Stromanbieter. Dieser Teil des Strompreises hängt u.a davon ab, wie gut der Anbieter mit Stromerzeugern direkt und an der Strombörse handelt.
In diesem Artikel betrachten wir genauer, wie sich der Strompreis zusammensetzt – und wer wie viel vom Kuchen abbekommt. So kannst Du die nächste Strompreiserhöhung vielleicht schon besser einschätzen.
Strompreis besteht aus drei Bestandteilen
In Deutschland zahlen wir beim Strom für drei große Bestandteile: für den produzierten Strom als solchen, den Stromtransport bis zu uns nach Hause und für das, was uns der Staat zusätzlich auferlegt, also Steuern und Umlagen.
Nur in dem ersten Bereich, beim Preis für den produzierten Strom, gibt es einen Wettbewerb. Da kommt Dein Stromanbieter ins Spiel. Dagegen sind die Kosten für den Stromtransport (Nutzung der Stromnetze) sowie Steuern und Abgaben vorgegeben.
1. Der Preis für produzierten Strom
Nur etwa 60 Produzenten von Strom (Stromerzeuger) gibt es in Deutschland – gegenüber hunderten von Stromanbietern, bei denen Du Deinen Stromvertrag abschließen kannst. Es ist also gar nicht so unwahrscheinlich, dass Dein Stromanbieter nur als Vermittler tätig ist und seinen Strom vom Erzeuger einkaufen muss.
Dein Stromanbieter hat zwei Möglichkeiten, Strom einzukaufen: Entweder schließt er mit den Stromerzeugern direkt Verträge ab, oder er bietet an der Strombörse bei Auktionen mit. Wie das genau funktioniert, erklären wir Dir in unserem Artikel über die Strombörse.
Beschaffungskosten, Vertrieb, Marge
Hat Dein Stromanbieter Strom eingekauft, schlägt er in der Regel noch die Kosten für den Vertrieb drauf. Das sind zum Beispiel die Kosten dafür, dass er im Internet für sich wirbt oder Vergleichsportalen für Neukunden eine Provision zahlt. Damit er auch Gewinn macht, kommt noch die sogenannte Marge dazu. Insgesamt gehen rund die Hälftedes Strompreises an Deinen Versorger (s. Grafik unten, Tortenstück „Stromerzeugung“).
Wettbewerb zwischen den Stromanbietern
Am Ende ist das der Preisanteil, um den die Stromanbieter im Wettbewerb stehen. Diejenigen Anbieter haben die Nase vorn, die es schaffen, den Stromverbrauch ihrer Kunden gut vorherzusagen und dementsprechend günstig einzukaufen, und die zudem ihre Vertriebskosten gering halten.
Als Stromkunde kannst Du häufig Geld sparen, wenn du immer wieder mal in Deinen Stromvertrag guckst und ein Stromvergleich machst, ob sich ein Wechsel des Stromanbieters lohnt. Auch ein Balkonkraftwerk kann einen Teil Deiner Stromkosten reduzieren.
2. Netzentgelte: Preis für den Stromtransport
Der produzierte Strom muss irgendwie zu Dir gelangen. Dafür sind die Stromnetze da. Es gibt zwei verschiedenen Arten:
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Höchstspannungsnetze oder Übertragungsnetze sind dafür verantwortlich, Strom über große Entfernungen durch Deutschland zu transportieren. Dafür werden entweder Erdkabel oder Freileitungen verwendet. Insgesamt haben wir in Deutschland etwa 35.000 Kilometer Höchstspannungsnetz von vier Netzbetreibern: 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW. Die Unternehmen sind in unterschiedlichen Teilen Deutschlands tätig.
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Regionale Stromnetze oder Verteilnetze liefern den Strom dann zu Dir als Endkunden. Verteilnetzbetreiber können beispielsweise zu einem Stadtwerk gehören oder auch zu einem der großen Energieversorger. Größter Verteilnetzbetreiber ist Westnetz in Dortmund.
Sowohl die Eigentümer der Höchstspannungsnetze, als auch die Verteilernetzbetreiber möchten Geld dafür, dass sie den Strom transportieren. Diese sogenannten Netzentgelte sind der zweite große Posten Deines Strompreises: Sie machen 2022 etwa ein Viertel vom Endpreis aus.
Netzentgelte abhängig vom Wohnort
Wenn Du Dir die Strompreise in der Bundesrepublik anschaust, wirst du feststellen, dass es teilweise deutliche regionale Unterschiede gibt. Grund dafür ist, dass unterschiedliche Netzbetreiber zuständig sind und diese ihre Netzentgelte selbstständig festlegen können. Eingepreist sind in der Regel Investitionen ins Netz, etwa dessen Ausbau oder Instandhaltung.
Manche Stromanbieter geben nun die regional unterschiedlichen Netzentgelte direkt an die Kunden vor Ort weiter: Abhängig von der Postleitzahl gilt ein anderer Strompreis. Andere Stromanbieter setzen einen bundeseinheitlichen Preis fest – und finanzieren den Strom der Kunden in den teuren Gebieten mit dem Geld der Kunden in den günstigen Gegenden.
3. Steuern, Abgaben und Umlagen
Der weiterer Teil des Strompreises geht an den Staat: gut 30% dessen, was Du am Ende bezahlst, sind Steuern, Abgaben und Umlagen.
Steuern
Besteuert wird der Strom gleich zweimal: Für den Strom als Ware werden 19% Mehrwertsteuer fällig, auch Umsatzsteuer genannt. Die Mehrwertsteuer macht so am Ende 16% vom Strompreis aus.
Hinzu kommt die Stromsteuer in Höhe von 2,05 Cent pro Kilowattstunde, was einen Anteil von 5% vom Strompreis ausmacht. Die Stromsteuer wurde 1999 als Teil der Ökosteuer eingeführt. Sie soll einen Anreiz schaffen, den Stromverbrauch zu reduzieren und erneuerbare Energien zu fördern.
Abgaben und Umlagen
Bis Ende Juni 2022 wurde noch 3,7 Cent pro Kilowattstunde als EEG-Umlage auf den Strompreis draufgeschlagen. Diese ist zum 1. Juli 2022 abgeschafft worden. Die Stromversorger wurden gesetzlich verpflichtet, die Ersparnisse an die Verbraucher weiterzugeben. Die EEG-Umlage wurde im Rahmen der Energiewende geschaffen und finanzierte den Ausbau erneuerbaren Energien. Nach Abschaffung der EEG-Umlage wird die Förderung von erneuerbaren Energien aus dem Sondervermögen des Bundes “Energie- und Klimafonds (EKF)” erfolgen.
Jetzt machen die Abgaben und Umlagen 8 % des Strompreises aus. Der größte Anteil hat dabei die Konzessionsabgabe, die an Städte und Kommunen für den Bau und Betrieb der Stromleitungen gezahlt wird. Die Höhe der Abgabe richtet sich nach der Einwohnerzahl der Gemeinde und reicht von 1,32 Cent/kWh bei kleineren Städten wie Xanten bis zu 2,39 Cent/kWh bei großen Städten wie Hamburg.
Zudem werden noch folgende Umlagen erhoben:
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Die KWK-Umlage wurde 2002 eingeführt, um die Stromerzeugung der sogenannten Kraft-Wärme-Kopplung zu fördern. Damit lässt sich gleichzeitig Strom und Heizwärme erzeugen, was als sehr effizient gilt. Sie ist von 0,25 Cent/kWh im Jahr 2021 auf 0,38 Cent/kWh für 2022 gestiegen.
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Die §19-NEV-Umlage ist dazu gedacht, Vergünstigungen für Industrieunternehmen zu ermöglichen. In der Regel zahlen große Gewerbekunden weniger für ihren Strom als Privatkunden. Die Höhe für Privatkunden liegt stabil bei 0,44 Cent/kWh.
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Die Offshore-Haftungsumlage ist als Rücklage für Schadensersatzforderungen gedacht, sollte es bei der Netzanbindung von Offshore-Windparks zu Ausfällen kommen. Sie ist von 0,40 Cent/kWh im Jahr 2021 auf 0,42 Cent/kWh für 2022 gestiegen.
Was Du aus dem Artikel mitnehmen kannst
Der Strompreis besteht im Wesentlichen aus drei Bestandteilen: Kosten für produzierten Strom, dessen Vertrieb und einer Marge, außerdem Netzentgelte sowie Steuern, Abgaben und Umlagen. Die Gebühren für den Transport des Stroms durch die Netze können sich von Region zu Region deutlich unterscheiden.
Der mit Abstand größte Anteil Deines Strompreises ist (staatlich) festgelegt. Das engt Deinen Stromanbieter bei seiner Preisgestaltung ein. Doch etwas Spielraum verbleibt dem Stromversorger. Wenn ein Anbieter besser einkauft und seinen Vertrieb effizienter organisiert, kann er Dir einen besseren Strompreis anbieten.
Es kann sich daher lohnen, nach einem günstigeren Stromversorger zu schauen. Wenn Du an grünem Strom interessiert bist, schau am besten mal auf unseren Ökostrom-Vergleich. In der aktuellen Situation immernoch extrem hoher Strompreise Mitte 2022 kann es jedoch gut sein, dass es günstiger ist, erstmal bei Deinem Anbieter zu bleiben – bis sich der Strommarkt wieder normalisiert hat.