Wer gerne kocht, weiß bereits, dass die Sardelle der vielseitigste und unverzichtbarste Fisch der italienischen Küche ist. Sie gehört zur Familie der heringsartigen Fische, die unter dem Begriff “pesce azzurro” zusammengefasst werden. Sardellen findet man oft in kleinen, hübschen Gläschen oder Döschen, eingelegt in Olivenöl oder Salzlake. Wenn sie in Lake eingelegt sind, werden sie offiziell Anchovis genannt. Gemeint ist immer die Europäische Sardelle, auch bekannt als engraulis encrasicolus.
Vielseitiges Fischlein: Die Sardelle als Zutat und Würzmittel
Ob als eigenständige Zutat auf einem Butterbrot oder als Gewürz in zahlreichen Sughi und Gerichten – die Sardelle ist ein Genuss. Manchmal bemerkt man ihre Anwesenheit gar nicht, fragt sich nur, was den Geschmack so sagenhaft gut macht. In vielen italienischen Gerichten sorgen geschmolzene Sardellen für den beglückenden Geschmack, von der Bagna Cauda aus dem piemontesischen Bergland über die Salsa verde bis hin zur sommerlichen Pasta an der Amalfi-Küste. Sardellen eignen sich auch als olfaktorischer Aperitif. Einfach ein paar eingelegte Sardellen in heißem Olivenöl zerlassen und der Raum duftet wie ein italienisches Strandrestaurant.
Nicht zu verwechseln: Sardinen und Sardellen
Verwechslungsgefahr besteht oft mit den Sardinen. Auch sie gehören zu den heringsartigen Fischen, sind jedoch größer als Sardellen. Während Sardellen maximal 20 Zentimeter lang werden, können Sardinen bis zu 30 Zentimeter erreichen. Sardinen werden oft in Dosen mit Öl verkauft und eignen sich gut auf Butterbrot. Im Gegensatz zu Sardellen bleiben sie meist ganz und die Dosen sind entsprechend größer. Ihr Fleisch hat zudem eine völlig andere Konsistenz. Sardinen werden vor dem Einlegen in die Dose gekocht oder gedünstet, während Sardellen direkt nach dem Fang roh eingesalzen und fermentiert werden, bevor sie mit Öl oder Lake in Glas oder Dose landen. Wie man klassische Dosensardinen für eine schnelle Pasta verwendet, erfahren Sie hier.
Alici und Acciughe: Zwei Worte für Sardellen
In Italien gibt es zwei Worte, die oft für Verwirrung sorgen: Alici und Acciughe. Man könnte denken, dass es sich dabei um Sardinen und Sardellen handelt. Tatsächlich aber bezeichnen beide Worte die Sardelle, während die Sardine einfach “sarda” genannt wird. Das Wort “acciuga” kommt aus dem Lateinischen und hat sich an der ligurischen Küste etabliert, während “alice” aus dem Neapolitanischen und Sizilianischen stammt. Die meisten Produzenten von Sardellen befinden sich immer noch in einer der beiden Küstenregionen.
Qualität von Sardellenprodukten variiert stark
Die Qualität von Sardellenprodukten kann leider stark variieren. Es empfiehlt sich daher, sich an renommierte Hersteller zu halten. Zum Beispiel legt der sizilianische Olivenölhersteller Cutrera sizilianische Sardellen in eigenem Olivenöl ein. Das aromatisierte Öl ist ein Genuss und kann bedenkenlos mitverzehrt werden. Aus Spanien kommen ebenfalls hervorragende Sardellen. Der Hersteller Ortiz steht für außergewöhnliche Qualität, mit fleischigen und fein gereiften Sardellen ohne die mehlig Note minderwertiger Produkte. Das verwendete Öl kann jedoch nicht mit dem von Cutrera mithalten.
Was tun mit frischen Sardellen?
Frische Sardellen haben wiederum einen ganz anderen Charakter. Wenn man in einer Fischtheke nach der besten Zubereitung für frische Sardellen fragt, erhält man in der Regel zwei Antworten: entweder roh mariniert in Zitronensaft, Essig, Olivenöl und Knoblauch oder in einem simplen Backteig ausgebacken mit frischem Zitronensaft. Die rohmarinierte Variante birgt jedoch seit einigen Jahren Risiken. Fischhändler weisen immer wieder darauf hin, dass man frische Sardellen vor dem Verzehr mindestens 24 Stunden bei -20°C einfrieren sollte, um das Risiko einer Anisakiasis, auch als Heringswurmkrankheit bekannt, zu vermeiden. Anisakis ist ein Darmparasit, der bei fischfressenden Meeressäugern wie Delphinen und Robben vorkommt. Kleinkrebse und Fische dienen als Zwischenwirte und können für Menschen gefährlich sein. Durch ausreichendes Erhitzen, Marinieren oder Schockfrostung kann man eine Infektion verhindern.
Colatura di Alici: Ein ganz besonderer Saft
Ein kleines Fischerdorf namens Cetara an der Küste Kampaniens südlich von Amalfi ist berühmt für seine Sardellen. Hier gibt es mehrere Hersteller von Sardellenprodukten, die teilweise nach Slow-Food-Kriterien arbeiten. Cetara ist auch die Heimat der Colatura di Alici, einer fermentierten Fischsauce, die sich in ganz Italien und darüber hinaus einen Namen gemacht hat.
Die bernsteinfarbene, klare und intensivwürzige Flüssigkeit hat eine lange Tradition, die bis zu den antiken Römern zurückreicht. Ihre Herstellung erfolgt nach strengen Regeln: Die Sardellen werden zwischen dem Fest der Verkündigung des Herrn am 25. März und dem Gedenktag der Heiligen Maria Magdalena am 22. Juli gefischt. Nachdem sie von Kopf und Innereien befreit wurden, werden sie 24 Stunden lang gesalzen und dann in Fässer aus Kastanien- und Eichenholz gelegt. Zwischen den einzelnen Schichten wird reichlich Meersalz gestreut und die Fässer mit Gewichten beschwert, um den Saft aus den Fischen zu pressen.
Colatura di Alici ist traditionell eine Weihnachtsspezialität und ein vielseitiges Würzmittel. Ein paar Tropfen davon im Salatdressing oder zu Gemüse verstärken den Geschmack, ohne “nach Fisch” zu schmecken. Natürlich gibt es auch ein passendes Pastagericht, das nur aus regionalen Zutaten besteht: Spaghetti aus dem Nachbarort Gragnano, Colatura aus Cetara und Olivenöl aus dem Hinterland von Kampanien.
Selbst wer bisher etwas skeptisch gegenüber Fischkonserven war, sollte sich ein Gläschen eingelegte Sardellen in den Kühlschrank stellen und sich langsam an ihren Geschmack gewöhnen. Egal ob in Tomatensoße oder zu gedünstetem Gemüse – nach kurzer Zeit wird man den Geschmack nicht mehr missen wollen.
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