Der Ursprung des Ketchup – eine lange Erfolgsgeschichte (und fast ohne Tomaten)

Der Ursprung des Ketchup – eine lange Erfolgsgeschichte (und fast ohne Tomaten)

Ja, Sie lesen richtig. Aber bevor Sie jetzt ganz erschrocken nach der Ketchup Flasche im Kühlschrank greifen, hier eine kurze Entwarnung. Ihr handelsüblicher Ketchup vom Supermarkt um die Ecke enthält mit ziemlicher Sicherheit, je nach Hersteller, zumindest Spuren von Tomaten.

Aber das war nicht immer so.

Fishy Origins

Auch wenn die Ursprünge des Ketchups maßgeblich sogar weit bis in die Zeit vor Christi Geburt zurückreichen und sich bis heute nicht vollends klären lässt, wo die Sauce ihren Ursprung fand, so wissen wir doch eines ganz klar: Ketchup hatte zu Anfang rein gar nichts mit Tomaten zu tun.

Schon frühe Nachforschungen suchten den Ursprung der Sauce im fernen Osten. Bereits im 19. Jahrhundert wurde angenommen, dass sich der Begriff Ketchup aus dem Malaysischen herleitet. Ein Blick in ein malaysisches Wörterbuch aber offenbart, dass der Begriff auch dort nur eine Herleitung ist und zwar aus dem Chinesischen.

Tatsächlich findet man in einem speziellen chinesischen Dialekt das Wort kê-tsiap, dass eine dickflüssige Tunke aus fermentiertem Fisch beschreibt. Knackpunkt an dieser Herleitung ist aber, dass laut Sprachwissenschaftlern auch dieses Wort nur ein Import in die Chinesische Sprache ist, mit wahrscheinlichem Ursprung in Vietnam.

Aber wie kommt man von einer Fischsauce auf den heutigen Tomatenketchup?

Entgegen aller Etymologie liegt die wahrscheinlichste Origin-Story für eine der weltweit beliebtesten Saucen in Südostasien, genauer gesagt in Indonesien. Hier wird unter dem Wort „kecap“ noch heute eine Sauce auf Basis schwarzer Sojabohnen hergestellt.

Auch wenn nicht genau bekannt ist, wo die Ursprünge der heute weltweit beliebten Sauce liegen, ist das westliche Wissen um den Begriff seit dem 17. Jahrhundert belegbar, als englische Kaufleute die Sauce aus Südostasien mitbrachten. In den folgenden Jahrzehnten entwickelten sich unter dem Namen Ketchup eine Reihe von mitunter sehr unterschiedlichen Saucen. Diese Rezepte basierten meistens auf Austern, Pilzen, Walnüssen oder roter Bete und ähnelten eher dickflüssigen Pasten, die je nach Nutzung und Präferenz mit anderen Flüssigkeiten verdünnt wurden.

Bereits ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurde solcher Ketchup als Fertigsauce in Geschäften verkauft, also nicht nur als Familienrezept zum Verbrauch in der heimischen Küche produziert.

Einig war all diesen Varianten der aus Asien mitgebrachten Sauce in vielen Fällen nur eins: Tomaten suchte man vergeblich.

Auch wenn heute die meisten Leute Ketchup ohne großes Hinterfragen mit Tomaten gleichsetzen, hängen diese frühen europäischen Experimente und ihre bis vor kurzem tomatenfreie, jahrtausende lange Geschichte der Sauce immer noch an. Aus diesem Grund findet man auf den Flaschen von Heinz, Hela & Co. bis heute den klaren Aufdruck „Tomatenketchup“ als Differenzierung zu anderen, heute kaum noch bekannten Formen der Sauce.

Die Tomate

Zwar waren die ursprünglich aus Südamerika stammenden Tomaten schon seit dem 16. Jahrhundert in Europa bekannt, aber damals wäre niemandem eingefallen, die fleischigen Früchte zu essen, geschweige denn als Basis für Saucen zu verwenden. Tomaten gehören zur Gattung der Nachtschattengewächse, einer Pflanzengruppe, die im Volksmund unter anderem für ihre Giftigkeit verschrien ist. Tatsächlich enthalten Tomaten, ebenso wie Kartoffeln, Tabak und Tollkirsche, tatsächlich den schwachgiftigen Stoff Solanin. Dieser Stoff ist hitzebeständig und wird also beim Kochen oder Braten nicht aufgebrochen und kann ab ca. 400 Milligramm für Menschen tödlich sein und bereits ab 25 Milligramm zu Gesundheitsbeschwerden und Vergiftungserscheinungen führen.

Aber keine Panik: Der Stoff findet sich nur in bestimmten Pflanzenteilen und auch dann nur zu bestimmten Zeiten des Reifezyklus. Als vereinfachte Faustregel gilt: Hat die Tomate grüne Stellen, enthalten diese Solanin.

Bei gereiften Tomaten sind die Werte zu vernachlässigen und die tatsächlich enthaltene Giftmenge in unreifen Teilen der Frucht kann immer noch stark variieren. Komplett grüne Tomaten enthalten z.B. zwischen 9 und 32 Milligramm des Gifts pro 100g Frucht.

Historisch gesehen hatte die Tomate vor allem das Problem, dass ihre Verwandtschaft mit anderen Nachtschattengewächsen wie der Kartoffel schon früh erkannt wurde. Auch die Kartoffel wurde, wie die Tomate, anfänglich vor allem als Zierpflanze gehalten und als giftig verschrien, da die Menschen nicht wussten, wie man die Knollen richtig zubereiten musste. In Deutschland schaffte es erst Friedrich der Zweite von Preußen im Jahre 1740 die Vorsicht der Bauern zu brechen, als er in Berlin Kartoffelfelder anlegen und von Soldaten „bewachen“ ließ. Der augenscheinliche Wert der Pflanzen verleitete die Bauern dann dazu, die Kartoffeln von den Feldern zu stehlen und letztendlich im großen Stil selbst anzubauen – ganz im Sinne des Herrschers.

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Anders als die Kartoffel schaffte es die Tomate mit genügend Zeit auch ohne derartige Tricks wortwörtlich in den Volksmund. Es waren zunächst die Italiener, die im 17. und 18. Jahrhundert begannen, die Frucht der seltenen Zierpflanze als Medizin zu verwenden. Ab 1719 lässt sich dann auch nachweisen, dass die Italiener Tomaten aßen und bis Ende des 18. Jahrhunderts hatten auch die restlichen Europäer ihre Scheu gegenüber der Tomate abgelegt.

Die Tomatensauce ließ hiernach nicht lange auf sich warten und das erste Rezept für „Ketchup“ auf Basis von pürierten Tomaten erblickte 1812 in England das Gesicht der Welt. Was es von den gängigen Saucen unterschied, war allem voran die Zugabe von Essig, wodurch die Sauce fermentierte und lange haltbar blieb. Der „Tomatenketchup“ war geboren.

From Zero to Hero

Aber auch wenn die ursprüngliche Scheu verflogen war, war es noch ein weiter Weg für den Tomatenketchup bis zur unangefochtenen Position der weltweit beliebtesten Würzsauce und einige Meilensteine auf diesem Weg waren überraschend kurios.

Wie bereits erwähnt, gab es zur Zeit des ersten Ketchups bereits viele andere Saucen unter demselben Label, die bereits im großen Stil produziert und vertrieben wurden. Ketchup dagegen hatte sich zwar bis Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem in den USA weit verbreitet, wurde zu diesem Zeitpunkt aber immer noch vorwiegend selbst zu Hause hergestellt.

Den Umbruch brachte wie so oft die Effizienz. Als man Mitte des 19. Jahrhunderts begann, Tomatenkonserven industriell im großen Stil zu produzieren, fielen wie zu erwarten dabei als Nebenprodukt gequetschte Tomaten an – auch bekannt als die Grundlage von Ketchup. Statt diese wegzuwerfen, kam eine Vielzahl an Herstellern auf die Idee, das Abfallprodukt zu sammeln und daraus im großen Stil den beliebten Tomatenketchup herzustellen und für zusätzliche Gewinne zu verkaufen – mit Erfolg.

Zu diesen Ketchup-Pionieren gehörte auch die Firma Heinz, die es bereits um 1900 herum schaffte, zum unangefochtenen Marktführer in den USA zu werden. Bereits 1905 belief sich allein die Produktion im Hause Heinz auf 5 Millionen Ketchup Flaschen im Jahr.

Henry John Heinz war so von der Qualität seiner Sauce überzeugt, dass er seine Freizeit damit verbrachte, durch Bars und Kneipen zu ziehen und dort Ausschau nach Ketchup Flaschen aus seinem Haus zu halten. Wurde er fündig, so kaufte er dem Wirt die Flasche ab und nahm sie mit in der Überzeugung, dass die Anwesenheit seiner Produkte in derartigen Etablissements seiner Marke schaden würde.

Während der Ketchup-Konsum in den 1900ern in den USA boomte, war er zu Beginn des Jahrhunderts in Deutschland kaum verbreitet und nur durch Import aus dem Ausland in Spezialitätengeschäften erhältlich. Den ersten deutschen Ketchup verdanken wir dem heutigen Lebensmittelhersteller Zeisner, der 1937 in Bremen mit der Produktion begann. Durch den Zweiten Weltkrieg und die Armut der Nachkriegszeit blieb Ketchup fürs Erste allerdings weiterhin eine Seltenheit in deutschen Küchen, aber der Einfluss stationierter amerikanischer und britischer Soldaten machte auch den Menschen hierzulande den Tomatenketchup bald schmackhaft, und so dauerte es nicht lange, bis sich der Ketchup mit einem typisch deutschen Gericht verband – der Currywurst.

Ab 1954 drängten, beginnend mit Kraft, immer mehr Ketchup-Produzenten, vor allem aus den USA, auf den westdeutschen Markt und nutzten die in den 60er Jahren immer weiter steigende Nachfrage.

Auch in der DDR gewann Ketchup an Beliebtheit. Schnell wurde er hier Teil der sogenannten „Bückware“ – also der Güter, die es nicht immer zu kaufen gab und die allem voran unter der Hand gehandelt wurden. Entgegen der Entwicklung in den USA orientierten sich viele Ostdeutsche weg von der Fabrikware zurück zur Eigenproduktion. Ein Großteil der in der DDR gegessenen Tomaten stammte ohnehin aus den eigenen Gärten der Bürger.

Der erste weit verbreitete kommerzielle DDR Ketchup wurde von der Firma Werder produziert und erfreute sich vor allem in Ostdeutschland aber auch in angrenzenden Ländern des Ostblocks großer Beliebtheit. Noch heute gibt es rege Nostalgie, und die Versuche, das alte Rezept nachzuahmen, sind vielfältig.

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Während in beiden Teilen Deutschlands Ketchup vorrangig ein Luxusgut war, sah die Lage auf der anderen Seite des Atlantiks zur selben Zeit ganz anders aus. Dort hatte sich Ketchup durch die hohe Anzahl an Produzenten schnell auch bis in die untersten Einkommensschichten ausgebreitet. Die Erschwinglichkeit der Gewürzsauce aus Tomaten war ein so wichtiger Faktor, dass sogar die Politik versuchte, sie für sich zu nutzen. 1981, unter der Regierung von Präsident Reagan, sah sich das Gesundheitsministerium mit der schwierigen Aufgabe betraut, die Kosten für die täglichen Verpflegungen in Schulcafeterien zu senken. Die Lösung: Ketchup. Im Eilverfahren wurde ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, das die erschwingliche Gewürzsauce offiziell als Gemüse deklarierte. Somit wäre durch Beigabe von Ketchup ein großer Teil des vom Gesetzgeber geforderten Gemüses in jedem Schulessen gedeckt gewesen. Allerdings kam dieses Gesetz über einen Entwurf nie hinaus und wurde schnell von der Opposition abgeschmettert. Die Kinder durften weiterhin Gemüse essen.

Mit stetig wachsender internationaler Nachfrage nach Ende des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Kriegs hatte sich Ketchup bald den Titel als weltweit beliebteste Gewürzsauce gesichert, und für lange Zeit sah es so aus, als könnte nichts diesen Siegeszug jemals beenden.

2020 allerdings musste der König der Gewürzsaucen einen harten Schlag einstecken.

Im Zusammenhang mit der weltweiten Corona-Krise kam es in den USA, noch immer einer der Hauptkonsumenten, zu einem Ketchup-Engpass. Die Verbraucher waren zum Umdenken gezwungen und fanden bald ihren neuen Favoriten: Mayonnaise.

Ob dieser Trend nur umstandsbedingt ist oder ein langfristiges Umdenken der Verbraucher widerspiegelt, wird sich erst noch zeigen müssen.

Prinzipiell wird Ketchup in den USA und Europa heute in 3 spezielle Varianten unterteilt: Tomatenketchup, Gewürzketchup und Curryketchup.

Tomatenketchup ist die international wahrscheinlich bekannteste Variante und füllt auch hier in Deutschland rund 70 % aller Ketchup-Flaschen. Was ihn auszeichnet, ist der hohe Anteil an verwendeten Tomaten, die nach dem Pürieren nur mit Essig, Zucker, Knoblauch, Zwiebeln und weiteren Gewürzen und Dickungsmitteln gemischt werden.

Was den Gewürzketchup vom klassischen Tomatenketchup unterscheidet, ist vor allem die Zugabe von anderen Geschmacksträgern wie Gurken, Paprika oder Chilischoten, die einen Teil des ansonsten verwendeten Tomatenmarks ersetzen. Hierzu gehören verwandte Saucen auf Tomatenbasis wie z. B. Steak- und Barbecue-Saucen.

Curryketchup ist gerade in Deutschland sehr beliebt und macht hier ganze 20 % des konsumierten Ketchups aus. Grundlage ist der handelsübliche Tomatenketchup, der mit entsprechend abgestimmten Currygewürzmischungen angereichert wird.

Neben den bekannten Rezepturen gibt es aber auch heute noch einige exotische Sonderlinge, z. B. indonesischen Bananenketchup. Die Herstellung und Rezepturen sind weitgehend identisch mit dem normalen Tomatenketchup, nur werden die Tomaten mit Bananen ersetzt.

Auch Rezepte für Kürbisketchup nach dem gleichen Prinzip erfreuen sich reger Beliebtheit.

Auch Grüner Ketchup wird immer bekannter und gefragter. Aber keine Sorge, der Ketchup wird hier nicht aus grünen Tomaten produziert und enthält daher kein Solanin. Stattdessen bilden Spinat und grüne Paprika die kontrastierende Farbe für diese Art der beliebten Sauce.

In den frühen 2000er Jahren kam Heinz auf die Idee, Ketchup auch in anderen Farben zu produzieren, nahm hierfür allerdings nur den traditionellen Tomatenketchup und gesundheitsverträgliche Lebensmittelfarben. Das Ergebnis waren Farben wie Grün, Violett, Pink, Orange und Blau.

Der Tomatenketchup erfreut sich also reger Beliebtheit, und immer neue Alternativen zum traditionellen Tomatenmark versuchen dem Klassiker Konkurrenz zu machen. Die ursprünglichen europäischen Rezepte auf Basis von Muscheln, Fisch & Co. sind aus dem Alltag der meisten Menschen dagegen vollends verschwunden.

From Hero to Zero (Zucker)

Was auffällt, ist, dass all diesen Rezepten, neben ihrer Gemüsebasis und dem Essig zur Fermentierung und Haltbarmachung, vor allem eine weitere Zutat gemein ist: Zucker.

Wie so oft hat Zucker auch im Ketchup vor allem zwei Funktionen, nämlich den Geschmack zu verstärken und ganz nebenbei die Masse des Endprodukts zu ergänzen, was im Klartext bedeutet, dass man weniger andere Zutaten pro Flasche benötigt als ohne die Zugabe von Zucker. Und dieser Anteil kann mitunter ziemlich signifikant sein. Im traditionellen Ketchup aus den USA findet man z.B. bis zu 24 Gramm Zucker auf 100 Milliliter Ketchup, und selbst in handelsüblichen Marken mit deutlich weniger Zucker liegt der Anteil meist gut über der 10 % Marke.

Zur Verdeutlichung: Ein handelsüblicher Zuckerwürfel enthält ungefähr 3 g Zucker.

Will man seinen Ketchup mit deutlich weniger Zucker genießen, wendet man sich als Deutscher am besten an ausländische Produzenten. Der Country Ketchup von Stonewall Kitchen aus Maine z.B. enthält auf 517 Gramm Ketchup gerade mal 27 Gramm Zucker, also nur gut 5 %. Dem Geschmackserlebnis macht das aber absolut keinen Umbruch.

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Wer seinen Ketchup gerne ganz zuckerfrei genießen möchte, dem bleibt oft nichts anderes übrig, als den Ketchup wie in den guten alten Zeiten selbst herzustellen. Eine beliebte Alternative zu raffiniertem Zucker ist das Untermischen von süßen Früchten wie pürierten Datteln oder Aprikosen, die dem Ketchup trotzdem die typisch fruchtig-süße Note verleihen. Auch Honig ist eine beliebte natürliche Alternative.

Theoretisch lässt sich hauseigener Ketchup auch ganz ohne Zucker oder die Zugabe von anderen Süßungsmitteln herstellen, indem man den Mengenanteil einfach mit mehr Tomatenmark auffängt. Allerdings verliert der traditionelle Tomatenketchup dann seine ausgeprägte süßliche Note.

Wundermittel Ketchup

Auch wenn wohl jeder Ketchup als leckere Beilage zu Pommes & Co. kennt, hat die rote Sauce auch einen ganzen Haufen interessanter und hilfreicher Eigenschaften, die oft unbemerkt bleiben.

Ein Beispiel aus dem Alltag:

Wer hat sich nicht schon damit herumgeplagt, Ketchup aus der Flasche zu bekommen? Das Wundermittel heißt oft Flasche klopfen oder schütteln. Ketchup ist eine sogenannte „Nicht-Newtonsche Flüssigkeit“. Dieser seltsam anmutende Name bedeutet vereinfacht gesagt nur, dass Ketchup eine Flüssigkeit ist, die ihre Viskosität unter Druck oder Spannung verändert, anders als zum Beispiel Wasser. Bleibt der Ketchup lange ruhig und unbewegt in der Flasche, wird er dick und zähflüssig und lässt sich ohne Zuhilfenahme von Utensilien manchmal so gut wie gar nicht aus der Flasche bekommen. Durch das berühmte Klopfen oder Schütteln setzt man den Ketchup einer Spannung aus, die ihn dünnflüssiger werden und damit leichter aus der Flasche laufen lässt.

Ketchup ist übrigens nicht der einzige Stoff mit dieser Eigenschaft, und dasselbe Verhalten findet man unter anderem auch bei Zahnpasta, Honig, geschmolzener Butter, Shampoo, Blut, Treibsand und Granulat.

Fernab von Physik hat Ketchup auch einige überraschende Anwendungsmöglichkeiten im Alltag und mausert sich zu einer Art Schweizer Taschenmesser der Gewürzsaucen.

Vielleicht die bekannteste Extra-Fähigkeit des Ketchups ist, dass er in der Lage ist, Gerüche zu neutralisieren. In Film und Fernsehen muss er daher oft für Slapstick herhalten, wenn sich Leute eine Badewanne voller Ketchup einlassen, um Stinktiergeruch wieder loszuwerden. Eine, zumindest hierzulande, wesentlich praktischere Anwendung für diese Fähigkeit ist die Haustierpflege. Geben Sie Ihrem vierbeinigen Liebling statt Shampoo mal eine Ketchup-Kur, und der lästige Eigengeruch verfliegt im Nu.

Und wer die Sauce nicht nur zum Essen verwenden will, der sollte beim anschließenden Geschirrputz ebenfalls nach der Ketchup-Flasche greifen – zumindest wenn man Töpfe und Pfannen aus Kupfer benutzt. Die in Ketchup enthaltene Säure eignet sich perfekt, um Verschmutzungen von Kupfergegenständen zu entfernen, wirkt aber, aus demselben Grund wie z.B. Cola, damit auch beim Reinigen von Schmuck, dem Entfernen von Wasserflecken von Spüle & Co. oder sogar der Autowäsche.

Kommen wir nochmal zurück zur Haarpflege.

Wer geht im Sommer nicht gerne schwimmen? Leider kann das, zumindest wenn man blonde Haare hat, schnell zum Problem werden, und bevor man sich’s versieht, ist das goldene Haar plötzlich grün. Der Grund hierfür, so heißt es im Volksmund, ist Chlor – zumindest teilweise. Chlor selbst verfärbt die Haare nicht. Die grüne Farbe kommt von Kupfer, dass im Poolwasser gelöst ist. Chlor sorgt zusammen mit Wasser dafür, dass Kupfer oxidiert und die typisch grüne Farbe annimmt. Dieses Kupfer bindet sich dann an die Proteine der Haare. Das passiert allen Menschen, ist aber bei dunkleren Farbtönen wesentlich unauffälliger. Aber deswegen muss man als Mensch mit hellen Haaren nicht auf den Pool verzichten. Einfach beim Duschen Ketchup wie sonst Conditioner ins Haar einmassieren und abspülen. Wie beim Kochgeschirr löst die Säure des Ketchups die Kupferpartikel und damit die grüne Farbe aus dem Haar.

In einigen ländlichen Gegenden Osteuropas werden Ketchup-ähnliche Pasten und Pürees aus Tomaten und Ketchup mitunter bis heute als traditionelle Konservierungsmittel verwendet. Der in den Pasten enthaltene Essig wirkt, wie auch beim normalen Ketchup, als Konservierungsmittel, und Speisen, die in diesen Pasten versenkt und gelagert werden, profitieren somit ebenfalls direkt von diesem Effekt.

Wie man sieht, ist Ketchup ein richtiger Alleskönner. Also beim nächsten Einkauf gerne eine Flasche oder ein Glas mehr mitnehmen. Die Möglichkeiten sind viele.