Der verführerische Einfluss von Angeber-Jargon

Der verführerische Einfluss von Angeber-Jargon

Du kennst sie sicherlich, diese Menschen, die mit kompliziertem Fachjargon um sich werfen und dabei so wirken, als wüssten sie genau, wovon sie sprechen. Doch ist es wirklich sinnvoll, in komplexen, undurchsichtigen Worten zu kommunizieren? Eine kuriose Anekdote aus den 1970er-Jahren und diverse wissenschaftliche Studien zeigen, dass hochtrabende Sprache nicht immer den gewünschten Effekt erzielt.

Der Dr.-Fox-Effekt – Wenn Sprache mehr als nur Inhalt transportiert

In einem Experiment engagierten Forscher einen Schauspieler namens Dr. Fox, der eine Stunde lang mit hochtrabendem Jargon einen Vortrag hielt. Dabei sollte er den Eindruck erwecken, sehr kompetent und eloquent zu sein. Die Zuhörer merkten nicht, dass der Vortrag inhaltsloser Unfug war. Dieses Experiment, auch bekannt als Dr.-Fox-Effekt, zeigt, dass Sprache nicht nur durch ihren Inhalt wirkt, sondern auch durch ihre Wirkung auf die Gefühle der Zuhörer. Die Emotionen beeinflussen, wie Menschen Informationen bewerten. Obwohl das Publikum von Dr. Fox keinen wirklichen Inhalt verstand, glaubte es, dass ihm ein intellektueller Experte kluge Dinge erzählte. Doch bedeutet das nun, dass es immer ratsam ist, in komplexem Jargon zu kommunizieren? Die Sache ist nicht so einfach, denn Studien zeigen oft ein widersprüchliches Bild. Meistens erzeugen komplizierte Begriffe Ablehnung und Frustration.

Dr. Fox und sein Vortrag erinnern an das Studium der Geisteswissenschaften an deutschen Universitäten. Die Vorlesungen waren wenig mitreißend, aber man hatte zumindest den Eindruck, dass ein intelligenter Mensch über ein geistig anspruchsvolles Thema sprach. Bei der Lektüre der Texte jedoch lösten Schachtelsätze und Fremdwörter-Trommelfeuer oft nur Ärger aus. Doch paradoxerweise fügte man in seine eigenen Hausarbeiten massenhaft Fremdwörter ein, obwohl man sich zuvor noch darüber geärgert hatte.

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Um die Wirkung von komplizierter Sprache genauer zu untersuchen, führte der Psychologe Daniel Oppenheimer von der Carnegie Mellon University eine Studie durch. Dabei befragte er Studenten, ob sie absichtlich komplizierte Formulierungen verwendet hätten, um einer banalen Aussage mehr Gewicht zu verleihen. 86,4 Prozent der Befragten gaben zu, dies bereits getan zu haben. Zwei Drittel der Studenten gaben sogar an, gezielt in einem Fremdwörterlexikon nach Begriffen gesucht zu haben, um einfache Worte zu ersetzen. Hauptsache, es klingt wichtig.

Allerdings zeigte Oppenheimer mit einer anderen Studie, dass diese Strategie nicht immer aufgeht. Dabei ließ er seine Probanden komplexe und einfache Texte miteinander vergleichen, die den gleichen Inhalt hatten. Die schwer verständlichen Texte wurden als weniger glaubwürdig und die Urheber als weniger intelligent wahrgenommen. Der labernde Dr. Fox konnte seine Zuhörer also nur deshalb blenden, weil er überzeugend und präsent wirkte. Der Nobelpreisträger und Verhaltensforscher Daniel Kahneman stellt dazu fest: “Wenn Sie glaubwürdig und intelligent wirken möchten, sollten Sie sich nicht kompliziert ausdrücken, wenn es auch in einfachen Worten möglich ist.”

Die Studie von Daniel Oppenheimer ist sicherlich nicht der endgültige Beweis, aber es gibt noch weitere Ergebnisse, die den Glauben an die Überzeugungskraft von komplizierter Sprache erschüttern. Ein Faktor ist die sogenannte Verarbeitungsflüssigkeit, ein psychologischer Effekt. Generell gilt: Was leicht zu verarbeiten ist, erzeugt tendenziell positive Gefühle. Diese positiven Gefühle signalisieren, dass etwas gut ist und zum Beispiel glaubwürdig sein kann. Studien haben gezeigt, dass Probanden die Geschäftsaussichten von fiktiven Unternehmen besser bewerteten, wenn deren Namen leicht auszusprechen waren. Sogar das Schriftbild spielt eine Rolle: Je besser ein Text lesbar ist, desto eher stimmen die Leser ihm zu. Schwer zu entziffernde Texte hingegen aktivieren das kritische Denken und erzeugen eine negative Stimmung, sodass man das Geschriebene skeptisch oder sogar ablehnend betrachtet.

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Einfache Sprache für eine bessere Kommunikation

Eine Studie der Psychologin Simone Dohle von der Universität Köln zeigt, wie tiefgreifend dieser Effekt sein kann. In ihrer Studie untersuchte sie, wie sich der Name eines Medikaments auf die wahrgenommene Sanftheit und Nebenwirkungsreichheit auswirkt. Unhandliche Wortungetüme ließen die Teilnehmer der Studie denken, dass das hypothetische Medikament besonders starke Nebenwirkungen hätte. Tatsächlich dosierten die Probanden diese Medikamente niedriger als solche mit leicht aussprechbaren Namen, da diese als weniger nebenwirkungsreich eingeschätzt wurden. Auch hier spielt die Verarbeitungsflüssigkeit eine Rolle. Wenn etwas schwer zu verstehen ist und negative Gefühle erzeugt, beeinflusst dies das Urteil über die Information.

Weitere Studien, an denen der Psychologe Rainer Bromme von der Universität Münster beteiligt war, zeigen ähnliche Ergebnisse. Komplexe Formulierungen schaffen Distanz und vermitteln den Eindruck, dass der Inhalt nichts mit dem eigenen Leben zu tun hat. Vielleicht erklärt dies die Frustrationserfahrungen bei Behördenformularen, Versicherungsvorgängen oder juristischen Schriftstücken. Man fragt sich dann: Auf welchem Planeten leben diese Menschen, die solche Formulierungen verwenden? Und welches Häkchen soll man nun setzen?

Wenn du also wirklich mit anderen Menschen kommunizieren möchtest und den Inhalt deiner Botschaft vermitteln willst, solltest du auf komplizierten Jargon verzichten. Sonst treibst du die kognitive Dissoziation von einem Signifikanzsystem im poststrukturalistischen Sinne nur unnötig voran. Also, bleib verständlich und vermeide sinnfreien Blödsinn à la Dr. Fox.