Das Baugewerbe in Deutschland boomt und die Auftragslage ist hervorragend. Besonders der Wohnungsbau, insbesondere von Mehrfamilienhäusern, steht derzeit im Fokus. In diesem Beitrag möchten wir eine Untersuchung zum Thema Lüftungssysteme in Mehrfamilienhäusern vorstellen. Konkret geht es um die Frage: Sollte man eine zentrale oder dezentrale Lüftungsanlage verwenden? Wir sind dieser Frage auf den Grund gegangen und möchten Ihnen die Ergebnisse präsentieren.
Einführung zum Vergleich von Lüftungsanlagen
Bei der Planung eines Mehrfamilienhauses stellt sich immer wieder die Frage, welche Art von Lüftungssystem am besten geeignet ist. Eine fundierte Entscheidung sollte sowohl technischen als auch wirtschaftlichen Anforderungen gerecht werden. Um diese Entscheidungshilfe zu bieten, haben wir einen Vergleich zwischen den beiden gängigsten Arten von Lüftungssystemen durchgeführt. Dabei wurden ein zentrales System mit einer Zentralventilator-Lüftungsanlage und Luftführung über Schächte zu den Wohneinheiten sowie ein dezentrales System mit einzelnen Wohnungslüftungsgeräten pro Wohnung untersucht.
Randbedingungen für den Vergleich von Lüftungsanlagen
Für unseren Vergleich haben wir ein exemplarisches Mehrfamilienhaus als Referenzobjekt gewählt. Das Gebäude umfasst 6 Stockwerke mit insgesamt 29 Wohnungen unterschiedlicher Größe. Die Nutzungsdauer des Gebäudes beträgt 80 Jahre, während die Lüftungsgeräte eine Nutzungsdauer von 20 Jahren haben. Der Untersuchungszeitraum beträgt ebenfalls 20 Jahre. Bei der Kostenberechnung nach VDI 2067 wurden folgende Kosten berücksichtigt: kapitalgebundene Kosten (Material, Bruttorauminhalt), bedarfsgebundene Kosten (Energie), betriebsgebundene Kosten (Instandhaltung) und sonstige Kosten (Planung). Die Lüftungsgeräte verfügen ausschließlich über Wärmerückgewinnung und es werden DIN-konforme Volumenströme verwendet. Nachts wird mit reduzierter Lüftung gearbeitet.
Untersuchung zentraler und dezentraler Lüftungsanlagen
Die Kostenberechnung zeigt, dass das dezentrale System insgesamt deutlich höhere Kosten verursacht. Insbesondere die spezifischen Gerätekosten der Wohnungslüftungsgeräte sind hierbei ein wesentlicher Faktor. Zusätzlich können beim dezentralen System aufgrund der räumlichen Nähe der Geräte zu den Nutzern auch Mehrkosten für Schalldämpfungsmaßnahmen entstehen. Beim zentralen System hingegen sind die Kosten für das Leitungsnetz erwartungsgemäß höher, da das Netz deutlich größer ist. Die Berechnung des benötigten Raums für abgehängte Decken, Schächte und Lüftungszentralen ergibt einen höheren Bruttorauminhalt beim zentralen System.
Bei der Berechnung der Energiekosten zeigt sich, dass das zentrale System bei Nennlüftung doppelt so hohe Kosten verursacht wie das dezentrale System. Allerdings sind die Kosten für das zentrale System bei reduzierter nächtlicher Lüftung und günstigen Betriebspunkten niedriger. Insgesamt schneidet das zentrale System bei den Energiekosten dennoch schlechter ab.
Die Instandhaltungskosten setzen sich nach VDI 2067 aus den Kosten für Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Reinvestition zusammen. Aufgrund der Vielzahl von Kleinanlagen beim dezentralen System liegen die Ausgaben für die Instandhaltung hier deutlich höher. Auch die Planungskosten nach HOAI sind beim dezentralen System höher.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die jährlichen Kosten für das dezentrale System bei dem betrachteten Referenzgebäude fast doppelt so hoch sind wie die Kosten für das zentrale System. Daher ist die Wahl des zentralen Systems in diesem Fall von erheblichem Vorteil. Das dezentrale System ist vor allem bei wenigen Wohneinheiten kosteneffizienter. Allerdings steigen die Kosten hier schnell über die des zentralen Systems.
Zusammenfassung unseres Vergleichs von Lüftungsanlagen
Natürlich gibt es zahlreiche Faktoren, die das Ergebnis der Untersuchung unterschiedlich stark beeinflussen können. Beispielsweise könnte ein größeres zentrales Lüftungsgerät gewählt werden, das zwar etwas teurer, aber auch effizienter im Betrieb ist. Auch die Art der Luftführung kann erhebliche Unterschiede verursachen, wie zum Beispiel die Verlegung von flexiblen Kunststoffrohren in der Betondecke, die Material- und Bruttorauminhaltskosten einsparen kann.
Zusammenfassend lassen sich die genannten Ergebnisse als Tendenz für die Planung heranziehen: Bei wenigen Wohneinheiten sollte man auf dezentrale und bei vielen Wohneinheiten auf zentrale Systeme zurückgreifen. Im Übergangsbereich, der schätzungsweise zwischen 10 und 20 Wohneinheiten liegt, muss der Einzelfall genauer betrachtet werden. Im Zweifel sollten die Projektbeteiligten ihr Bauchgefühl oder die Erfahrung eines Versorgungstechnikingenieurs zu Rate ziehen.
Wir hoffen, dass dieser Vergleich Ihnen bei der Entscheidung für das richtige Lüftungssystem in Mehrfamilienhäusern hilft.