Die Campingsaison 2023 neigt sich langsam dem Ende zu. Doch wer ein Wohnmobil besitzt, könnte auch im Herbst und Winter noch mit dem Abgasskandal konfrontiert werden. Tausende Wohnmobile mit Fiat-Motoren stehen möglicherweise vor einem Rückruf. Gleichzeitig droht den betroffenen Fahrzeughaltern die Verjährung von Schadensersatzansprüchen. Rechtsanwalt Claus Goldenstein beantwortet die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.
Welche Wohnmobile sind betroffen?
Der Wohnmobil-Dieselskandal betrifft Reisemobile, die auf Basis des Fiat Ducato gebaut wurden und die Abgasnormen Euro 5 und Euro 6 erfüllen sollten. Da etwa zwei Drittel aller Wohnmobile auf dem Ducato basieren, ist ein großer Teil der Camping-Szene betroffen. Sowohl die Staatsanwaltschaft Frankfurt als auch das Kraftfahrt-Bundesamt sind zu dem Schluss gekommen, dass Fiat unzulässige Abschalteinrichtungen in den Fiat Ducato-Modellen mit Dieselmotoren verwendet hat.
Wie wurden die Wohnmobile manipuliert?
Unabhängige Abgastests haben gezeigt, dass Wohnmobile auf Ducato-Basis die Abgasreinigung bei Temperaturen unter 20 Grad schrittweise reduzieren. Zudem wurde festgestellt, dass die Abgasreinigung etwa 22 Minuten nach dem Motorstart zeitlich reduziert oder komplett abgeschaltet wird. Fiat hat die Verwendung dieser zeit- und temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen mittlerweile schriftlich bestätigt. Durch diese Manipulation konnte Fiat auf den Einbau einer dauerhaft effizienten Abgasreinigung verzichten und seine Profite maximieren.
Gab es Rückrufe für die betroffenen Wohnmobile?
Obwohl der Wohnmobil-Abgasskandal bereits seit Jahren bekannt ist, wurden die betroffenen Fahrzeuge bisher nicht zurückgerufen. Das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt ist nicht für die Typgenehmigung des Fiat Ducato zuständig, da diese in Italien erfolgt. Obwohl das Kraftfahrt-Bundesamt die italienischen Behörden über die auffälligen Abgaswerte von Fiat-Fahrzeugen informiert hat, gab es bisher keine Maßnahmen. Es läuft sogar ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Italien. Doch es gibt Anzeichen dafür, dass das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt bald aktiv wird und Rückrufe anordnet.
Können betroffene Fahrzeughalter Schadensersatzansprüche geltend machen?
Ja, Halter von illegal manipulierten Fahrzeugen haben laut Bundesgerichtshof und Europäischem Gerichtshof Anspruch auf Schadensersatz. Dies gilt auch dann, wenn die Schädigung fahrlässig erfolgte und es noch keinen amtlichen Rückruf gab. In den letzten Jahren haben deutsche Gerichte im Wohnmobil-Abgasskandal zunehmend zugunsten der Verbraucher entschieden. Goldenstein Rechtsanwälte erwirkt momentan wöchentlich Urteile zugunsten ihrer Mandanten und es werden vermehrt Vergleichsgespräche angeregt.
Welche Fristen gelten für die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen?
Da die Staatsanwaltschaft Frankfurt bereits im Jahr 2020 über die Manipulationen von Fiat informiert hat, könnten zivilrechtliche Ansprüche ab dem 1. Januar 2024 verjähren. Betroffene Fahrzeughalter können daher nur bis zum 31. Dezember 2023 um 23:59 Uhr Schadensersatzansprüche geltend machen, ohne eine Verjährung zu riskieren.
Warum besteht ein Anspruch auf Schadensersatz?
Die betroffenen Fahrzeuge können durch den Skandal an Wert verlieren und Folgeschäden erleiden, im schlimmsten Fall sogar stillgelegt werden. Betroffene hätten ihre Wohnmobile vermutlich nicht oder nicht zu den gleichen Konditionen gekauft, wenn der Abgasskandal bereits bekannt gewesen wäre. Daher besteht ein Anspruch auf Schadensersatz.
Welche Rechtsansprüche haben betroffene Wohnmobil-Besitzer?
Halter illegal manipulierter Wohnmobile können rechtlich gegen den Motorenhersteller Fiat vorgehen. Die Unternehmen, die die Fiat-Fahrzeuge zu Wohnmobilen ausgebaut haben, sind nicht dafür verantwortlich. Es besteht die Möglichkeit, das Fahrzeug an den Hersteller zurückzugeben und eine finanzielle Entschädigung zu erhalten, die sich am Kaufpreis orientiert. Alternativ kann das Wohnmobil behalten und eine Entschädigung in Form eines Teilbetrags des Kaufpreises durchgesetzt werden. Selbst für bereits verkaufte Fahrzeuge können teilweise Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.
Es besteht oft die Möglichkeit, Abgasskandal-Klagen ohne finanzielles Risiko zu führen. Wer keine Rechtsschutzversicherung hat, kann auf Prozesskostenfinanzierer zurückgreifen. Diese übernehmen die Verfahrenskosten und erhalten im Erfolgsfall eine vorab definierte Provision. Wenn das Verfahren unerwartet verloren geht, übernimmt der Prozesskostenfinanzierer alle Kosten, einschließlich der Anwaltskosten der Gegenseite. Die Kläger müssen in diesem Fall nichts zahlen.