Deutschland und Afrika: Eine andere Perspektive

Deutschland und Afrika: Eine andere Perspektive

Afrikas Wahrnehmung hat sich seit den europäischen Entdeckungsfahrten im 15. Jahrhundert ständig verändert. Diese Veränderungen spiegeln den jeweiligen Zeitgeist wider, der von Überheblichkeit, Sehnsüchten und Ängsten geprägt ist. Die Bewertung Afrikas in Europa hat sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. Während der Aufklärung wurde der “edle Wilde” idealisiert, doch zu Beginn der industriellen Revolution wurden die Afrikaner als Hindernis für die Kolonialisierung betrachtet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Rassenwahn der Nazis änderte sich dieses negative Bild erneut. Die Europäer wurden durch die Konsequenzen der Natur- und Menschenausbeutung zutiefst erschüttert. Es entstand eine neue Menschenrechtskultur und ein Kulturrelativismus. Afrika wurde immer wieder zum Projektionsfeld von Hoffnungen und Ängsten. Ein Beispiel dafür ist der britische “Economist”, der Afrika im Jahr 2000 als “hoffnungslosen Kontinenten” bezeichnete, nur um zehn Jahre später in der Titelgeschichte “Africa rising” Afrika als Hoffnungsträger zu feiern. Doch kann sich ein Kontinent mit 54 Staaten und über einer Milliarde Menschen innerhalb eines Jahrzehnts so drastisch verändern?

David Signer, Afrikaredakteur der Neuen Zürcher Zeitung, warnt davor, Afrika entweder zu pessimistisch oder zu optimistisch zu betrachten. Die verzerrte Sicht Afrikas wird auch von afrikanischen Medien kritisiert. Sie bemängeln, dass Afrikas Vielfalt und Unterschiede oft vernachlässigt werden. Es fällt jedoch schwer, das doppelte Leben Afrikas zu präsentieren: Auf der einen Seite gibt es ungebremste Lebensfreude, Kreativität in Armut und ein Leben im Hier und Jetzt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch lähmendes Opferdenken, Verschmutzung und eine Gleichgültigkeit gegenüber dem Gemeinwohl.

Die afrikanische Perspektive auf den eigenen Kontinent ähnelt oft der westlichen Sicht, da afrikanische Medien sich stark an westlichen Medien orientieren. Es wird kaum über Europa berichtet und das Wissen darüber basiert meist auf Klischees. Die Kritik an der westlichen Presse kommt auch daher, dass die Bereitschaft zur Selbstkritik in Afrika gering ist und die Schuld an der Misere gerne den ehemaligen Kolonialisten zugeschoben wird.

LESEN  Hop-sport: Fitnessgeräte und mehr für Sportbegeisterte

Die verzerrte Darstellung Afrikas wird auch dadurch verstärkt, dass viele europäische Beobachter sich scheuen, über die widersprüchliche Realität Afrikas zu berichten. Sie fürchten, dass Berichte über den immer noch tief verwurzelten Aberglauben rassistische Klischees bedienen könnten. Doch gerade der Aberglaube und die Hexerei, die in Afrika weit verbreitet sind, haben sich als Hindernis für die Entwicklung erwiesen. Die Angst vor kulturellen Unterschieden führt oft dazu, dass kontroverse Themen von vornherein vermieden werden und das Bild von Afrika weiter verzerrt wird.

Afrika ist weder das von Joseph Conrad beschworene “Herz der Finsternis” noch das Schlaraffenland, das einige Unternehmensberater sehen wollen. Es ist ein Kontinent voller Gegensätze und Vielfalt, der es verdient, objektiver betrachtet zu werden. Nur so können wir ein besseres Verständnis für Afrika entwickeln und Vorurteile überwinden.

Afrikanisches Flüchtlingscamp
Die afrikanische Mittelschicht kann sich über Fotos wie dieses gewaltig aufregen. Schließlich zeigt es ein improvisiertes Flüchtlingscamp in Kamerun an der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik. Die afrikanischen Krisen gelten der neuen Mittelschicht als Schande für den Kontinent, und die würden sie lieber beschwiegen wissen.

Es ist wichtig, die Vielfalt und Komplexität Afrikas anzuerkennen und nicht in Stereotypen zu verfallen. Afrika hat seine Herausforderungen, aber auch enormes Potenzial. Nur wenn wir uns davon lösen, einseitige Darstellungen zu akzeptieren, können wir ein wirklich umfassendes Bild von Afrika bekommen und neue Perspektiven entdecken.