Deutungen alltagspraktischer Kritik in der Kritischen Soziologie, Soziologie der Kritik und Kritischen Theorie

Deutungen alltagspraktischer Kritik in der Kritischen Soziologie, Soziologie der Kritik und Kritischen Theorie

Wenn es um Kritik in der Soziologie geht, treffen verschiedene Richtungen und theoretische Ansätze aufeinander. In diesem Artikel werden die Unterschiede zwischen der Kritischen Soziologie von Pierre Bourdieu und der Soziologie der Kritik nach Luc Boltanski und Eve Chiapello herausgestellt. Außerdem werden Bezüge zur Kritischen Theorie hergestellt, um grundlegende Konfliktlinien im Verständnis der gesellschaftskritischen Aufgabe der Soziologie zu verdeutlichen.

Einleitung

Die Vorstellungen von “Kritik” könnten in der Kritischen Soziologie und der Soziologie der Kritik kaum unterschiedlicher sein. Während Boltanski pragmatisch die Wirkung und Geschichte der Kritik in der kapitalistischen Gesellschaft erforscht, fokussiert sich Bourdieu auf den Habitus und zeigt auf, wie gesellschaftliche Ordnung in uns verwurzelt ist. Doch es überrascht, dass Boltanski einst Schüler von Bourdieu war. Dieser Artikel untersucht die Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen und beleuchtet auch andere Formen soziologischer Kritik.

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Das Kritikverständnis Bourdieus Kritischer Soziologie

Pierre Bourdieu ist einer der bedeutendsten Soziologen und sein Konzept der “Kritischen Soziologie” ist bekannt. Im Fokus steht der Habitus als strukturierte und strukturierende Struktur sozialer Praxis. Es geht um die Manifestation von Erfahrungen in Denken und Handeln, die wiederum auf die Angehörigen derselben Schicht “übertragen” werden. Bourdieu beschreibt den Sozialen Raum anhand von ökonomischem, kulturellem und sozialem Kapital und erklärt die Reproduktion gesellschaftlicher Ordnung. Der Habitus entzieht sich dabei weitgehend dem Bewusstsein der Akteure und ist nur für den Beobachter erschließbar.

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Bourdieu zielt darauf ab, verborgene Verhältnisse aufzudecken und kritisiert nicht nur die Herrschenden, sondern auch das Selbstverständnis der Akteure. Die Soziologie muss über die beschränkten Willen der Akteure hinwegsetzen. Bourdieu möchte zum Aufstand gegen die Obrigkeit ermutigen und gegen soziale Ungleichheiten vorgehen.

Die Beziehung zwischen dem kritischen Soziologen und dem Alltagsmenschen bleibt zwiespältig. Bourdieu möchte das Leiden der Unterdrückten artikulieren und Anklage erheben. Gleichzeitig braucht es eine aufgeklärte Einmischung des Soziologen, um die versteckten Strukturen der Ungerechtigkeit zu erkennen. Das Elend wird als Mittel zur Generierung von Empörung und als Waffe gegen die herrschenden Strukturen verwendet. Es muss den Unterdrückten diagnostiziert und anhand von Makrostrukturen vermittelt werden.

Die Aufklärung setzt jedoch eine gewisse Ignoranz oder Gleichgültigkeit gegenüber den Werten und Weltdeutungen der Akteure voraus. Bourdieu betont, dass der Beobachter sein Wissen gegen die Alltagsdeutungen der Akteure durchsetzen muss.

Soziologie der Kritik als Hinwendung zu den Akteursdeutungen

Die Soziologie der Kritik von Luc Boltanski und Eve Chiapello setzt sich von Bourdieus Denken ab. Während Bourdieu den Habitus als Hauptfokus hat, liegt das Hauptaugenmerk von Boltanski und Chiapello auf dem intentionalen Handeln der Akteure und den Alltagspraktiken der Rechtfertigung. Diese werden als gleichwertige Gesellschaftskritiker angesehen, und ihre moralische Praxis wird ernstgenommen.

Die Studie “Über die Rechtfertigung” von Boltanski und Laurent Thévenot untersucht die normativen Implikationen der Alltagspraktiken der Rechtfertigung. Die Expertise dieser Werturteile bildet die Grundlage für eine kritische Betrachtung auf Makroebene. Das Konzept der Rechtfertigungsordnung beschreibt eine Fülle von moralischen Annahmen und Argumenten, auf die sich Akteure beziehen, um ihre Entscheidungen zu legitimieren. Boltanski und Chiapello betonen die Bedeutung der Einbeziehung der Akteure und ihrer Argumentationssysteme für eine konstruktive Kritik.

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Fazit

Die Unterschiede zwischen der Kritischen Soziologie von Bourdieu und der Soziologie der Kritik von Boltanski und Chiapello liegen vor allem in den Fokussen der jeweiligen Ansätze. Während Bourdieu den Habitus und die Reproduktion gesellschaftlicher Ordnung betont, legen Boltanski und Chiapello den Schwerpunkt auf die Akteursdeutungen und Alltagspraktiken der Rechtfertigung. Beide Ansätze haben ihre Berechtigung und tragen zur weiteren Entwicklung soziologischer Kritik bei.

Dieser Artikel wurde frei nach dem Originalartikel verfasst und soll einen Einblick in das Thema geben. Die Quellenangaben wurden übernommen und können für weitere Informationen herangezogen werden.