Michael Menzels Die Abenteuer des Robin Hood Brettspiel schafft das scheinbar Unmögliche. Es verbindet Oldschool-Charme mit einem modernen frischen Spielprinzip, hat einfache familienfreundliche Regeln und gleichzeitig die Komplexität eines kleinen Open-World-RPGs. In unserem Test erfährst du, was es auszeichnet und alle Details zu Ablauf, Schwierigkeitsgrad, Wiederspielwert, Optik und wie unser Fazit ausfällt.
Die Abenteuer des Robin Hood im Video-Review
Eigentlich müsste man an die Regeln gar nicht erklären, denn das Spiel nimmt einen bei der Hand und führt einen mit den ersten, einfachen Kapiteln Schritt für Schritt in die Regeln ein. Wir sagen euch trotzdem knackig, warum es geht und wie es funktioniert. Wer zu faul zum Lesen ist, kann sich die wichtigsten Regeln auch hier in unserer Video-Review anschauen und gleich zum Testurteil unten springen:
Regeln und Ziel des Spiels
Zwei bis vier Spieler übernehmen die Rollen der Geächteten-Helden Robin Hood (grün), Lady Marian (gelb), Little John (blau) und Will Scarlett (türkis). Gemeinsam müssen sie in 7 Kapiteln Aufträge erfüllen, ehe die Zeit (die durch rote Sanduhren angezeigt wird) abgelaufen ist und das Abenteuer ein böses Ende nimmt. Um diese zu erfüllen, bewegen sie sich durch Wald, Dorf und (falls erforderlich) Burg, suchen nach Hinweisen und befragen Personen. Dabei können sie Wachen überwältigen und Adelige bestehlen, was ihnen mehr Zeit (angezeigt durch einen Minnesänger auf einer Hoffnungsleiste) und bei den Adeligen auch noch nützliche Gegenstände einbringen kann.
So ziehen die Guten
Wie weit sie sich bewegen dürfen, messen sie mit Bewegungsteilen aus, die sie an ihre Figur anlegen. Im Schatten sind sie für Wachen unsichtbar. Bewegen sie sich langsam und nützen ihr schnellstes Bewegungsteil nicht, sparen sie Kraft und dürfen einen weißen Würfel in den Sack werfen. Das ist wichtig, wenn sie eine Wache oder einen Adeligen überwältigen wollen. Denn dann ziehen sie bis zu drei Würfel aus dem Sack in dem sich viele violette Würfel befinden. Nur wenn sie dabei einen weißen ziehen, ist der Angriff erfolgreich.
Anstatt zu kämpfen, können die Spieler auch ein Plättchen mit Fragezeichen erkunden, das mit einer Zahl markiert ist. Diese gibt die Seite des Buches an, aus dem ihr jetzt vorlest und die euch mitunter vor Optionen stellt. Ihr könnt Dorfbewohner befragen, Unterstützung in Form von Gegenständen oder wichtigen Hinweisen für euren Auftrag bekommen. Danach wird das Plättchen umgedreht und darf (zumeist) erst wieder im nächsten Kapitel erkundet werden. Damit es spannend bleibt, führt jedes Erkundungsplättchen je nach Kapitel zu einer anderen Buchseite weiter und ändert somit seine Funktion während des Spiels. Alle Plättchen ohne Fragezeichen können nicht erkundet werden, verbergen aber neue Aspekte der Geschichte. Hier bestimmt alleine die Story, wann sie aufgedeckt werden.
So ziehen die Bösen
Wie wird bestimmt, wer an der Reihe ist? Für jeden der spielenden Helden befindet sich ein Plättchen seiner Farbe im Beutel. Wird es gezogen, ist er am Zug. Dazu gibt es ein graues Plättchen – hier darf ein Geächteter ziehen (ihr dürft entscheiden, wer). Beim weißen Plättchen dürfen alle Geächteten ziehen – in der Reihenfolge ihrer Wahl. Natürlich schläft auch das Böse nicht. Das violette Plättchen bringt Guy von Gisbourne ins Spiel. Er macht mit Pferd Jagd auf die Geächteten und nimmt ihnen Bewegungsteile weg, wenn er sie schnappt. Außerdem kommen mit ihm immer zwei violette Würfel in den Beutel.
Das rote Plättchen ist dann der ultimative böse Zug. Je nach Spieleranzahl sinkt die Hoffnung im Land und der Minnesänger wandert Richtung 0 (bei null verlieren die Spieler eine Sanduhr). Eines der 8 Siegel wird aus dem Beutel gezogen und zeigt an, welche Wachen und Adeligen am Spielbrett auftauchen und verschwinden. Wer jetzt auf einer Lichtung mit einer Wache steht, wird gefangen genommen, verliert Hoffnung und ist nun mindestens für eine Runde bewegungsunfähig. Außerdem müsst ihr eine Sanduhr vom Spiel nehmen, womit das böse Ende näher rückt. Sind alle Plättchen gezogen, wandern sie wieder in den Beutel und es geht weiter.
Die Abenteuer des Robin Hood im Test
Optik und Design
Star des Spiels ist sein stimmiges Design. Die Schachtel, das wunderschön illustrierte achtteilige Spielbrett und die wendbaren Plättchen, die sich gekonnt einfügen. Hier ist alles wie aus einem Guss. Dass die Materialen aus Holz und Karton sind, passt super zum Waldsetting eines Robin Hood Spiels. Das beigelegte Hardcover-Buch unterstützt den märchenhaften und wertigen Charme. Einziger Makel, die Kartonplättchen nützen sich sehr schnell ab, vor allem die der Wachen, die oft umgedreht werden.
Balance und Schwierigkeitsgrad
Das Spiel gibt einem klare Aufträge – wie man diese löst, muss man selbst herausfinden. Freilich liegt die Lösung meist auf der Hand. Das ist auch gut so, denn würde einen die Geschichte zu arg in die Irre führen, wäre der Frust durch nicht gemeisterte Kapitel groß. So aber stimmt die Balance. Bei unserem ersten Durchlauf mit zwei Spielern haben wir viele Kapitel gerade noch im letzten Moment geschafft. Im zweiten Durchlauf mit vier Spielern kam uns das Spiel eine Spur leichter vor. Es steht hier zwar weniger Zeit zur Verfügung, man kann sich die Aufgaben aber noch besser aufteilen.
Spielzeit und Wiederspielwert
Bei einem Kampagnenspiel dieser Art stellt sich sofort die Frage. Wieviel Stunden Spielspaß stecken drinnen, bevor es im Regal verstaubt? Pro Kapitel sind bei Die Abenteuer des Robin Hood 60 Minuten Spielzeit angegeben. Wir haben gerade zu viert meistens etwas länger gebraucht (Kooperation erfordert oft Diskussion). Somit lässt sich das gesamte Abenteuer an einem sehr langen Spieletag in etwa 8 Stunden oder an zwei Spieleabenden in zweimal 4 Stunden durchspielen. Was wegen der zusammenhängenden Story auch Sinn macht. Immer nur ein Kapitel zu spielen, würden wir nur Spielrunden oder Familien empfehlen, die regelmäßig (mindestens einmal pro Woche) spielen – damit sie nicht den roten Faden verlieren.
Die Kapitel sorgen mit ihren neuen Aufgaben und wendbaren Plättchen, mit denen Personen oder Dinge auftauchen oder verschwinden, für konstante Spannung. Der Wiederspielwert des ganzen Abenteuers ist auch gegeben. Mindestens für drei Partien. Denn in der zweiten Runde spielt ihr eine abgeänderte Story. Auch verzweigt sie sich an einer Stelle, wodurch ihr zwei komplett neue Kapitel spielen könnt. Und es gibt einen +-Modus bei dem ihre neue nützliche Gegenstände bekommt, das Böse aber auch mehr Züge, weil ihr nach jedem Angriff per Steckbrief gejagt werdet. Für etwa 50 Euro bekommt man also mindestens 30 Stunden Spielspaß – womit sich das Robin Hood Brettspiel locker mit einem guten Videospiel-RPG messen kann. Außerdem lässt er sich mit der ersten Erweiterung um 3 Kapitel (Die Tochter des Ketzers, Der Gesandte der Königinmutter, Die Intrige) zu 9,90 Euro erweitern. Autor und Fans werden dazu auch sicher noch für weiteren Nachschub sorgen.
Fazit
Das Brettspiel Die Abenteuer des Robin Hood schafft einen wunderbaren Spagat. Es versetzt einen mit seiner spannenden, aber einfach gestrickten Geschichte und seiner verträumten, sagenhaften Illustration zurück in die Zeit der alten Robin Hood Filme. Damit sorgt es für einen wunderbaren Nostalgietrip. Hinter dem stimmigen Oldschool-Look verbirgt sich aber ein modernes Spielprinzip. Robin Hood funktioniert wie eine Mischung aus Open-World-RPG-Videospiel im Kleinen und einem Rätsel-Abenteuerbuch, bei dem man je nach Entscheidung auf eine andere Seite springt. Es ist sowohl Familien- als auch Vielspielern zu empfehlen. Für ein Kampagnenspiel hat es dank geschickter Kniffe auch einen passablen Wiederspielwert. Ein bisschen wie ein Kultfilm, den man sich öfter ansieht und dabei immer wieder neue Kleinigkeiten entdeckt.
Übrigens: Falls ihr einmalige Abenteuer sucht und dabei gerne ein bisschen knobelt, werft unbedingt auch einen Blick auf die EXIT Games von Kosmos – hier unser Test mit Tipps.
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