Vögel haben die schärfsten Augen aller Wirbeltiere. Im Vergleich zu Menschen machen ihre Augen 50% ihres Kopfvolumens aus, während es beim Menschen nur etwa 5% sind. Besonders Greifvögel haben die besten Augen unter den Vögeln.
Sehen wie ein Adler
Es ist kein Zufall, dass Menschen mit einer außergewöhnlichen Sehschärfe als “Adlerauge” bezeichnet werden. Die Sehschärfe von Greifvögeln übertrifft die des Menschen um mehr als das Doppelte. Greifvögel können kleine Säugetiere aus einer Entfernung von 2 km erkennen, größere Beute wie Kaninchen sogar aus 4 km. Dem Sperber wird sogar nachgesagt, dass er aus 250 m Entfernung eine Fliege auf einem Ast erkennen kann. Diese beeindruckende Sehkraft ist für Greifvögel notwendig, da sie ihre Beute aus großer Distanz nicht nur entdecken, sondern auch fokussieren müssen, wenn sie eine erfolgreiche Jagd machen wollen. Es ist daher nicht überraschend, dass die Augen der Greifvögel mehrere Besonderheiten aufweisen.
Zwei dieser Besonderheiten sind äußerlich sichtbar: Die Augen der Greifvögel sind im Verhältnis zum Kopf sehr groß, damit viel Licht eindringen kann, und sie sind nach vorne gerichtet. Dadurch überlappen sich das rechte und linke Sehfeld und ermöglichen eine Tiefenwahrnehmung. Nur so können Distanzen richtig eingeschätzt werden. Im Vergleich zu Singvögeln haben Greifvögel längere optische Achsen, was ihre Sehschärfe erhöht, jedoch ihr Sichtfeld verkleinert.
Auch im Inneren der Augen finden sich spezielle Anpassungen. Die Linse der Greifvögel ist besonders weich und kann stark gebogen werden, so stark, dass sie sich bei Verengung der Iris sogar durch die Pupille drücken kann. Darüber hinaus können einige Vogelarten die Hornhaut krümmen. Die beeindruckende Auflösung der Greifvogelaugen wird durch die hohe Anzahl von Sehzellen in der Netzhaut erreicht. Auf 1 mm² sitzen etwa 1 Million Sehzellen, das ist fünfmal mehr als beim Menschen! Doch das ist noch nicht alles: Falken und andere schnell fliegende Greifvögel haben zwei Sehgruben, eine zentrale und eine seitliche, im Gegensatz zum Menschen, der nur eine hat. In diesen Vertiefungen in der Netzhaut kommen die Sehzellen besonders konzentriert vor. Die zentrale Sehgrube ermöglicht den Greifvögeln ein weites Sehfeld, und die seitlichen Sehgruben verbessern die Tiefenschärfe beim Anflug auf eine Beute.
Rundumblick
Die Waldschnepfe hat das größte Sehfeld aller Vögel. Ihre Augen ermöglichen ihr einen Panoramablick. Sie sieht nicht nur das gesamte Firmament über einen Winkel von 190°, sondern hat auch nahezu einen 360°-Panoramablick in der horizontalen Ebene. Mit anderen Worten, die Waldschnepfe sieht alles, was sich über, vor und hinter ihrem Kopf abspielt. Es gibt praktisch keinen blinden Fleck, keinen toten Winkel. Dies ist auf die Lage und die Größe ihrer seitlich und weit oben im Schädel platzierten Augen zurückzuführen. Allerdings geht diese Anpassung auf Kosten des binokularen Sehens. Das rechte und linke Sehfeld der Waldschnepfe überlappen sich kaum, sodass die Überlappung nur etwa 5° breit ist, im Vergleich zu 48° beim Waldkauz. Doch das ist für die Waldschnepfe nicht so wichtig. Im Gegensatz zu den Greifvögeln benötigt sie ihre Augen hauptsächlich, um Feinde aus der Luft und am Boden rechtzeitig zu erkennen. Nahrung ertastet sie mit ihrem Schnabel, der auch chemische Reize wahrnehmen und schmecken kann.