Jeder Mensch schlägt Wurzeln
Wurzeln zu schlagen klingt nach einem botanischen Thema, ist aber tatsächlich eine menschliche Erfahrung. Jeder Mensch schlägt Wurzeln und fühlt sich je nach Lebenssituation verwurzelt oder entwurzelt. Diese Erfahrung wird besonders deutlich, wenn man im Ausland lebt, fern der Heimat.
Zwischen Ver- und Entwurzelung
Was mich betrifft, schlage ich schnell Wurzeln an einem Ort, wie zum Beispiel im Veltlin, wo ich zwei Jahre lang lebte, nachdem ich die Schweiz verlassen hatte. Nach meinem Umzug vom Veltlin nach Ligurien hatte ich lange Zeit mit Heimweh zu kämpfen. Seltsamerweise hatte ich dort weder Familie noch Freunde, aber ich hatte unbewusst begonnen, Wurzeln zu schlagen.
Jetzt lebe ich bereits seit 19 Jahren in Südligurien und habe hier sowohl Verwandte als auch gute Freunde. Diese langjährigen Freundschaften sind für mich ein Grund, warum ich nicht irgendwann in der fernen Zukunft wegziehen möchte. Aber auch in anderen Lebensbereichen muss ich zugeben: Ich fühle mich hier pudelwohl. Auch wenn die ligurische Mentalität und Knausrigkeit mir manchmal Schwierigkeiten bereiten, mache ich gerne Witze darüber und erinnere mich daran, dass die meisten Einwohner nicht hier geboren und aufgewachsen sind, sondern anderswo in Italien und im Ausland.
Herkunft als Teil der eigenen Identität
Ich bin seit fast 15 Jahren Mitglied des Internationalen Frauenclubs von La Spezia. Und schon bald werde ich länger in Italien leben als in der Schweiz: Mit 21 Jahren habe ich meine Sachen gepackt und bin in den Süden ausgewandert. Ich habe diese Entscheidung nie bereut. Die italienische Mentalität und der Lifestyle entsprechen meiner Natur mehr als die schweizerische, obwohl mir immer bewusster wird, dass die Herkunft immer ein wesentlicher Teil meiner Persönlichkeit ist. Sie macht unsere Identität aus.
Und so kam es, dass mein erster Sprung ins kühle Nass diesen Sommer nicht im Mittelmeer stattfand, sondern im Bodensee. Während ich im See trieb und vom Segelschiff meines Vaters durch das Wasser gezogen wurde, habe ich genau darüber nachgedacht: meine Herkunft, meine Identität, meine Heimat. Schließlich bin ich ein Seemädchen und kein Kind des Meeres! Und ich spürte, dass da eine Zugehörigkeit ist, dass dort Wurzeln liegen, tief in mir drin. Diese Erkenntnis hat mich berührt, denn ich habe mich nie zuvor mit diesen Gedanken auseinandergesetzt. Seitdem breite ich stolz mein Schweizer Scherenschnitt-Badetuch am Strand aus und plansche neuerdings mit meinem aufblasbaren Appenzellerkäse im Meerwasser.
Zwei Herzen in einer Brust
Neulich wurde ich von einer Bekannten darauf angesprochen, als sie auf meinen neuen Accessoire zeigte. Stolz verkündete ich, dass ich die Einzige weit und breit bin, die mit einem aufblasbaren Appenzellerkäse am Strand liegt. Was ich damit sagen möchte: Der Nationalstolz liegt in jedem von uns – manchmal schlummert er in einer fast vergessenen Ecke, manchmal zeigt er sich selbstbewusst von seiner besten Seite. Ich bin Schweizerin und werde es immer sein. Trotzdem schlagen in meiner Brust zwei Herzen. Die Nationalfarben sind fast die gleichen – rot und weiß – ich habe einfach noch grün hinzugefügt.
Wie geht es euch mit dem Wurzelschlagen? Lebt ihr vielleicht auch im Ausland? Vermisst ihr eure Heimat?
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