Die Einäscherung von Leichen, auch bekannt als Feuerbestattung oder Kremation, hat eine lange Tradition in vielen Kulturen. Es wird angenommen, dass Feuerbestattungen bereits vor 3.000 Jahren in Europa stattgefunden haben. Dabei wurde die Asche der Verstorbenen entweder an Land oder in Gewässern verstreut oder in Gefäßen aufbewahrt.
Eine Kultur im Wandel
Das Christentum lehnte über Jahrhunderte hinweg die Feuerbestattung ab, da es der wörtlichen Interpretation der “Auferstehung der Toten” widersprach. Erst mit der Erkenntnis hygienischer Probleme bei der Erdbestattung und dem Platzmangel auf innerstädtischen Friedhöfen im späten 18. Jahrhundert wurden erneut Forderungen nach der Feuerbestattung laut. Ärzte, Arbeiterverbände und die aufstrebende Sozialdemokratie unterstützten diese kostengünstigere und hygienischere Bestattungsart.
Der Aufstieg der Feuerbestattung in Deutschland
Am 10. Dezember 1878 wurde das erste deutsche Krematorium in Gotha eröffnet. Kurze Zeit später folgte 1891 ein weiteres Krematorium in Heidelberg. Die Gründung des Verbands “Freidenker für Feuerbestattung” im Jahr 1905 und anderer Vereine förderte eine alternative Bestattungskultur abseits des christlichen Glaubens. Privatfriedhöfe ermöglichten die Beisetzung der Urnen.
Eine Kontroverse in der katholischen Kirche
Die römisch-katholische Kirche verbot ihren Mitgliedern die Mitgliedschaft in solchen Verbänden und Vereinen, da sie die Feuerbestattung als “barbarische Sitte” betrachtete. Bis zur Aufhebung dieses Verbots im Jahre 1964 durften verstorbene Katholiken, die dennoch eingeäschert wurden, nicht kirchlich bestattet werden. Auch die evangelische Kirche war zunächst gegen die Feuerbestattung, toleriert diese jedoch seit dem späten 19. / frühen 20. Jahrhundert. Die orthodoxe Kirche lehnt sie bis heute ab, während im Judentum und im Islam die Einäscherung von Leichen grundsätzlich verboten ist.
Moderne Entwicklungen und alternative Bestattungsformen
Die Feuerbestattung gewinnt in Deutschland und ganz Europa aufgrund ihrer kostengünstigen Natur an Beliebtheit. Es gibt eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten für Urnengräber. In Deutschland besteht jedoch weitgehend die Pflicht, die Asche auf einem Friedhof beizusetzen, entweder in der Erde oder in Nischen einer Urnenwand in einem Kolumbarium (Urnenhalle). In einigen Bundesländern, wie zum Beispiel Berlin, können Urnen anonym auf eigens dafür vorgesehenen Flächen auf Friedhöfen beigesetzt werden. Neue Bestattungsformen wie die Seebestattung, bei der eine wasserlösliche Urne von einem Schiff im Meer versenkt wird, oder die Urnenbestattung im Wurzelbereich von Bäumen in Friedwäldern gewinnen ebenfalls an Beliebtheit.
Innovationen und symbolische Bestattungen
Die moderne Technik bietet weitere Möglichkeiten für den Umgang mit der Asche eines geliebten Menschen. Aus dem Kohlenstoff der Asche kann ein Diamant gezüchtet werden, den man als Schmuckstück immer bei sich tragen kann. Es gibt sogar symbolische Bestattungen im Weltall, bei denen die Asche mit Raumsonden zu entfernten Himmelskörpern gebracht wird. Ein Beispiel dafür ist der Astronom und Impaktforscher Eugene Shomaker, von dessen Asche wenige Gramm mit der Sonde “Lunar Prospector” auf den Mond gebracht wurden. Oder die Bestattung des Astronomen Clyde Tombaugh, der den Zwergplaneten Pluto entdeckte. Seine Asche befindet sich an Bord der Weltraumsonde “New Horizons”, die nun auf dem Weg in die Unendlichkeit ist.
Die Geschichte der Feuerbestattung ist reich an kulturellen und religiösen Traditionen und zeigt eine zunehmende Akzeptanz dieser alternativen Bestattungsform. In Deutschland und Europa nehmen Feuerbestattungen und alternative Bestattungsarten immer mehr zu, da sie kostengünstig, hygienisch und individuell gestaltbar sind. Während einige religiöse Gemeinschaften die Feuerbestattung nach wie vor ablehnen, eröffnen moderne Technologien und innovative Ansätze neue Möglichkeiten im Umgang mit der Asche eines geliebten Menschen.