Stell dir vor, du reist in ein fremdes Land und erkundest seine Kultur. Eine der ersten Aspekte, die dir wahrscheinlich auffallen werden, ist das Essen. Die Art und Weise, wie Essen zubereitet, serviert und genossen wird, unterscheidet sich von Land zu Land und bietet oft einen Einblick in tief verwurzelte kulturelle Überzeugungen. China ist da keine Ausnahme. In diesem Artikel möchte ich dir fünf Dinge über die chinesische Esskultur erzählen, die ich während meiner Zeit in China gelernt habe.
1. Genuss statt Bequemlichkeit
In Amerika scheint Essen darauf ausgerichtet zu sein, so schnell wie möglich vom Laden oder Teller in den Magen zu gelangen. Alles ist darauf ausgelegt, große Mengen Essen auf einmal zu konsumieren. In China hingegen wird viel Wert auf Geschmack, Zubereitung und Präsentation von Lebensmitteln gelegt. Chinesische Menschen nehmen sich Zeit, um frische Zutaten zu kaufen und ihre Mahlzeiten von Hand zuzubereiten. Die Idee der Bequemlichkeit, die in Amerika so weit verbreitet ist, wird durch das chinesische Konzept der sorgfältigen Zubereitung deutlich. Ein gutes Beispiel dafür ist das Hot Pot-Erlebnis, bei dem man gemeinsam mit anderen verschiedene rohe Fleisch- und Gemüsesorten in einem langsam kochenden Topf zubereitet. Durch diese langsame Zubereitung und den Genuss von jedem Bissen wird Essen zu einem Erlebnis.
2. Regionale Unterschiede
Genau wie in Amerika gibt es auch in China eine Vielzahl von regionalen Küchen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen in China sind jedoch noch extremer. Die nördliche chinesische Küche ist zum Beispiel bekannt für ihre salzigeren und weniger gemüsehaltigen Gerichte. In den Speisesälen der Peking University bin ich jeden Tag in den Genuss von gedämpften Brötchen und Mantou gekommen, die mich mit ihrer Fluffigkeit und leicht süßen Geschmack begeistert haben. Ebenso darf ein traditionelles Peking-Entengericht in Peking nicht fehlen. Chinesen sind generell sehr experimentierfreudig, wenn es um Essen geht. Auch wenn ich mich nicht dazu überwinden konnte, gebratene Skorpione zu probieren, hatte ich das Glück, während meiner Zeit in China viele verschiedene Gerichte ausprobieren zu können.
3. Essen als Gemeinschaftserlebnis
In China ist Essen stark mit dem sozialen Miteinander verbunden. Ein gängiger Gruß in China lautet “吃了吗?” (Hast du schon gegessen?). Das Essen in China ist eine sehr gemeinschaftliche Aktivität. Wenn man zusammen in ein Restaurant geht, bestellt man nicht nur ein Gericht für sich selbst, sondern viele verschiedene Gerichte, die dann am Tisch geteilt werden. Es ist üblich, dass man sich gegenseitig Essen serviert und mit Stäbchen isst, die auch von anderen Menschen berührt wurden. Es gibt bestimmte Etikette beim Essen gehen, wie zum Beispiel die Regel, dass der Gastgeber niemals das Essen ausgehen lassen darf. Essen und die Art und Weise, wie es gemeinsam genossen wird, sind ein wichtiger Bestandteil der chinesischen Kultur.
4. Amerikanisch-chinesisches Essen und chinesisch-amerikanisches Essen
In Amerika wird chinesisches Essen oft vereinfacht und angepasst. Das General Tso’s Chicken und die Lo Mein, die man beim Chinesen um die Ecke bestellt, haben wahrscheinlich wenig mit der chinesischen Küche zu tun. China hingegen bietet eine große Auswahl an amerikanischem Fast Food wie McDonald’s, KFC und Starbucks. Die Menüs unterscheiden sich oft von den amerikanischen Versionen, um den Geschmack der chinesischen Kunden anzupassen. Während meines Aufenthalts in Peking war ich beeindruckt von der Anzahl der amerikanischen Restaurants, aber die authentischen chinesischen Restaurants waren eher selten zu finden. Es scheint also, dass sowohl Amerika als auch China die Küche des anderen vereinfachen.
5. Die Bedeutung von Comfort Food
Nach ein paar Wochen in Peking sehnte ich mich nach vertrauten amerikanischen Gerichten wie Mac and Cheese oder Lasagne. In der chinesischen Küche vermisste ich auch einfache Gerichte wie gegrilltes Hähnchen mit Gemüse und vertrauten Gewürzen. Unter den vielen unbekannten Gerichten und Gewürzen in China fiel es mir schwer, zu entscheiden, was mir Energie gibt und wie die Gerichte zubereitet werden. Anfangs vermisste ich das amerikanische Essen so sehr, dass ich eine 50-minütige Wanderung zum nächsten Walmart unternahm, nur um Erdnussbutter und Marmelade zu kaufen. Aber je mehr chinesisches Essen ich probierte, desto mehr entdeckte ich Geschmackserlebnisse, die ich wirklich mochte. Von warmem Sojamilch zum Frühstück über Joghurt, der durch einen Strohhalm getrunken wird, bis hin zu Baozi, den kleinen gedämpften Brötchen mit verschiedenen Fleisch- und Gemüsefüllungen. Es gibt so viel zu entdecken!
Der Besuch in China hat mir wirklich eine Wertschätzung für die einzigartige und vielfältige Küche des Landes gegeben und gleichzeitig mein Verständnis für die Essgewohnheiten, die ich als Amerikaner habe, vertieft. Es gibt Momente, in denen ich mich nach authentisch chinesischem Essen statt nach amerikanischem Essen sehne. Das ist nur ein weiterer Grund, warum ich eines Tages nach China zurückkehren muss!
