Amir, der lebhafte Rhodesian Ridgeback, leidet unter brüchigen und splitternden Krallen – eine Schmerzquelle für diese aktiven und wunderschönen Hunde. Alles begann so unschuldig: Beim Spielen fing Amirs Daumenkralle plötzlich an zu bluten. Der Tierarzt entfernte die Kralle und legte einen Verband an. Eine Woche später schien alles vergessen, obwohl eine neue Kralle noch nicht nachgewachsen war. Amir war schmerzfrei. Doch es sollte nicht vorbei sein. 10 Tage später das gleiche Drama: Verband und Schmerzmittel an der äußeren Kralle hinten … und so ging es weiter in den nächsten 6 Wochen. Inzwischen wurden bereits 6 Krallen gezogen, einige sind locker und andere riechen übel. Wo Krallen verloren gegangen sind, wachsen keine neuen oder nur sehr brüchige Krallen nach. Amir trottet lustlos hinter seinem Frauchen her und all die Therapien mit Antibiotika und Schilddrüsenmedikamenten haben nichts gebracht.
So oder so ähnlich liest sich der Leidensweg vieler Hunde und ihrer Besitzer, die mit Krallenproblemen in unsere Praxis kommen.
Die Diagnose – SLO
Sucht man im Internet nach Krallenproblemen bei Hunden, stößt man schnell auf den Begriff SLO oder auch “symmetrische lupoide Onychodystrophie”.
Aber was bedeutet das genau?
- Symmetrisch: SLO tritt an vielen Krallen aller vier Beine auf.
- Lupoid: Dieser Begriff beschreibt das Muster der Entzündung im Gewebe – nicht zu verwechseln mit Lupus, einer Autoimmunerkrankung.
- Onychodystrophie: Eine abnormes Hornwachstum, das zu kürzeren, splitternden, rauen oder weicheren Krallen führt. Onychodystrophie kann nach dem Verlust einer Kralle auftreten.
Welche Hunderassen sind betroffen und was ist die Ursache von SLO?
Amir gehört zu einer häufig betroffenen Rasse – dem Rhodesian Ridgeback. In den letzten 15 Jahren haben wir zahlreiche Rhodesian Ridgebacks mit dieser Erkrankung behandelt. Meistens sind es junge bis mittelalte Hunde. Aber auch Gordon Setter, English Setter, Bearded Collie und Schnauzer sind von diesem Problem betroffen. Früher traten SLO auch bei Rottweilern und Schäferhunden auf. Obwohl eine erbliche Veranlagung naheliegt, konnte sie bisher nicht nachgewiesen werden. Gelegentlich können auch andere Rassen betroffen sein, wie zum Beispiel der Labrador.
Die genaue Ursache bleibt oft unklar, aber es wird ein Zusammenhang mit Impfungen und Nahrungsmittelunverträglichkeiten diskutiert. Eine erhöhte Belastung der Krallen durch Agility oder Laufen auf schwerem Boden könnte auch ein Auslöser sein.
Bei einigen dieser Hunde zeigen die brüchigen Krallen im Vergleich zu gesunden Krallen veränderte Mineralstoffzusammensetzungen. Ob eine Veränderung der Ernährung zu einer besseren Krallenstruktur führen kann oder ob eine genetische Veränderung vorliegt, die nicht beeinflusst werden kann, ist jedoch noch unklar.
Teil der Therapie bei SLO: Pediküre für Hunde
Die gute Nachricht zuerst: Mit einer geeigneten Therapie können schmerzfreie und fast normale Krallen erreicht werden. Manchmal werden die Krallen nicht mehr schwarz wie zuvor und einige müssen regelmäßig gepflegt werden, ähnlich wie bei einer Pediküre.
Keine Sorge, Amir musste nicht ins Nagelstudio. Wir haben es hier in der Klinik zusammen mit den Besitzern geübt und dann hat Amirs Frauchen die Sache selbst in die Hand genommen.
Bis es soweit ist, erfordert es manchmal unterschiedliche individuelle Therapien. Es gibt kein Allheilmittel. Manche Hunde benötigen Antibiotika, andere entzündungshemmende Medikamente. Manchmal müssen alle losen Krallen in einer Narkose entfernt werden, um zu verhindern, dass ständig neue Krallen abbrechen und der Leidensweg verlängert wird. Eine Ernährungsberatung und manchmal auch eine Ausschlussdiät gehören zum Programm.
Aber all die Mühe lohnt sich, denn Laufen ist das, was Hunden am meisten Spaß macht.
© Dr. Monika Linek, Tierärztin & Klinikleitung, AniCura Tierärztliche Spezialisten Hamburg